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Hessenschau vom 13.12.2017
mit freundlicher Genehmigung des Hessischen Rundfunks
Presseberichte:
Für eine Ausstellung porträtieren 15 Maler ermordete oder inhaftierte Schriftsteller und Journalisten. FR online. 5.2.2017
„Wahrheitskämpfer“: Künstlerin malt getötete und verschleppte Journalisten. FNP online. 14.12.2016
Nr. 20 | 09.03.2017 Nachrichten
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Erinnerung an „Wahrheitskämpfer“ wachhalten Kultur
Frankfurter Künstler porträtieren ermordete und inhaftierte Journalisten
Von Dieter Schneberger (epd)
Anna Politkovskaja, Anja Niedringhaus oder Deniz Yücel: Frankfurter Künstler erinnern mit Porträtzeichnungen an das Schicksal getöteter und inhaftierter Journalisten. Die mehr als 50 Werke gehen ab Mitte März auf Wanderschaft. Frankfurt a.M. (epd). Seit 2005 wurden nach Angaben von „Reporter ohne Grenzen“ weltweit rund 700 Journalisten gezielt umgebracht, Hunderte wurden ins Gefängnis gesteckt oder entführt. Sie starben oder verschwanden, weil sie durch ihre Artikel oder Blogeinträge ins Visier von korrupten Autokraten oder kriminellen Banden geraten waren. Seit zwei Jahren beschäftigen sich Frankfurter Künstler mit dem Schicksal der Ermordeten und Inhaftierten und geben ihnen mit Pinsel oder Zeichenstift ein Gesicht. Unter den Porträtierten ist auch der deutsch-türkische „Welt“-Korrespondent Deniz Yücel. Offener Blick, Sechs-Tage-Bart und ein angedeutetes Lächeln: Die Bleistiftzeichnung des 43-jährigen Yücel stammt von der Kunstpädagogin Helga Fiedler – und transportiert das Bild eines aufrechten Journalisten, der sorgfältig recherchiert und formuliert und sich nicht scheut, heiße Eisen anzupacken. Gleichwohl sitzt der gebürtige Flörsheimer seit Ende Februar im Istanbuler Silivri-Gefängnis wegen angeblicher „Terrorpropaganda“ und Spionage in Untersuchungshaft. Sein Fall hat die Künstlergruppe noch einmal so richtig zusammengeschweißt. Sie fühle sich bestätigt und sei froh, „dass das Thema jetzt an der großen Glocke hängt“, sagt die Grafikerin und Initiatorin des Projekts „Wahrheitskämpfer“, Susanne Köhler. Angefangen hat alles mit dem Terroranschlag auf das Satiremagazin „Charlie Hebdo“ im Januar 2015. Die Ermordung der elf Redaktionsmitglieder und eines Polizisten habe sie als begeisterte Comiczeichnerin „tief erschüttert“, erzählt Köhler. In den Wochen danach seien ihr immer mehr Zeitungsmeldungen aufgefallen, die über ermordete oder inhaftierte Journalisten berichteten, „so ganz am Rande, als wäre es das Normalste auf der Welt“. Aus diesem Ohnmachtsgefühl heraus sei schließlich die Idee erwachsen, „diesen mutigen Menschen ein Denkmal zu setzen“. Köhler, die in ihrem „Atelier 13“ im Frankfurter Stadtteil Heddernheim Zeichenkurse und Arbeitsplätze für andere Künstler anbietet, recherchierte im Internet unter anderem die Schicksale von Moises Sanchez aus Mexiko und der deutschen Fotojournalistin Anja Niedringhaus, die 2014 in Afghanistan erschossen wurde. Dabei dienten deren Fotos als Vorlage für die Porträts. Das Zeichnen habe in ihr sehr widersprüchliche Gefühle ausgelöst – Liebe, Wut, Trauer, „Achtung vor dem Heldenhaften“ – und zu einer „außergewöhnlichen Annäherung“ geführt. So etwas habe sie niemals zuvor erlebt. „Es fühlte sich richtig an und gab mir die Energie, weiterzumachen.“ Mit ihrer Geradlinigkeit und ihrem Enthusiasmus gewann Köhler schließlich zwölf weitere Künstler für das Projekt „Wahrheitskämpfer“. Und so entstanden nach und nach mehr als 50 Porträts ermordeter, inhaftierter und verfolgter Journalistinnen und Journalisten aus 32 Ländern, darunter Afghanistan, Bahrain, Bangladesch, Iran, Pakistan, Russland, Somalia, Türkei und Turkmenistan. Der aus dem Iran stammende Zeichner und Journalist Hamid Rahmati zeichnete zum Beispiel seine Landsfrau Narges Mohammadi. Die 1972 geborene Physikerin, Frauenrechtlerin und Mutter von Zwillingen sei 2011 in Zusammenhang mit ihrem Engagement für die Menschenrechte wegen „Handlungen gegen die nationale Sicherheit“ und „Verbreitung von Propaganda gegen den Staat“ angeklagt und zu sechs Jahren Haft verurteilt worden, berichtet Rahmati, der Ende der 1990er Jahre mit Hilfe des deutschen PEN-Zentrums den Iran in Richtung Deutschland verlassen durfte. Fritz Giersbach will mit seinem Aquarell auf das Schicksal des 1976 geborenen Vadivel Nimalarajah aus Sri Lanka aufmerksam machen, der seit 2007 spurlos verschwunden ist. „Man weiß ja, was das zu bedeuten hat“, sagt der Hobbymaler und ehemalige Polizist. „Ich verneige mich vor Menschen wie Nimalarajah. Sie haben es verdient, dass man sie so gut wie möglich malt und dadurch die Erinnerung an sie wachhält.“
Mitte Februar wurden die Journalisten-Porträts im „Atelier 13“ erstmals ausgestellt. Nun soll die Schau auf Wanderschaft gehen, wie Köhler ankündigt. Die nächsten Stationen sind vom 10. bis 12. März die Immigrationsbuchmesse im Frankfurter Nordwestzentrum und am 12. Juni, dem Geburtstag von Anne Frank, das Frankfurter DGB-Haus in der Wilhelm-Leuschner-Straße. In den Ausstellungen sind die Bilder der Ermordeten mit einer schwarzen Banderole gekennzeichnet. Für die Inhaftierten und Verfolgten liegen Petitionen aus, die von den Besuchern unterschrieben werden können. Zudem werden alle Porträtierten mit einem Blumengruß geehrt. Über die Menschenrechtssituation in den jeweiligen Ländern, die Todesumstände beziehungsweise Hafturteile informieren kurze Begleittexte, oder wie im Fall Yücel, lange Zeitungsartikel und ”FreeDeniz“-Solidaritätsadressen.
Die Ausstellung „Wahrheitskämpfer“ wird am 10. März um 17 Uhr im Frankfurter Nordwestzentrum, Titus Forum, eröffnet. Dazu wird die grüne Landtagsabgeordnete Martina Feldmayer erwartet.
Internet: www.wahrheitskaempfer.de
Helga Fiedler, Hamid Rahmati, Christine Krahé , Fritz Giersbach, Susanne Koehler, begutachten gegenseitig ihre Werke.
epd-bild / Thomas Rohnke
Nr. 20 | 09.03.2017 Nachrichten Kultur
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