Lesther Alemán, * 1998 Nicaragua, untergetaucht 2018, 2021 in Haft

Lesther Alemán, * 1998 Nicaragua, untergetaucht 2018, 2021 in Haft

Lesther Aleman studierte Journalismus in Managua. Seine Mutter sagt, dass ihr Sohn schon in jungen Jahren Diplome in der Schule erhielt, weil er in seinen Studien hervorragende Leistungen erbracht hatte.

Er wurde Mitglied der Studentenorganisation AUN und der Universitätskoalition „Alianza Civica“, die im April 2018 soziale Protesten gegen die Regierung organisierte. Seit Mai 2018 musste sich Lesther Aleman  aus Angst um sein Leben versteckt halten.

Der 20-Jährige war  zu einer Schlüsselfigur der von Studenten geleiteten Portestbewegung geworden. Beginnend mit 4-wöchigen Protesten richtete sie sich gegen die unzähmbare Macht des nicaraguanischen Präsidenten Daniel Ortega. Gewälttätige Repressionen folgten. Für Frédéric Coppens von der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit ist Nicaragua ein typisches Beispiel für nicht nachhaltige Entwicklung: Wirtschaftlich sei das Wachstum Nicaraguas seit 2008 beneidenswert gewesen. Doch Jahr für Jahr sei das Gleichgewicht im Bereich der Menschenrechte und der Umwelt in Schieflage geraten.

„Aleman wurde wegen seiner Courage in ganz Nicaragua bekannt, weil er beim ersten Dialogversuch zwischen „Alianza Civica“ und der Regierung…  gegen Ortega aufstand, ihn zum Abdanken aufforderte: „Senor Presidente, das hier ist kein Dialogforum, hier geht es darum, Ihren Rückzug zu besprechen.“ berichtet die Frankfurter Rundschau. „Und ganz Nicaragua sah ihm dabei live im Fernsehen zu. „4 Stunden später bekam ich die erste Drohung… Die Regierung hat ein Kopfgeld auf mich ausgesetzt.“ „

Seither ist er der Held der Protestbewegung. Alemáns Eltern leben in einer armen Gegend von Managua und sahen ihren Sohn danach nur noch einmal in Freiheit.

Lester Aleman floh aus Nicaragua und verbrachte ein Jahr im Exil, bevor er 2019 zurückkehrte. Damals kündigte er an, dass er „meine eigenen Risiken auf sich nehmen“ würde. Er wusste, dass die Möglichkeit, inhaftiert zu werden, weil er das diktatorische Paar offen herausgefordert hatte, immer gegeben war.

In der Nacht des 5. Juli 2021 wurde Aleman entführt und gewaltsam aus dem Haus seiner Mutter entfernt. Seitdem befindet sich der inzwischen 23-jährige Aleman in Gefangenschaft. Man macht sich Sorgen um sein Leben. Es wird befürchtet, dass er die Gefangenschaft in El Chipote, wo er täglich verhört wird, nicht überleben wird.

Die HAVANA TIMES berichtete: „Die Nicaraguanische Universitätsallianz (AUN) hat darauf aufmerksam gemacht, dass der Student und Mitglied der AUN, Lesther Aleman, körperlich und psychisch angeschlagen ist. Am Donnerstag fand seine erste Anhörung statt, und die Anwesenden waren schockiert, als sie sahen, dass Alemán Hilfe beim Gehen benötigte. Er konnte sich kaum aus seinem Stuhl erheben und musste zum Gehen hochgehalten werden.

Gegen Alemán wurde ein Verfahren wegen angeblicher „Verschwörung zur Untergrabung der nationalen Integrität“ eingeleitet.

Die AUN-Warnung bezieht sich auf „die Verschlechterung seines physischen Gesundheitszustands und den aktuellen psychischen Zustand des Jugendführers Lesther Alemán“. 100% Noticias erfuhr, dass seine Füße taub sind, sie schmerzen und er kein Gefühl mehr hat. AUN beschwerte sich, dass Aleman unter ständigen Schmerzen in seinem rechten Bein litt und Schwierigkeiten beim Gehen und Schlafen hatte. Seitdem ist er in ärztlicher Behandlung, obwohl die Diagnose seiner Beschwerden noch nicht bekannt ist.

„Der Zustand von Lesther Aleman ist ernst und besorgniserregend, was auf die intensiven Verhöre, die psychologische Folter und die praktisch nicht vorhandene Kommunikation mit seinen Angehörigen und Anwälten zurückzuführen ist“, berichtet AUN.

Alemans Folterer erzählen ihm, dass seine Familie ihn bereits verlassen hat, dass die Medien nicht über seinen Fall berichten und dass auch die internationale Gemeinschaft ihn vergessen hat. Im berüchtigten Gefängnis von El Chipote erhalten sie nur wenig zu essen, weshalb Alemán offensichtlich unterernährt und blass ist. Er hat abgenommen, wie auch die Angehörigen der anderen 31 politischen Gefangenen in El Chipote ihre Verwandten beschreiben, nachdem sie letzte Woche endlich einen kurzen Besuch empfangen durften. Alemans Mutter besuchte ihn vor einer Woche und sah, dass er sehr dünn war. Das Essen, das er erhält, ist unzureichend. Es ist sehr wenig und lässt ihn hungrig zurück. Seine Verwandten dürfen ihn nur mit Wasser versorgen.

Am 9. September 2021, erfuhr 100% Noticias, dass Alemans Verteidiger ein medizinisches Gutachten beantragt hat. Der 23-jährige Aleman befindet sich zusammen mit dem Sportjournalisten Miguel Mendoza in einer Zelle.“

„Während des Prozesses durfte Alemansich nicht selbst verteidigen, nicht einmal in seinem eigenen Prozess. Als er versuchte, auf Ungereimtheiten in der Anklage gegen ihn hinzuweisen, verlangte der Staatsanwalt von dem mit Ortega verbündeten Richter, dass er „den Mund halten“ solle, obwohl er juristisch gesehen das Recht hatte, zu sprechen. Der Richter stimmte sofort zu, und der Jugendliche durfte nur noch seine Unschuld beteuern, versicherten Quellen der AUN…Während seiner 214 Tage im Gefängnis war der Studentenführer ständigen Verhören ausgesetzt. Nach den spärlichen Besuchen, die seiner Mutter, Lesbia Alfaro, im Gefängnis von El Chipote gestattet wurden, bestätigte sie, dass er über 30 Pfund abgenommen hatte, unter Schwindelanfällen litt und unterernährt schien. Seine Mutter war auch bei der Verhandlung anwesend und sagte, er sehe „gelassen und stark“ aus.“ schreibt CONFIDENTIAL.COM.NI

Verlauf der Proteste

Im April 2018 beschloss die Regierung Präsident Ortega aufgrund von Forderungen des IWF, die Rechnung der Sozialversicherung mit einer fünfprozentigen Kürzung der Renten zu entlasten, was umgehend Demonstrationen in praktisch allen Städten des Landes auslöste. Zu deren Niederhaltung verwendete die Polizei scharfe Munition, auch traten nächtliche Unruhestifter und Freischützen in Aktion. Schon im April wurden mindestens 26 Menschen getötet. Auch die Studenten der für eine Domäne der FSLN gehaltenen staatlichen Hochschulen wandten sich gegen die Regierung. Der „Volks-Präsident“ wollte daraufhin (ausschließlich) mit den Unternehmern des Landes verhandeln, was diese aufgrund der Repression ablehnten. Zunehmend kam es auch zu Demonstrationen gegen den korrupten Clan um den Präsidenten. Proteste gegen willkürliche Enteignungen bei der Vorbereitung des Nicaragua-Kanals kamen dazu. Die angekündigte Sozialversicherungsreform wurde zurückgenommen. Unabhängigen Fernsehsendern erteilte das Regime während der Unruhen ein Sendeverbot, auch Journalisten gehörten zu den Todesopfern. Die Demonstrationen hielten wochenlang an und forderten beim Angriff durch regierungsnahe Aktivisten auf die von protestierenden Studenten besetzten Universitäten auch weitere Tote. Nach knapp einem Monat erreichte die Anzahl der Getöteten laut der Inter-American Commission on Human Rights (IACHR) 76 Todesopfer. Hunderttausende gingen am 30. Mai in verschiedenen Städten auf die Straßen und erstmals nahm Ortega deren Anliegen überhaupt in den Mund: als er seinen Rücktritt ausschloss. Wieder kam es zu Toten.

Amnesty International klagte die Regierung an, die Toten bewusst in Kauf zu nehmen. Bis Mitte Juni war die Anzahl der Toten auf 180 gestiegen.

Die Bischofskonferenz hatte vorgezogene Neuwahlen als Lösung für die Krise vorgeschlagen und teilte mit, die Regierung sei „überraschend“ auf ihren Vorschlag einer unabhängigen Untersuchung zur Ermittlung der Verantwortlichen der Gewaltakte eingestiegen. Die Bischöfe brachen die Gespräche jedoch ab, weil Ortega die wichtige Zusage der Einladung internationaler Organisationen nicht eingehalten hatte.

Als nach Angaben der OAS bereits 250 Menschen getötet worden waren, rief UNO-Generalsekretär Guterres im Juli das erste Mal und eine Woche danach erneut zum Ende der Gewalt auf. Die „Verschwundenen“ waren in diesen Opferzahlen nicht eingerechnet, womit die Zahl der Getöteten plausibel auch mit gegen 400 geschätzt wurde. Das Regime peitschte im Eilverfahren ein neues Gesetz durch, mit welchem gemäß der Protestnote des UNO Hochkomissariat für Menschenrechte (UNHCHR) auch „friedlicher Protest als Terrorismus bestraft“ werden kann. Im Juli nahmen tausende Menschen an einem fast 7 Kilometer langen Protestmarsch zur Kathedrale in Managua teil, um ihre Solidarität mit Kirchenvertretern zum Ausdruck zu bringen, die zuvor bei der Vermittlung im Konflikt zwischen die Fronten geraten waren.

Ein Symbol des Widerstandes wurde die Kirche la Divina Misericordia mit ihren Dutzenden von Einschusslöchern, nachdem Sicherheitskräfte mit scharfer Munition gegen unbewaffnete Studenten vorgegangen waren. Weltweit wurde auch über Mitarbeiter von Krankenhäusern berichtet, die offensichtlich deshalb entlassen worden waren, weil sie Demonstranten versorgt hatten.

Eine Arbeitsgruppe des UNO Hochkommissariats für Menschenrechte mit einem Mandat der UNO Generalversammlung wurde von Ortega Ende August aus dem Land geworfen, weil sie die „unverhältnismäßige Anwendung von Gewalt“, manchmal außergerichtliche Hinrichtungen, das „Verschwindenlassen“ von Menschen sowie „Folter und Misshandlungen“ während der Proteste angeprangert hatte.

Nach Angaben einer lokalen Menschenrechtsorganisation starben während der politischen Krise von Mitte April bis Ende September 2018 512 Menschen und 103 der 4000 Verletzten hätten langwierige Folgeschäden davon getragen. Über 1400 Personen seien verschwunden. Die Regierung gab die Anzahl der Toten mit 199 an. Ein Anfang Oktober 2018 gegründetes Bündnis von 40 oppositionellen Gruppen, die Unidad Nacional Azul y Blanco, plante gemeinsame Aktionen, um Druck auszuüben und vorgezogene Neuwahlen und eine Reform des Justizsystems zu erreichen.(Wikipedia)

“ Präsident Daniel Ortega und seine Frau, Vizepräsidentin Rosario Murillo, hegen einen besonderen Hass auf den Studenten, der sie beim Dialog im Mai 2018 für die Morde an Dutzenden von jungen Menschen auf den Straßen im ganzen Land verantwortlich machte.  Bis zum Ende der Operation „Säuberung“ im Jahr 2018 wurden mindestens 328 Menschen getötet, 2.000 verwundet und über 100.000 waren gezwungen, aus dem Land zu fliehen, hauptsächlich nach Costa Rica.“ schreibt die HAVANA TIMES im September 2021

Quelle: Wikipedia, Univision.com/jetzt, Frankfurter Rundschau, 100% Noticias, https://havanatimes.org/news/alarming-physical-and-psychological-torture-of-lesther-aleman/

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Künstlerin beider Portraits: Helga Grost