Edgar Bauer, * 1820 Deutschland,  1843 – 1847 in Festungshaft

Edgar Bauer, * 1820 Deutschland,  1843 – 1847 in Festungshaft

Edgar Bauer (1820 – 1886 ) war ein politisch-philosophischer Schriftsteller, Journalist und Früh-Anarchist.

Edgar Bauer, Bruder des Junghegelianers Bruno Bauer, studierte zunächst Theologie, dann Rechtswissenschaft in Berlin. Er brach sein Studium 1842 ab und entfaltete als freier Schriftsteller eine umfangreiche publizistische Tätigkeit, so u. a. als Mitarbeiter der RHEINISCHEN ZEITUNG. Diesem engagierten Blatt wurde damals vorgeworfen, es wolle das Christentum durch die Philosophie ersetzen, verbreite die „verderblichen konstitutionellen Grundsätze der Franzosen“ (Demokratie) und richte sich gegen die Monarchie. Mit Artikeln über Pressefreiheit, die „Holzdiebstahlgesetze“, aber vor allem auch mit Berichten über das Schicksal der Moselbauern, geriet die RZ zunehmend in Konflikt mit der politischen Führung der Rheinprovinz. Eine doppelte Zensur wurde verhängt und Druck auf die Aktionärsschichten der Zeitung ausgeübt. Hier hatten sich Karl Marx und Friedrich Engels kennengelernt. 

Wegen seines Buches „Der Streit der Kritik mit Kirche und Staat„ wurde Edgar Bauer 1843 zu vier Jahren Festungshaft in Magdeburg verurteilt. 

Nach seiner Entlassung schrieb er eine drastisch-ironische Schilderung über seinen Gefängnisaufenthalt: Die Reise auf öffentliche Kosten (in: Die Epigonen, Band V, 1847, S. 9–112) Er kehrte nach Berlin zurück und beteiligte sich in an den Kämpfen der Märzrevolution 1848.

1849 ging Bauer nach Hamburg. Später lebte er unter falschem Namen in Altona und arbeitete ab 1851 als Redakteur für die ALTONAER ZEITUNG, die im Schleswig-Holsteinischen Krieg auf Seiten Dänemarks stand. Auf der Flucht vor der preußischen Polizei gelangte er nach London. Dort traf er oft Karl Marx, den er von Berlin her kannte. Das Verhältnis zwischen den beiden war jedoch nicht sehr gut. Jenny Marx schrieb in einem Brief an Friedrich Engels im August 1857: „Vor ein paar Abenden war der Clown Edgar Bauer bei uns; der ist aber wirklich ohne Lebertran zu einem Stockfisch geworden, der dabei noch geistreich sein will. Die Efforts waren so schrecklich, dass ich beinahe ohnmächtig, Karl aber nicht figürlich, sondern wirklich zum Brechen kam“.

Bauer war in seiner Londoner Zeit als Informant für die dänischen Behörden tätig und verfasste zwischen November 1852 und Mai 1861 mehr als hundert Berichte über politische Aktivitäten von Emigranten, unter anderem auch über Spionagetätigkeiten seines Landsmanns und Journalistenkollegen Theodor Fontane.

1856 distanzierte er sich ausdrücklich von der revolutionären Bewegung: „Ich bin dem Gange der Demokratie gefolgt, ich habe diese Vorkämpfer der Freiheit erst mürrisch, dann verstockt, dann in ihren Berechnungen fast kindisch werden sehen, bis hier eine Phrase, dort ein Grundsatz, dort ein Zukunftscalcül wie dürre Blätter von ersterbendem Baume abfielen und am Ende nichts übrig blieb als Unsicherheit, Schwankung, geistiger Jammer“.

Die Amnestie von 1861 erlaubte es ihm, nach Deutschland zurückzukehren. Er lebte zunächst als Redakteur in Berlin, gründete 1870 in Altona die konservativen KIRCHLICHEN BLÄTTER, EINE ZEITSCHRIFT FÜR CHRIDTLICHE FREIHEIT und CHRISTLICHES RECHT, die in seinem Verlag und unter seiner Redaktion – anfangs in Zusammenarbeit mit Bischof Koopmann – bis März 1872 erschienen, und ging dann nach Hannover, wo er publizistisch für die protestantischen Anhänger des 1866 durch Preußen abgesetzten Welfenhauses wirkte. 

Bauers frühe Schriften sind so von Freiheitsdrang beseelt, dass Max Nettlau, der Historiker des Anarchismus, ihn avant la lettre in die Ahnenreihe des Anarchismus gestellt hat. Schon früher hatte Gustav Landauer den jungen Edgar Bauer als den Mann bezeichnet, „der den Anarchismus für Deutschland eigentlich begründete.“ Nach 1848 entwickelte er sich vom vormärzlichen Revolutionär zum „staatstragenden“ Bürger.

Künstler: ANONYM