Islamische Republik Iran
Der Iran ist ein Staat in Vorderasien mit 82 Mio. Einwohnern. Die Hälfte von ihnen sind Perser:innen, die andere Hälfte setzt sich aus Angehörigen unterschiedlicher Ethnien zusammen (s.u.). 99 % der Einwohner:innen Irans sind Muslime, davon 90 % Schiiten:innen (12, S. 221).
Iran – ein Staat voller Widersprüche und Paradoxien“ – so charakterisiert Bahman Nirumand, Iraner, Autor, Journalist und Übersetzer und seit langer Zeit im deutschen Exil lebend, dieses Land.
Die Verfassung des Iran stammt aus dem Revolutionsjahr 1979. Widersprüchlich ist schon die Bezeichnung „Islamische Republik“: für einen islamischen Staat ist der Koran, also der Wille Gottes, handlungsleitend. Für eine Republik dagegen ist allein der Wille des Volkes maßgeblich. Hiervon kann im Iran nicht die Rede sein. Es beginnt schon damit, dass die Verfassung des Iran von 1979 die Herrschaft der Rechtsgelehrten –welayat-e faqih- absolut setzt (1, S.1). Religion und Staat bilden eine Einheit (2, S. 3).
Wer hat im Iran die Macht?
Der Revolutionsführer und Oberste Rechtsgelehrte ist der mächtigste Mann im mehrheitlich schiitischen Staat Iran. Er ist sowohl Revolutionsführer wie auch Religionsführer und damit die höchste geistliche Instanz im Range eines Ayatollah. Er bestimmt u.a. die Innen- und Außenpolitik, kontrolliert die Polizei und ernennt den Obersten Richter. Er ist Oberbefehlshaber über die Streitkräfte, d.h. über die Armee und die Revolutionsgarden und kontrolliert die staatliche Fernseh- und Rundfunkbehörde (1, S. 32) Er wird auf Lebenszeit vom Expertenrat, einem Gremium von 86 Geistlichen, gewählt. Seit Juni 1989 ist der inzwischen 82-jährige Ayatollah Sayed Ali Khamenei Revolutions- und Religionsführer. Der Expertenrat soll die Tätigkeit des Revolutionsführers überwachen und kann ihn –theoretisch- absetzen. Die Geistlichen, die als Mitglieder des Expertenrats infrage kommen, müssen „tugendhaft und erfahren“ sein. Nur dann werden sie vom Wächterrat vorab ausgewählt und vom Volk für 8 Jahre gewählt (2, S. 3-6).
Der Staatspräsident leitet die Regierung und wird vom Volk auf 4 Jahre gewählt. Er untersteht dem Revolutionsführer und darf für maximal zwei Legislaturperioden im Amt bleiben. Präsidentschaftswahlen finden stets um 2 Jahre versetzt zu den Parlamentswahlen statt (2, S. 4). Staatspräsident des Iran war von 2013 bis 2021 der moderat reformorientierte Hassan Rohani.
Der Wächterrat entscheidet darüber, wer für das Amt des Staatspräsidenten qualifiziert ist und kandidieren darf. Dieses Gremium hat 12 Mitglieder, 6 davon sind Juristen, die vom Revolutionsführer vorgeschlagen und vom Parlament gewählt werden. Die übrigen 6 Mitglieder sind Theologen, die vom Revolutionsführer ernannt werden. Der Wächterrat überprüft alle Gesetzesvorschläge im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit dem islamischen Recht, der Scharia, und der Verfassung. Die 6 Theologen im Wächterrat haben zusätzlich das Recht, Gesetzesvorschläge durch ein Veto zu Fall zu bringen (2, S. 5).
Das Parlament des Iran wird alle 4 Jahre vom Volk gewählt. Wählbar sind nur die Kandidaten, die vom Wächterrat zugelassen werden. Dieser überprüft die Kandidaten im Hinblick auf ihre ideologische Zuverlässigkeit. Damit ist garantiert, dass moderate und reformorientierte Kandidaten ausgesondert werden können. Zu den Wahlen im Jahre 2017 hatte der Wächterrat alle 137 weiblichen Bewerberinnen abgelehnt. “Die Wahlen im Iran sind nie frei gewesen“ so kommentiert Shirin Ebadi, bekannte Menschenrechtsanwältin, dieses System im Iran (FR, 13./14. 1. 2018).
Zu den Präsidentenwahlen im Juni 2021 bewarben sich 40 Frauen für eine Kandidatur (SZ 17. 5. 2021).
Was die Zusammensetzung des iranischen Parlaments angeht, so ist bemerkenswert, dass der Anteil von Geistlichen dramatisch abgenommen hat: waren es anfangs 60 %, so sind es derzeit gerade noch 6 % (5, S. 59). Der Anteil ehemaliger Revolutionsgardisten hat dagegen zugenommen: von den 290 Parlamentsabgeordneten gehören mittlerweile 60 bis 90 Personen dieser Gruppe an (7, S. 18).
Der Revolutionsführer ernennt –wie schon gesagt- den Obersten Richter. Ein Sondergericht für die Geistlichkeit ist ihm, dem Revolutionsführer unmittelbar verantwortlich (2, S. 6). Einigen Abteilungen des Justizsystems werden schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen, Willkürurteile, Verstöße gegen die iranische Verfassung und prozessuale Verfahrensvorschriften zur Last gelegt (4, S 6).
Die Streitkräfte im Iran weisen eine Doppelstruktur auf: die „Armee der islamischen Republik Iran“ ist eine traditionelle Verteidigungsarmee. Den Revolutionsgarden –Pasdaran- obliegt dagegen die Verteidigung der Revolution, der islamischen Ordnung und der nationalen Sicherheit. Darüber hinaus sind sie für den „Revolutionsexport“ zuständig, d.h. sie sollen laut Verfassung weltweit alle „unterdrückten Muslime schützen und verteidigen“. Letztere Aufgaben nehmen die Al-Quds Brigaden wahr, eine Spezialeinheit innerhalb der Revolutionsgarden, die für Untergrundaktivitäten im Ausland eingesetzt wird. Al-Quds ist der Name Jerusalems in arabischer Sprache: ein deutlicher Auslandsbezug also…. Aus den Al-Quds Brigaden ist mittlerweile ein mächtiger militärisch-nachrichtendienstlicher Apparat geworden. Von 1998 bis 2020 befehligte General Qasem Soleimani die Al-Quds Brigaden. Er wurde im Januar 2020 durch eine US-Drohne ermordet. Esmail Ghaani, 68, sein bisheriger Stellvertreter, ist zu seinem Nachfolger ernannt worden.
Der dritte Arm des iranischen Militärs sind die Basidj-Milizen. Sie sind für die Ideologie der Islamischen Republik verantwortlich. So sorgen sie für die Durchsetzung und Einhaltung der Kleiderordnungs- und religiösen Verhaltensvorschriften der Scharia und dafür, Proteste niederzuschlagen und Invasionen abzuwehren (7, S. 17; 43, S. 53).
Inzwischen haben die Revolutionsgarden ein umfangreiches Firmenimperium etabliert. Viele Generäle begannen, sich nach dem Ende des Iran-Irak-Krieges (1980-1988) als Unternehmer in unterschiedlichen Bereichen erfolgreich zu betätigen (7, S. 18). Schätzungen zufolge kontrollieren die Revolutionsgarden in Kooperation mit finanzstarken religiösen Stiftungen mindestens 40 % der iranischen Wirtschaft. Die religiösen Stiftungen wiederum unterstehen direkt dem Revolutionsführer.
Eine Sondereinheit der Revolutionsgarden kooperiert mit der Justiz, assistiert ihr bei Ermittlungen, Verhören, Beweisaufnahmen. Nicht zuletzt kontrollieren Revolutionsgarden auch einen Teil der iranischen Gefängnisse, insbesondere den Hochsicherheitstrakt des berüchtigten Evin Gefängnisses. Auch massive Repressionen gegen Oppositionelle, kritische Journalisten/innen und NGO-Vertreter/innen gehen auf ihr Konto (7, S. 18).
Hassan Rohani: Reformer auf Seiten des Volkes?
„Rohani hat sich nie als Reformer dargestellt und auch nie behauptet, ein Reformer zu sein“(Shirin Ebadi, Menschenrechtsanwältin; FR 13./14. 1. 2018)
Im August 2013 wurde Hassan Rohani als neuer Präsident Irans vereidigt. Er ist Rechtsanwalt, schiitischer Rechtsgelehrter und Nachfolger des Ultrakonservativen Mahmud Ahmadinejad.
Der moderate Hassan Rohani war von Reformkreisen unterstützt und mit absoluter Mehrheit gewählt worden. In seiner Antrittsrede versprach er, die schwere Wirtschaftskrise zu bewältigen, den Rechtsstaat zu stärken, eine konstruktive internationale Zusammenarbeit und größere Transparenz hinsichtlich des Atomprogramms zu entwickeln (8, S. 33; 9, S. 209 f.; 10, S. 211).Von den 686 Kandidaten, die sich um die Kandidatur für das Präsidentenamt beworben hatten, waren 8 Kandidaten vom Wächterrat zugelassen worden (9, S.214). Sechs von ihnen galten als konservativ, davon hatten einige von ihnen gute Beziehungen zum Revolutionsführer Khamenei (9, 209 f). Dem von Rohani schließlich zusammengestellten Kabinett gehörten reformorientierte und konservative Politiker an. Es wurde dennoch vom mehrheitlich konservativ besetzten Parlament bestätigt (10, S. 211 ff.).
Bemerkenswert ist die Tatsache, dass das Parlament Irans kürzlich Anzeige gegen Präsident Rohani erhoben hat, so berichtete die iranische Nachrichtenagentur Fars, ohne eine Begründung dafür zu nennen. Beobachter vermuten, dass die Hardliner im Iran in den Verhandlungen Rohanis mit dem Erzfeind USA einen Landesverrat sehen. Denn schon nach ihrem Sieg bei der Parlamentswahl 2020 hatten Hardliner den Rücktritt Rohanis gefordert, weil er – so die Begründung – mit seiner westlich ausgerichteten Politik und dem Wiener Atomabkommen die islamische Republik von ihren ideologischen Zielen entferne. Diese Argumentation, so wird vermutet, diente auch dazu, moderaten Anwärtern für die Präsidentenwahl im Juni 2021 von vornherein keine Chance einzuräumen (14, S.2).
Wer ist der neue Präsident?
Eine Pressemeldung vom 26. 5. 2021 bestätigt dies: Ali Laridjani, moderater Konservativer, jahrelang bewährt als Parlamentspräsident und zeitweiliger Leiter der Atomverhandlungen in Wien, etc. ist von der Kandidatenliste gestrichen worden. Das gleiche geschah Eshaq Jahangir, derzeit erster Vizepräsident, der zu den gemäßigten Politikern um Rohani zählt (19, S. 4 f.; SZ 17. 5. 2021). Nur fünf Ultrakonservative und zwei unbekannte –chancenlose- Reformer wurden schließlich als Kandidaten zugelassen (FR 26. 5. 2021; 37, S. 77).). Einer von beiden ist vor der Wahl zurückgetreten (Tageszeitung –taz-, 18. 6. 2021). Diese Auslese hat dazu geführt, dass reformorientierte Wähler/innen keine Möglichkeit hatten, auf das Ergebnis der Präsidentenwahlen 2021 Einfluss zu nehmen.
Hinzu kommt, dass der Wächterrat neuerdings per Verordnung das Mindestalter für Bewerber zum Präsidentenamt auf 40 Jahre, das Höchstalter auf 75 Jahre festgesetzt hatte. Kandidieren könnte nur, wer ein Staatsexamen und mindestens 4 Jahre Tätigkeit in der höheren Verwaltung nachweisen konnte. Auch Minister, Provinzgouverneure, Bürgermeister von Städten mit mehr als 2 Mio. Einwohner:innen und Befehlshaber der Streitkräfte mit einem höheren Rang als Generalleutnant galten als geeignete Kandidaten. Für eine derartige Anordnung ist eigentlich das Parlament des Landes zuständig. Der amtierende Präsident Rohani hatte hierauf hingewiesen. Der Wächterrat überging diesen Hinweis und erklärte, die Verordnung sei für das Innenministerium verbindlich (16, S. 2).
Sieger bei den Präsidentenwahlen 2021 wurde schließlich Ebrahim Raisi, 61, mit 61,9 % der abgegebenen Stimmen. Die Wahlbeteiligung betrug 48,8 %. In Teheran lag sie sogar nur bei 26 %. Die Zahl der ungültigen Stimmen belief sich auf 3,7 Mio. Stimmen (49, S.2).
Wer ist der neue Präsident?
Raisi ist Vertrauter von Chamenei, der ihn zum Chef der Justiz beförderte. Dies ist im Iran eine mächtige Position, ist sie doch über dem Justizminister angesiedelt. Der Chef der Justiz unterliegt keiner Kontrolle durch die Regierung. Allein dem Revolutionsführer ist er Rechenschaft schuldig. Raisi war 2016 von Chamenei zum Verwalter der religiösen Stiftungen ernannt worden und erhielt damit bereits große religiöse, wirtschaftliche und politische Macht und Ansehen. Er wurde im Vorfeld der Wahl von den Ultrarechten und konservativen Medien unterstützt und hat darauf hingearbeitet, auch in der Provinz Unterstützung zu bekommen.
Reisi wurde vorgeworfen, dass er nur einen Abschluss der Grundschule vorweisen könne. Er selbst bezeichnet sich als promovierter Jurist. Seine Biographie weist erhebliche Belastungspunkte auf: so gehörte er einem Gremium an, das im Jahre 1988 die Hinrichtung von mehreren tausend Gefangenen organisierte. „Dieser Massenmord ist der größte Schandfleck in der mehr als vierzigjährigen Geschichte der Islamischen Republik… Was für eine Vorstellung; Ein Verbrecher gegen die Menschlichkeit auf dem Stuhl des Präsidenten““ – so kommentiert Bahman Nirumand das damalige Geschehen und die Zukunft (19, S. 4; 49, S. 3; SZ, 11.3.2019). „Wir nennen Raisi Schlächter“ – so der Kommentar einer iranischen Ärztin. Sie und viele andere Prominente riefen auf, die Wahl zu boykottieren(taz, 18. 6. 2021).
Das „Atomabkommen“ – Comprehensive Plan of Action – JCPOA,
im Juli 2015 vereinbart, blockierte jegliche Möglichkeit der Islamischen Republik, Atomwaffen zu entwickeln und stellte das Land unter die strenge Aufsicht der International Atomic Energy Agency – IAEA. Im Gegenzug wurde Teheran zugestanden, seine internationale Isolation beenden und nach allen Seiten normale Handelsbeziehungen aufbauen zu können (11, S. 214; 17, S. 87).
Im Mai 2018 wurde das Abkommen einseitig von der Regierung Trump gekündigt, obwohl die IAEA immer wieder darauf hingewiesen hatte, dass der Iran die Auflagen des Abkommens eingehalten hatte (48, S. 39). Trump behauptete deshalb, dass der Iran „den Geist des Abkommens verletzt habe“ (12, S. 221f.). Mit seiner Kündigung verband er die Forderung nach Neuverhandlung des Atom- und Raketenprogramms und Irans Rolle in der Region (15, S. 47). Außerdem verhängten die USA von Neuem schwerwiegende Sanktionen gegen den Iran. Die anderen Partner des Abkommens (GrBr, Fr, Russland, VR China, D) versicherten, an ihm festhalten zu wollen (48, S. 38 f.).
Im Frühjahr 2021 haben in Wien – nunmehr unter Beteiligung der Regierung Biden– Verhandlungen über eine Wiederbelebung des AA begonnen. Die Regierung Irans hatte die ihr auferlegten Verpflichtungen trotz der US-Kündigung zunächst eingehalten. Dann aber begann sie, die strikte Einhaltung des Abkommens schrittweise zu lockern. Die Ermordung General Qasem Soleimanis, Kommandeur der Al-Quds Einheit durch einen Drohnenangriff der USA am 3. 1. 2020 veranlasste schließlich die Regierung des Iran, sich vollständig aus dem Abkommen zurück zu ziehen (16, S. 37).
Zu Beginn der erneuten Verhandlungen brandmarkte die Regierung Irans die einseitige und unbegründete Kündigung von Seiten der USA und machte die Aufhebung aller Sanktionen zur Vorbedingung für weitere Gespräche. Die Regierung Biden verlangt demgegenüber eine vollständige Umsetzung der Vereinbarungen von Seiten Irans als Vorleistung für eine Rückkehr der USA zum AA (13, S. 3) – eine Zumutung, wenn man bedenkt, daß die USA den Vertrag aufgekündigt hatten! Der neu gewählte Präsident Raisi lehnte anfangs ein Treffen mit Biden ab, sofern die Sanktionen der USA nicht vorher aufgehoben werden (FR, 22. 6. 2021). Er zeigte sich aber auch bereit, mit der Regierung Biden zu reden, „den Knoten zu lösen“ (FR 21. 6. 2021).
Meldungen in der deutschen Presse zufolge hat der Iran mittlerweile –Ende Mai 2021- über 2,4 kg zu 60 % angereichertes fast waffentaugliches Uran produziert. Zu dieser Schätzung waren Kontrolleure der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA im Rahmen einer Sonderinspektion gekommen. Dies berichtete der Chef der IAEA, Rafael Grossi an die 173 Mitgliedstaaten. Die dem Iran im Atomabkommen gestattete Anreicherung war auf 3,67 % begrenzt worden (49, S. 15; 20, S. 1). Am 30. Juni 2021forderte Antonio Guterres, der UN-Generalsekretär, den US-Präsidenten Biden auf, die von Trump verhängten Sanktionen aufzuheben. Iran solle demgegenüber zur vollständigen Einhaltung des Atomabkommens zurückkehren. Nach den Wahlen im Iran erhob der deutsche Außenminister Heiko Maas dieselbe Forderung an den iranischen Präsidenten Raisi, erklärte aber, dass in den bevorstehenden Verhandlungen auch die Aktivitäten des Iran in der Region und dessen Raketenprogramm zur Diskussion stünden. Der russische Aussenminister Sergej Lawrow kritisierte dies: der Westen wolle erzwingen, daß der Iran Verpflichtungen einginge, die mit dem Atomprogramm nichts zu tun hätten (52, S. 12).
Israel: Gegner des AA
Von Seiten Israels ist das Atomabkommen mit dem Iran von Anfang an abgelehnt worden. Anlässlich seiner Einführungsrede in der Knesset, dem Parlament Israels, hat der neue Ministerpräsident Naftali Bennett sich ebenfalls gegen ein neues Atomabkommen mit dem Iran gewandt und setzt damit die Politik Netanyahus fort. Bennett sagte, er werde niemals eine nukleare Bewaffnung Israels dulden. In dieser Frage behalte sich Israel „volle Handlungsfähigkeit“ vor (49, S. 19).
Dabei stellt sich die Frage nach den Gründen für diese vehemente Ablehnung des Atomabkommens, war es doch nach Auffassung der inspizierenden Fachleute eine Vereinbarung, die sicherte, dass Iran keinen Zugriff auf Atomwaffen haben werde (48, S. 214). Nicht vergessen werden sollte überdies die Tatsache, dass Israel selber Atommacht ist, ohne Rechenschaft darüber ablegen und seine Atomwaffen internationaler Kontrolle unterstellen zu müssen (48, S. 223; 50, S. 144 f.).
Rohanis Bilanz
Zieht man Bilanz der Regierungszeit Hassan Rohanis – die kürzlich durchgeführten Präsidentenwahlen, zu denen er nicht nochmals kandidieren konnte, geben dazu Anlass-, so zeigt sic, dass es ihm nicht gelungen ist, seine anfänglichen Versprechen umzusetzen. Mit Hilfe des Atomabkommens und der daraus folgenden Aufhebung der Sanktionen, versuchte Rohani, die wirtschaftliche Isolierung Irans zu durchbrechen und das Land in den Weltmarkt zurück zu führen (13, S. 4; 27, S. 171). Diese Perspektive wurde durch die Aufkündigung des Atomabkommens im Mai 2018 von Seiten Trumps und die neuerlich verhängten und im Jahre 2019 nochmals verschärften Sanktionen (17, S. 88) zunichte gemacht. Mit der Kündigung des Atomabkommens begannen Trump und seine Berater eine „Strategie maximalen Drucks“ zu entwickeln mit dem Ziel, die iranische Wirtschaft zu zerstören. Eine tiefgreifende Rezession war die Folge. Das BIP schrumpfte allein in der Zeit von 2018 auf 2019 um 15 %, die Arbeitslosigkeit stieg von 14,5 % auf 16,8 % (IWF Angabe), war aber -wie vermutet wird- deutlich höher (17, S. 87).
Aber nicht nur die Sanktionen, sondern ebenso die Wirtschaftspolitik waren ursächlich dafür, dass sich die Lebensbedingungen der Bevölkerung im Iran permanent verschlechterten.
Wirtschaftspolitisch folgte die Regierung dem Konzept des Neoliberalismus, das -seit 2001 in der Verfassung des Iran verankert- in den Folgejahren umgesetzt wurde. Bekannter Repräsentant und Initiator dieser Neuausrichtung der Wirtschaft war Ali Akbar Haschemi Rafsandschani, von 1989 bis 2007Präsident der Islamischen Republik. Er sorgte dafür, dass Staatsbetriebe privatisiert, Handel liberalisiert, und dass Unternehmenssteuern gesenkt wurden (16, S. 37 f.).
Kennzeichnend für die Wirtschaft des Iran ist die extrem hohe Abhängigkeit des Staates von den Einnahmen aus der Ölindustrie: diese Einnahmequelle wurde infolge der US-Sanktionen erheblich reduziert: Die Ölproduktion ging z.B. von Januar 2018 bis Oktober 2019 von 3,8 Mio. Barrel/Tag auf 2,1 Mio. Barrel/Tag zurück. Belief sich der Ölexport im Jahr 2018 noch auf 2,3 Mio. Barrel/Tag, so waren es 2020 gerade noch 260 000 Barrel/Tag. Die entsprechenden Einnahmen fehlen in der Zahlungsbilanz, die iranische Währung verlor die Hälfte ihres Wertes (17, S. 87).
Staaten wie Iran werden als „Rentierstaaten“ bezeichnet. Das bedeutet, dass das im Inland gewonnene Öl im Ausland verkauft wird und die daraus resultierenden Einnahmen im Inland verteilt werden. Da der Verkauf des Öls die staatlichen Einnahmen fortlaufend sichert, ist es nicht notwendig, dass der Staat sich um produktive Anlagemöglichkeiten im Inland kümmert. Ebenso wenig muss der Rentierstaat Steuern erheben: Öl und Gas und die daraus resultierendenEinnahmen des Staates fließen also unabhängig davon, ob im Inland Waren produziert oder Steuern erhoben werden. Vielmehr kann der Staat die durch den Öl- und Gasverkauf erlangten Einnahmen nach eigenem Gutdünken unter verschiedene gesellschaftliche Gruppen verteilen und er kann davon notwendige Infrastrukturprojekte finanzieren. Seine Herrschaft und die Loyalität seiner Staatsbürger sichert der Staat durch diese, aber z.B. auch durch Landzuteilung oder andere kostenlose staatliche Leistungen und durch Vergabe staatlicher Posten an ideologisch zuverlässige Personen (16, S. 302-304). So hatte Ayatollah Chomeini bereits nach der Revolution 1979 vorsorglich verfügt, dass nur „fromme und rechtschaffene Personen“ Aufgaben in Staat und Wirtschaft übernehmen dürfen, „weil sonst der Staat verderbe“. Dieses Prinzip gilt inzwischen im gesamten staatlichen Bereich des Iran (40, S. 62). Das Rentierprinzip erklärt den hohen Anteil von Dienstleistungen an der erwerbstätigen Bevölkerung: im Jahr 2018 betrug dieser Anteil 56 % (12, S. 221). Dennoch und zusätzlich kennzeichnen Missmanagement und Korruption das iranische Wirtschaftsystem (taz, 11./12. 8. 2018).
Die industrielle Produktion ist im Iran nur wenig entwickelt und diversifiziert. Das bedeutet, dass viele Produkte importiert werden müssen, was sich eine kleine, traditionell reiche und einflussreiche Gruppe von Großhändlern und Grossgrund-besitzern zunutze macht, indem sie alle möglichen hochwertigen Produkte aus dem Westen importiert und teuer verkauft. Darunter sind auch solche Waren, die im Iran selbst hergestellt werden. Die ohnehin nicht weit entwickelte heimische Industrie ist hinsichtlich der Qualität der Waren, die sie produziert, nicht konkurrenzfähig und bleibt dadurch auf der Strecke. Auch die Inflation nimmt zu. Dies alles bereichert die Reichen und schadet der übrigen Bevölkerung. Folge dieser neoliberalen Wirtschaftspolitik ist eine dramatische Vergrösserung der Schere zwischen arm und reich. 30% der Bevölkerung Irans leben heute unter der Armutsgrenze, so sagt Rusbeh Karduni, Leiter des Instituts für Sozialforschung in Teheran. Demnach leben 25 Mio. der Bewohner:innen des Iran unterhalb der Armutsgrenze, wobei es zwischen den verschiedenen Provinzen gravierende Unterschiede gibt: in den ärmsten Provinzen Chusistan und Belutschistan leben 70 % der Bewohner:innen bezogen auf das Einkommen unterhalb der Armutsgrenze (49, S.17).
Der durchschnittliche Mindestlohn im Iran ist in den Jahren von 2010 bis 2018 von monatlich 400 $ auf 130 $ bis 100 $ gesunken. Gleichzeitig sind die Lebenshaltungskosten gestiegen. Allein zwischen 2016 und 2018 haben sie sich um das 2,5-fache erhöht, während die Löhne in demselben Zeitraum gerade mal um 30 % stiegen. Die Inflationsrate stieg von 2008 bis 2018 von 20 % auf 40 %. Sinkende Massenkaufkraft zu Lasten der ärmeren Bevölkerung war die Folge.
Hinzu kommt eine höchst ungerechte Besteuerung, welche die ärmeren Schichten überproportional belastet – im Gegensatz zu den Reichen. Die zunehmende Verelendung zwingt viele Iraner, in die Golfstaaten abzuwandern, wo sie mit Billigstarbeitern aus Pakistan, Bangladesh und Indien um Arbeitsplätze konkurrieren müssen (17, S. 35-39).
Wut – Protest – Repression
Immer wieder wurde der Iran während der Regierungszeit von Hassan Rohani von landesweiten Protestbewegungen erschüttert.
Seit Dezember 2017 begannen im ganzen Land Proteste wegen der hohen Lebenshaltungskosten, der Arbeitslosigkeit und der Korruption. Sie richteten sich vor allem gegen Revolutionsführer Ali Chamenei und den Klerus (taz, 19./20,/21. 5 2018). Außerdem wandten sich die Demonstranten gegen die iranische Regionalpolitik, die -je nach ethnischer Zugehörigkeit der Bevölkerung- staatliche Zuwendungen ungleich verteilte. Und sie wandten sich gegen die militärische Beteiligung und die damit verbundenen Ausgaben Irans an den Konflikten in Gaza, Syrien, Libanon und Jemen (SZ, 5. 1. 2018; 12, S. 223).
Die Arbeitslosenquote betrug unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen offiziell 30 %, von Experten wurde sie jedoch auf 40 % geschätzt (SZ, 5. 1.2018). Der auf den Straßen skandierte Ruf „Das Volk hungert, der Führer lebt wie Gott“ zielte ab auf das umfängliche Netzwerk an religiösen Stiftungen, Instituten und Ämtern, die aus Staatsgeldern bezahlt werden. Wie weit dies geht, wurde deutlich, als Präsident Rohani im Dezember 2017 einen Haushaltsplan veröffentlichte. Aus ihm ergab sich, dass Subventionen zugunsten der Bevölkerung abgebaut werden sollten, was die Benzinpreise um 50 % und den Preis für Eier und Geflügel um 40 % steigern werde. Die Ausgaben für Personen in hohen Ämtern und nahe an der Macht und für die systemrelevanten Institutionen: z.B. für das Militär, die Revolutionsgarden und Basidschi-Milizen sollten dagegen um zehn Milliarden € erhöht werden (SZ, 5./6./7. 1. 2018; SZ, 8. 1. 2018; taz, 3./4. 1. 2018).
Die Demonstranten:innen prangerten überdies die Wasserknappheitan, den dramatischen Mangel an Trink- und Brauchwasser in weiten Teilen Irans (taz, 7. 8. 2018). Infolge chronischer Dürre sind 70 % des fossilen Grundwassers unwiederbringlich verloren ( FR, 9. 2. 2018). Der Wasserverbrauch ist zu hoch. Gewässer wie der Urmia See im Norden Irans trocknen aus, Verkarstung und Sandstürme nehmen zu. Das reduziert den Ernteertrag. Hinzu kommt der erhöhte Wasserverbrauch infolge des Bevölkerungszuwachses: seit 1979 hat sich die Bevölkerungszahl Irans verdoppelt (SZ 5./ 6/.7. 1. 2018; 40, S. 64). Viele der landesweiten Demonstranten sind Umweltflüchtlinge, die an den Rändern großer Städte zu überleben versuchen. Im Osten, Süden und im Zentraliran schmeckt das Grundwasser bereits nach Salz, Stromausfälle und stundenlange Trinkwassersperren erschweren das Überleben. Die Sandstürme verursachen Atemprobleme, Asthma, Hautreizungen (FR, 9. 2. 2018). Die Zahl der Staudämme ist viel zu groß: 157 Staudämme wurden bereits gebaut, 84 weitere befinden sich im Bau oder in der Planung (40, S. 64). Die Staudämme im Umland des Urmia-Sees kritisieren vor allem Umweltschützer: hier lebten viele Flamingos und Pelikane, die sich von den im See lebenden Salzkrebsen ernähren. Ausserdem würden die zahlreichen Staudämme in der Umgebung den Zufluss zum See verhindern. Der See soll deshalb neuerdings geflutet werden. Beim Bau andererStaudämme wirdbefürchtet, dass archäologische Denkmäler zerstört oder beschädigt werden könnten (41, S. 9).
Bereits seit Ende Dezember 2017 protestierten iranische Frauen gegen den Schleierzwang und hängten ihre Kopftücher als Fahnen an Stöcke. Sie traten dafür ein, dass Frauen in der Schleierfrage selbst entscheiden sollten (taz, 7. 2. 2018; taz, 7. 8. 2018). Es kam deshalb zu 31 Verhaftungen. Teherans Generalstaatsanwalt erklärte dazu, die Abnahme des Kopftuches in der Öffentlichkeit sei eine eindeutige Straftat und teilte am 7. 3. 2018 mit, es sei eine Frau deshalb zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. Laut Innenministerium haben damals landesweit 238 Demonstrationen stattgefunden, an denen mehr als 115 000 Personen beteiligt waren (12, S. 223). In der FR und der taz wurde von 25 Toten und 4000 Verhaftungen berichtet (FR, 9. 2. 2018; taz, 7. 8. 2018).
Im Juni 2018 richteten sich die Proteste im Großen Bazar von Teheran gegen steigende Preise und Inflation (12, S.223).
Im November 2019 gab es erneut Proteste: Anlass dieses Mal waren die dreifache Erhöhung der Benzinpreise und die Rationierung des Benzins, Entscheidungen, die ohne das Parlament getroffen worden waren (taz, 20. 11. 2019, SZ 23. 11. 2019). Vor allem aber ging es den Protestierenden um das nackte wirtschaftliche Überleben, um Essen, Medikamente, Wohnung und Transport. Und sie protestierten erneut gegen die hohen Ausgaben des Staates für die Kriege im Irak, Syrien, im Jemen und gegen die Unterstützung der Palästinenser. Mehr als 900 Banken, öffentliche Gebäude und Polizeistationen brannten, hunderte Tankstellen, Supermärkte und neun Koranschulen wurden angegriffen (SZ 19. 11. 2020; FR, 28. 11. 2019).
In dieser gleichen Zeit verhinderte die Regierung mittels einer Internetblockade die öffentliche Berichterstattung über diese Proteste, die zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen in etwa 100 Städten geführt hatten. Sie ließ die Aufstände äusserst gewaltsam niederschlagen: amnesty international schätzt die Zahl der in diesem Zusammenhang von Sicherheitskräften getöteten Frauen, Männer und Kinder auf 311 Personen (25, S. 9). Andere Menschenrechtsorganisationen berichten von bis zu 250 Toten, 1900 Verletzten, sowie 4000 bis 7000 Verhafteten (FR 28. 11. 2019).
Der Oberste Führer Ali Chamenei machte ausländische Verschwörer für die Proteste verantwortlich: einige wenige Gewalttäter seien organisiert und bewaffnet gewesen und hätten im Auftrag der USA, Israels, Saudi Arabiens und der Golfstaaten gehandelt. Es sei also keine Bewegung aus dem Volk gewesen, sondern eine Bewegung von außen, welche die Sicherheit des Iran betraf– so der Revolutionsführer (SZ, 21. 11. 2019).
Die Schwäche dieser Protestbewegung, die zunächst aufflammte und dann niedergeschlagen wurde, hat verschiedene Ursachen. Jedenfalls fehlte es ihr an einer verbindenden Idee, wie es besser sein und welcher Weg dorthin führen könnte. Es fehlte an charismatischen Führungspersönlichkeiten oder starken Gewerkschaften, welche die Proteste inhaltlich steuern und auf konkrete Ziele hin koordinieren könnten: “keine Führung, keine Strategie, kaum benennbare Forderungen“. Vielmehr hat sich insbesondere in den ärmeren Schichten neben der materiellen auch eine soziale und psychische Verelendung entwickelt, die in Depression, Drogenabhängigkeit und Aggression zum Ausdruck kommt und die Bereitschaft zu kämpfen, lähmt (taz, 4. 12. 2019; SZ, 19. 11. 2019).
Die Lage der Menschenrechte: „besorgniserregend und alarmierend“
Der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen zu den Menschenrechten im Iran, Ahmed Shaheed, legte im März 2013 einen Bericht vor, in dem er die Lage der Menschenrechte im Iran als „besorgniserregend und alarmierend“ bezeichnete. Zuvor schon hatte er vor dem UN-Menschenrechtsrat (Human Rights Council , UNHRC) festgestellt, dass Folter, Schikanierung, Angriffe, Verhaftung von Menschenrechtsanwälten:innen und Journalisten:innen im Iran üblich seien. Angehörige religiöser Minderheiten, Frauen und Homosexuelle seien weiterhin und zunehmend gefährdet. Allein im Jahr 2012 habe es 297 offizielle Hinrichtungen gegeben, 200 weitere Exekutionen seien de facto hinzugekommen (9, S. 212).
Der UN-Menschenrechtsrat wurde im Jahre 2006 gegründet. Ihm gehören 47 nach Regionen gewählte Mitglieder an. Er ist ein Unterorgan der UN-Generalversammlung. Seine Aufgabe besteht u.a. in der Förderung des Dialogs und der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Menschenrechte, Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Einhaltung der Menschenrechte, Erarbeitung und Empfehlungen für die Weiterentwicklung der Völker auf dem Gebiet der Menschenrechte (24, S. 582).
Nasrin Sotudeh, Menschenrechtsanwältin und Jafar Panahi, Filmemacher, wurden im Jahr 2012 mit dem Sacharow Menschenrechtspreis des Europäischen Parlaments ausgezeichnet. Entgegennehmen konnten sie selber ihn nicht: beide waren seit 2010 verhaftet, verbüßten eine Gefängnisstrafe von jeweils 6 Jahren (9, S. 212). Sotudeh hatte sich an den Protesten gegen eine Wiederwahl von Mahmud Ahmadinedschad, dem ultrakonservativen Vorgänger von Hassan Rohani, beteiligt. Das Gericht verurteilte sie wegen „Kampf gegen die nationale Sicherheit, Propaganda gegen die islamische Staatsordnung, Mitgliedschaft in dem Verein zur Verteidigung der Menschenrechte und Verstoß gegen die islamische Kleiderordnung“ zu 11 Jahren Haft und Berufsverbot für die Dauer von 20 Jahren. Kurz nach dem Amtsantritt Rohanis wurde sie zusammen mit anderen prominenten politischen Gefangenen aus dem Gefängnis entlassen (taz 9/2020).
Das Berufsverbot für Nasrin Sotudeh wurde im August 2014 aufgeboben, kurz danach im Oktober 2014 wurde es erneut für 3 Jahre verhängt (9, S. 213). Im Jahr 2018 wurde Sotudeh wieder inhaftiert, weil sie zwei Frauen verteidigt hatte, die ihr Kopftuch öffentlich abgelegt hatten. Dieses Mal waren ihr Stiftung zum Aufruhr, Verbreitung falscher Nachrichten und Beleidigung der Staatsführung zur Last gelegt worden. Dafür erhielt sie eine Strafe von 33 Jahren Gefängnis und 148 Peitschenhieben. Einem Bericht der Tageszeitung –taz- zufolge trat Sotudeh in einen Hungerstreik, mit dem sie angesichts der Gefahren durch die Corona- Pandemie die Freilassung aller politischen Häftlinge im Land forderte: Gefangene bekamen keinen Schutz vor dem Corona Virus. Die hygienischen Vorsichtsmaßnahmen wurden nicht eingehalten, eine Trennung zwischen Gesunden und Infizierten gibt es nicht. Ebrahim Raisi, damals 0berster Chef der Justiz, hatte daraufhin angekündigt, alle gefährdeten Gefangenen entlassen zu wollen – für die politischen Gefangenen galt dies nicht (taz, 9/ 2020).
Die Missachtung und Bekämpfung menschenrechtlicher Standards wird am menschenrechtsfeindlichen Umgang der Regierung Irans mit Nasrin Sotudeh exemplarisch deutlich.
Mohammad Rasoulof, iranischer Regisseur, hatte Filme gedreht, in denen er die Todesstrafe kritisierte oder er bezog sich auf die Kettenmorde in den 90iger Jahren, als viele Intellektuelle, Schriftsteller, Verleger, Journalisten im Iran vom Geheimdienst umgebracht worden waren. Seine Filme fordern eindringlich: Freiheit der Ideen und Meinungen, Freiheit der Kunst. Wegen „Propaganda gegen das System“ wurde er 2017 zu einem Jahr Haft verurteilt und durfte den Iran nicht verlassen. Schon 2010 war er, zusammen mit Jafar Panahi, mit dem er zusammenarbeitete, zu Haft verurteilt worden und erhielt Berufsverbot. Ebenso wie Panahi liess er sich nicht einschüchtern und arbeitete immer weiter. Im Jahr 2019 wurde Rasoulof wegen „Propaganda gegen das System“ erneut zu einer Haftstrafe von 1 Jahr und einem zweijährigen Berufsverbot verurteilt. Ausserdem durfte er den Iran nicht verlassen. Für seinen Film „There is no Evil“ wurde Rasoulof am 29. 2 2020 auf der Berlinale mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet. Wegen des Ausreiseverbots, nahm an seiner Stelle seine Tochter den Preis entgegen. Im März 2020 wurde er vom zuständigen Richter aufgefordert, die Haft anzutreten. Das Berliner Festival protestierte gegen die Haftanordnung (51).
Todesstrafe und Hinrichtungen: Rückschritt ins Mittelalter
Seit dem Amtsantritt Hassan Rohanis hat sich die Lage der Menschenrechte – aller anfänglichen Hoffnung zum Trotz- nicht verbessert (33, S. 214; 34, S. 9). Abzulesen ist dies u.a. an der Zahl der Hinrichtungen, die in den Jahren seiner Regierung noch dramatisch zugenommen hat.
Die Todesstrafe wird zunehmend eingesetzt, um Demonstranten/innen, Oppositionelle und Angehörige von Minderheiten auszuschalten (25, S. 8): Im Jahr 2013 wurden mindestens 500 Personen hingerichtet (10, S. 212); im Jahre 2014 waren es 743 Personen (33, S. 214). 2015 wurden sogar 966 Todesurteile vollstreckt; unter den Hingerichteten waren auch Jugendliche (11, S. 215). Im Jahr 2016 sind mindestens 530 Menschen hingerichtet worden, darunter 3 Minderjährige (24, S. 218). Viele dieser Verurteilungen zur Todesstrafe erfolgten wegen leichterer Delikte des Drogenhandels. Diese Praxis wurde 2016 korrigiert: durch ein neues Gesetz entfiel die Todesstrafe für künftige kleinere Vergehen im Kontext von Drogenhandel und –schmuggel. Ein Parlamentsmitglied kommentierte diese Änderung und wies darauf hin, dass derzeit 5000 Verurteilte auf ihre Hinrichtung warteten und dass die meisten von ihnen aus Gründen der Armut straffällig geworden seien (24, S. 215). Im Jahr 2017, dem Beginn von Hassan Rohanis zweiter Amtszeit, wurden 482 Personen hingerichtet, davon waren 5 Jugendliche (12, S. 224). Steinigung war weiterhin die Form der Hinrichtung für Menschen, die wegen Ehebruchs zum Tode verurteilt wurden. Hinrichtungen erfolgen öffentlich oder im Geheimen (25, S. 9).
Strafjustiz: Rechtsbruch von Staats wegen
Die Gerichtsverfahren, die den Todesurteilen vorausgingen, waren in der Regel unfair. Grundlage des Strafsystems im Iran ist die Scharia, das islamische Recht, so wie es die geistliche Führung interpretiert. Das Strafsystem im Iran entbehrt jeder Rechtsstaatlichkeit: Folter und Misshandlungen sind an der Tagesordnung, insbesondere bei Verhören. Die Gerichte missachten regelmäßig die Verfahrensregelungen der Strafprozessordnung aus dem Jahre 2015. Personen, denen eine Anklage drohte, wurde während der Untersuchungshaft und für den Prozess ein unabhängiger Rechtsbeistand verwehrt. Verteidiger, die vom Angeklagten selbst gewählt worden waren, wurden abgelehnt, weil sie nicht auf einer entsprechenden Liste standen. Eine Einsichtnahme in diese Liste wurde ebenfalls verweigert. Teilweise wurde in Abwesenheit des/r Angeklagten verhandelt, weil man ihn/sie über den Gerichtstermin nicht informiert oder ihn/sie nicht aus dem Gefängnis zum Gericht gebracht hatte. Prozesse fanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Geständnisse, die unter Folter oder mittels anderer Misshandlungen zustande gekommen waren, wurden im Prozess als Beweismittel verwertet. Es wurden damit Schuldsprüche begründet und zwar auch dann, wenn Angeklagte im Prozess ihre Aussagen widerriefen. Angeklagte, die wegen Gefährdung der nationalen Sicherheit verurteilt wurden, bekamen u.U. keine Zustellung des Urteils in schriftlicher Form (25, S. 6; 32, S. 8).
Einzelhaft wird routinemässig angeordnet, wenn sich Gefangene im Gewahrsam der Revolutionsgarden oder des Ministeriums für Geheimdienste befinden. Medizinische Behandlungen werden vor allem politischen Gefangenen vorenthalten. Verurteilte werden in überfüllten Zellen gefangen gehalten, unzureichende Schlafmöglichkeiten, schlechtes Essen, Ungeziefer und mangelnde Belüftung kommen hinzu. Von Seiten der Inhaftierten gibt es immer wieder Hungerstreiks wegen der menschenunwürdigen Haftbedingungen. Mit zusätzlichen Strafmaßnahmen wird darauf reagiert (22, S. 213-215).
Außer den üblichen Strafen werden unter Bezugnahme auf die Scharia zusätzlich besonders grausame, erniedrigende Strafen verhängt und vollstreckt: Peitschenhiebe, Blendung, Amputationen. Männer wurden mit gefesselten Händen und mit um den Hals gehängten Wasserkannen , die normalerweise zur Toilettenspülung benutzt werden, durch die Straßen gejagt, eine Frau wurde zu monatelanger Leichenwaschung verurteilt (22, S. 215 f.; 25, S. 4ff.).
Delikte, deretwegen solche Strafen verhängt werden, waren z.B. außereheliche Beziehungen, Teilnahme an Festen, die Frauen und Männer gemeinsam gefeiert hatten, Essen in der Öffentlichkeit zur Fastenzeit, Propaganda gegen das System, Teilnahme an friedlichen Protesten. Ausländern und Iranern*innen mit doppelter Staatsangehörigkeit wurde vorgeworfen, sich an einem von Ausländern gesteuerten „Infiltrationsprojekt“ beteiligt zu haben. Häufige Anklagepunkte waren „Gefährdung der nationalen Sicherheit“, vor allem wenn Protestteilnehmer*innen vor Gericht standen. Demonstrierenden wurde „Feindschaft zu Gott“ oder „Förderung von Verdorbenheit auf Erden“ zur Last gelegt, Verbrechen, die mit der Todesstrafe geahndet werden (22, S. 214; 25, S.8; 32, S. 8).
amnesty international kommentiert diese politisch ausgerichtete Willkürjustiz wie folgt: „Es besteht Grund zu der Annahme, dass Richter lediglich aufgrund ihrer politischen Ansichten und ihrer Nähe zu Geheimdienstorganen ernannt wurden und nicht über die notwendige juristische Qualifikation verfügen. Dies betraf insbesondere Richter, die Revolutionsgerichten vorsaßen“ (22,S. 216).
Das Recht auf Glaubensfreiheit
wird im Iran per Gesetz und de facto nicht ausnahmslos geachtet. Schiiten, die religiöse Mehrheit im Iran, werden bevorzugt. Angehörigen anderer Religionen werden Rechte vorenthalten. Dies gilt insbesondere für die Baha‘i, eine Religionsgemeinschaft, die im Jahr 1844 in der persischen Stadt Schiras gegründet wurde. Rund 300 000 Baha‘i-Anhänger*innen leben im Iran. In mehrfacher Hinsicht widersprechen die Glaubensgrundsätze dieser Religion der Theologie des schiitischen Islam: Schiiten sehen Mohammed als den alleinigen Propheten an. Die Baha‘i verehren statt dessen mehrere Propheten: Abraham, Moses, Buddha, Zarathustra, Jesus, Mohammed, etc. Sie gehen von der Gleichheit aller Menschen, also auch der Frauen aus. Und sie fordern, dass jeder Mensch denselben Anteil an den Reichtümern der Erde haben soll.
Bahaismus wird deshalb von Schiiten als Irrlehre abqualifiziert (11, S. 212). Schon 1979 hatte Ayatollah Chomeini (erster Revolutionsführer 1979 – 1989) vor seiner Rückkehr in den Iran gesagt: Die Baha‘i „sind eine politische (keine religiöse; d.Verf.) Gruppe. Sie sind bösartig. Sie werden nicht anerkannt werden“. Die Ankündigung Ayatollah Chomeinis wurde wahr: Gläubige Baha‘i werden verfolgt, inhaftiert, gefoltert, hingerichtet. Das Geburtshaus des Gründers dieser Religion wurde zerstört, Grabsteine geschändeter Friedhöfe wurden in Zeitungen zum Verkauf angeboten, Vermögen von Bahai‘s beschlagnahmt. Das alles diente dem Ziel, die kulturellen Wurzeln dieser Religion auszumerzen. Baha‘i haben keinen Zugang zu öffentlichen Ämtern und zur Universität. Immer wieder werden sie der Spionage für ausländische Mächte beschuldigt. Seit Beginn der Covid-19 Pandemie hat sich die Lage der Baha‘i noch verschlechtert: Inhaftierungen, Beschlagnahmen, Strafurteile und mediale Desinformation haben zugenommen. Es entsteht der Eindruck, dass sie für die Pandemie verantwortlich gemacht werden sollen (23, S. 41 – 44; 42, S. 3; 10, S. 212; 11, S. 215).
Muslime, die zum Christentum konvertieren, werden verfolgt. Sie können sich nur heimlich treffen (44, S.188).
Auch Angehörige anderer religiöser Gruppen – Sunniten, Gonabadi-Derwische, Yaresan (Ahl-e Haq) – werden diskriminiert.Zwar sind Gonabadi-Derwische Schiiten, lehnen aber die religiöse und politische Vorherrschaft des Revolutionsführers im Iran ab. Deswegen und weil sie sich für soziale Belange und Menschenrechte einsetzen, werden sie verfolgt (46, S. 2). Die Yaresan / Ahl-e Haq sind eine schiitische Gruppe, deren Religion Elemente des Jesidentums und des Alevitischen einbezieht (47, S. 1).
Alle genannten Gruppen werden gezwungen, sich den Verhaltensregeln des schiitischen Islam zu unterwerfen (25, S. 8).
Dagegen sind die Religionsgemeinschaften der Christen, der Zoroastrier und der Juden als religiöse Minderheiten in der Verfassung des Iran anerkannt. Ihnen sind 5 Sitze im Parlament zugesichert (43, S.45).
Juden leben schon seit ca. 2700 Jahren im Iran. 1948, im Jahr der Staatsgründung Israels, lebten im Iran etwa 100 000 Juden. Im Jahr der Revolution 1979 waren es noch ca. 80 000. Heutzutage wird Ihre Anzahl auf etwa 10 000 geschätzt. Sie leben dort in Sicherheit: Jüdische Einrichtungen bedürfen keiner Bewachung. Höhere Posten in Politik, Verwaltung und Militär stehen ihnen allerdings nicht offen, kulturelle Autonomie dagegen schon. Literatur über das Judentum werden in persischer Sprache gedruckt. Es gibt jüdische Bibliotheken und staatliche Hilfe beim Unterhalt der Synagogen, von denen es allein in Teheran 13 gibt. Außerdem besitzt die jüdische Gemeinde in Teheran vier Schulen, zwei Kindergärten, ein Altenheim und ein Krankenhaus mit 100 Betten. Welcher Abgeordnete ins Parlament entsandt wird, entscheidet die jüdische Gemeinde selber, allerdings nach vorheriger Absprache mit der Regierung. Bisher ging der Sitz immer an einen Mann (44, S. 187-193).
Iran: ein Vielvölkerstaat
Iran ist das gemeinsame Territorium von etwa 50 Völkern und Ethnien, u.a. Araber*innen, Ahwazi, Aserbaidschaner*innen, Belutschen*innen, Kurden*innen, Turkmenen*innen. Die Verfassung des Iran sichert allen ethnischen Gruppen die gleichen Rechte zu. In der Verfassungswirklichkeit sieht das allerdings anders aus (44, S. 209). Zugang zu Bildung, angemessenem Wohnraum und zu politischen Ämtern wird den Minderheiten vorenthalten. Die Regionen, in denen sie überwiegend leben, werden von Staats wegen wirtschaftlich vernachlässigt. An den Schulen im Iran ist Persisch die verbindliche Unterrichtssprache. Für die Kinder, die in ihren Familien die jeweilige Minderheiten-Sprache lernen, ist dies eine Hürde, die oftmals zum Abbruch der Schule führt. Wer dies kritisiert, muss mit Inhaftierung, Folter und anderen Misshandlungen rechnen. Wer sich für Separatismus oder Föderalismus einsetzt, wird wegen Gefährdung der territorialen Integrität des Iran kriminalisiert. Z.B. wurden unbewaffnete Kurden, die im iranisch/irakischen Grenzgebiet v.a. als Lastenträger arbeiten, von iranischen Grenzschützern erschossen. Mindestens 40 Kurden wurden in diesem Gebiet getötet und viele weitere verletzt (22, S. 217; 25, S. 7,9). Immer wieder kommt es zu Kampfhandlungen zwischen kurdischen Rebellen und iranischen Sicherheitskräften, bei denen überwiegend kurdische Kämpfer zu Tode kamen (45, S. 64-67; 24, S. 218; 25, S. 7).
In den Provinzen Sistan und Belutschistan im äußersten Südosten des Iran gibt es als Folge von Dürren zu wenig erreichbares und sauberes Trinkwasser. Es mangelt an Stromversorgung, an Schulen und Gesundheitseinrichtungen. Das „Armenhaus Irans“, zurückgeblieben, wild und gefährlich – so wird diese Region beschrieben (34, S.9). In den Kommunen werden Bewerber/innen für öffentliche Ämter nicht vom Wächterrat vorsortiert. Deshalb ist es möglich geworden, dass in diesen beiden Provinzen junge Frauen in Bürgermeisterämter und in die Kleinstadt- und Dorfräte gewählt wurden. „Die neuen Belutschinnen revolutionieren ihr Umfeld im Tschador, sie trauen sich viel zu, sind gebildeter und motivierter als viele Männer und auch im Umgang mit dem Zentralstaat geschickter…“ (34, S. 9). Diese Frauen verbessern –jenseits religiöser Zuordnungen- das Leben der Menschen in der Region. Z.B. indem sie Straßen pflastern lassen, für Stromanschluss sorgen und manche Verwaltungsvorgänge vereinfachen. Sie initiieren Kooperativen, die Frauen Arbeit verschaffen und ein eigenes Einkommen ermöglichen (34, S.9; 45, S. 67).
Das Resumee des UN-Menschenrechtsrates
Im März 2020 verlängerte der UN-Menschenrechtsrat das im Jahr 2013 erteilte Mandat des UN-Sonderberichterstatters zur Lage der Menschenrechte im Iran.
Diese Verlängerung lässt Rückschlüsse zu auf die fortgesetzte Missachtung der Menschenrechte seitens der Regierung, zumal den UN-Experten und anderen unabhängigen Beobachtern die Einreise nochmals verweigert wurde (25, S. 3).
Frauen ohne Kopftuch – Frauen unters Kopftuch!
Die Frauenbewegung im Iran hat –in der Öffentlichkeit wenig bekannt- eine lange Tradition. In der Frühphase der Genderbewegung (1905 – 1925) richteten sich die Forderungen der Frauen auf den Zugang zu schulischer und beruflicher Bildung und Gesundheitsfürsorge, gegen Polygamie und häusliche Gewalt. Unter dem 1. Schah Reza Pahlavi (1925 – 1941) erhielten Frauen die Möglichkeit zum Schulbesuch, zum Studium, zur Gründung von eigenen Zeitungen und eigenen Vereinen. Das Kopftuch wurde verboten. Für Männer und Frauen wurde westliche Kleidung verbindlich angeordnet. Der Sohn des ersten Schahs, Mohammed Reza Pahlavi, überließ wiederum den Frauen die Entscheidung über das Tragen eines Kopftuchs. 1963 führte er das aktive und passive Wahlrecht für Frauen ein.
Anfang 1979 war Seyyed Ruhollah Musawi Chomeini in den Iran zurückgekehrt und die Islamische Republik Iran ausgerufen worden. Gleich zu Beginn seiner Herrschaft wurden Gesetze verabschiedet, durch welche die Diskriminierung von Frauen und ihre Unterdrückung erneut legalisiert wurden: Kopftuchzwang, Geschlechtertrennung, Gewalt, politische Unterdrückung etc. wurden zur Regel. Unter Mahmud Ahmadinejads Präsidentschaft (2006 – 2012) wurden neue Anti-Frauen-Gesetze verabschiedet, gegen welche die Frauen demonstrierten. Sie organisierten breite Kampagnen gegen das Steinigen, die Geschlechtertrennung und das Stadionverbot für Frauen. Und feierten den Frauentag am 8. März in der Öffentlichkeit.
Während der Präsidentschaft Hassan Rohanis (2013 -2021) hat sich die Situation der Frauen im Iran nicht wesentlich verbessert. Das Familien-, Personenstands- und das Strafrecht basieren weiterhin auf der „fiqh“. Dies ist die islamistischeGesetzessammlung, die islamische Gelehrte aufgrund ihrer Auslegung der Scharia zusammengestellt haben: „Ein vormodernes, von männlichen Rechtsgelehrtenverfasstes Konstrukt“ (39, S. 53). Sein Inhalt: u.a. Kopftuchpflicht, Entlassung von Richterinnen und Aufhebung der fortschrittlicheren Familiengesetze, die unter dem Schah verabschiedet worden waren, etc.
Heutzutage fordert die Frauenbewegung „Gleichheit durch Wandel“. Kampagnen gegen diskriminierende Gesetze, menschenrechtsverletzende Strafen wie Todesstrafe durch Steinigung werden initiiert. Kampf gegen Kinderehen, die Kopftuchpflicht, die Ungleichbehandlung im Erbrecht, gegen das Recht des Ehemannes, seiner Frau eine Berufstätigkeit zu verbieten, gegen das die Männer einseitig begünstigende Scheidungs- und Sorgerecht für die Kinder, gegen Polygamie und Ehe auf Zeit, – all dies sind nach Ansicht der Frauen Relikte aus der Zeit der Stammesgesellschaften, die abgeschafft werden müssen. Der Widerstand der Frauen zeigt sich in öffentlichen Aktionen, vor allem aber im täglichen Leben, wo sie Dinge tun, die selbstverständlich sind: sie treiben Sport, joggen, singen, bewerben sich um öffentliche Ämter etc. (39, S. 53-55).
Im Iran liegt das gesetzliche Heiratsalter für Mädchen derzeit bei 13 Jahren! Väter und Großväter können eine gerichtliche Erlaubnis einholen, wenn sie ein noch jüngeres Mädchen verheiraten wollen. Pro Jahr werden etwa 30 000 Mädchen unter 14 Jahren verheiratet. In den gesetzlichen Bestimmungen bezüglich Eheschließung, Scheidung und Erbschaft werden Frauen und Mädchen weiterhin diskriminiert. Dies gilt auch für den Zugang zum Arbeitsmarkt und zu politischen Ämtern (25, S. 6). So haben z.B. mit Ausländern verheiratete iranische Frauen kein Recht, ihren Kindern die iranische Staatsangehörigkeit zu übertragen. Iranische Männer, die mit ausländischen Frauen verheiratet sind, ist dies dagegen erlaubt (22, S. 218). Nur ausnahmsweise entlässt Iran seine Staatsbürger aus der Staatsbürgerschaft. Auch wenn sie die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates zusätzlich erhalten, werden sie ausschließlich als Iraner eingeordnet (19, S. 20).
Nahid Taghavi ist Staatsbürgerin mit iranischer und deutscher Staatsangehörigkeit: sie wurde in Teheran „aus Sicherheitsgründen“ festgenommen (32, S. 8). Die britisch-iranische Journalistin Nazanin Zaghari-Ratcliffe wurde in Teheran wegen Propaganda gegen das iranische Regime zu einer Haftstrafe von 1 Jahr verurteilt. Sie darf das Land für ein Jahr nicht verlassen. Schon vorher war sie wegen eines angeblichen Umsturzversuches 5 Jahre in Haft gewesen, die sie gerade abgesessen hatte (SZ, 27. 4. 2021; 19, S. 20).
Basidj Milizen, für die Einhaltung der Scharia-Gebote zuständig, und Polizei schikanieren Frauen und nehmen sie fest, wenn sie das gesetzliche Kopftuchgebot nicht einhalten oder wenn unter ihrem Kopftuch Haarsträhnen zu sehen sind oder wenn Frauen stark geschminkt sind oder eng anliegende Kleidung tragen. In Isfahan wurden Frauen von Unbekannten mit Säure übergossen, weil sie die Kleidungsvorschriften nicht eingehalten hatten. Bei den darauf folgenden Protestdemonstrationen wurden Demonstranten und Journalisten, die über die Säureattacke berichtet hatten, verhaftet. Immerhin verurteilte Präsident Rohani diese Attacken als unmenschlich. Auf seine Aufforderung hin wurden schließlich vier Verdächtige von der Polizei festgenommen (22, S. 218; 33, S.213 f.).
Nur schwer kommen Frauen in den Besitz von Verhütungsmitteln. Im Oktober 2017 wurde ein Gesetz verabschiedet, welches die Weitergabe von Verhütungsmitteln erheblich einschränkte. Geschlechtsspezifische Gewalt wie z.B. Vergewaltigung in der Ehe, Früh- und Zwangsverheiratung oder häusliche Gewalt bleiben straflos. Sogar wenn Männer ihre Frauen oder Kinder umgebracht haben, bleiben sie straflos. Diesbezügliche Ermittlungen werden nicht in die Wege geleitet (25, S. 6 f; 22, S. 218).
Die Verabschiedung eines einschlägigen Gesetzentwurfs wird seit Jahren verzögert Dieser von Frauenaktivistinnen eingebrachte Gesetzentwurf hatte das Ziel, Frauen mehr Schutz vor Gewalt in der Familie zu gewährleisten und sie auf ihrem Weg zur Gleichberechtigung zu unterstützen. Er war eine Kampfansage an die konservativen Justizbehörden und wurde entsprechend angefeindet: Gegen ihn spreche, dass solche Regelungen den Frieden in den Familien gefährden würden, dass die Frauen Gelegenheit bekämen, ihre häuslichen Pflichten zu vernachlässigen, dass die Stellung der Männer als Verwalter der Familie gefährdet würden, ja, dass die Männer nicht mehr vor den Aggressionen der Frauen (!) geschützt wären (38, S. 3). Der Gesetzentwurf der Frauenaktivistinnen wurde vom iranischen Justiz-
ministerium deshalb in sein Gegenteil verkehrt: Frauen wurde nun auferlegt, sich wie vorgeschrieben zu benehmen. Deshalb sollten sie überwacht werden (36, S.4).
Es entbehrt jeder Vernunft und empört, dass der Iran im April 2021 zum zweiten Mal in die UN-Kommission für Frauenrechte gewählt worden ist. Es ist dies das höchste Gremium der Vereinten Nationen zur Gleichstellung der Geschlechter. Derzeit sind 45 Länder in diesem Gremium vertreten. Zuständig für diese Wahlistder UN-Wirtschafts- und Sozialrat (ECOSOC). Die Frauenkommission hat die Aufgabe, Frauenrechte und Gleichberechtigung weltweit zu fördern. Zur Wahl in dieses Gremium werden die Länder in geographische Gruppen eingeteilt. Iran hatte sich für Asien beworben und wurde gewählt. Zum zweiten Mal. Mindestens vier westliche Staaten haben für die Mitgliedschaft Irans gestimmt (19, S. 20). „ Den Iran, mit seiner offen zur Schau gestellten Diskriminierung und frauenfeindlichen Politik… und seiner krassen Diskreditierung der Frauen im öffentlichen Leben und in der gesellschaftlichen Agenda in so ein Gremium zu wählen, ist absurd und sowohl moralisch als auch politisch nicht tragbar. Es ist, als würde man einen Brandstifter zum Feuerwehrmann ernennen“ so kommentierte die Organisation „Medical Professionals for Human Rights“ (Österreich) diese Wahlentscheidung zu Recht (19, S.21).
Die ganze Absurdität dieser Entscheidung wird auch klar an der Inhaftierung von Narges Mohammadi, Leiterin des iranischen Zentrums der Menschenrechtsverteidiger.Sie wurde im Mai 2015 verhaftet, weil sie sich für die Gleichberechtigung von Frauen eingesetzt hatte. In diesem Zusammenhang war sie mit der damaligen Aussenbeauftragten der EU, Catherine Ashton, zusammengetroffen. Mohammadi wurde deshalb zu 10 Jahren Gefängnis verurteilt. Erst im Oktober 2020 wurde sie aufgrund wachsenden internationalen Drucks entlassen. Das Zentrum der Menschenrechtsverteidiger war jedoch mittlerweile verboten worden.
Mohammadi wurde wegen ihres Kampfes für die Rechte der Frauen ausgezeichnet: Von der schwedischen Regierung mit dem „Par-Anger“-Preis im Jahr 2011 und mit dem Menschenrechtspreis der Stadt Weimar im Jahr 2016.
Es wundert nicht, dass der Iran auf dem „Global Gender Gap Index“ des Weltwirtschaftsforums, der die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern misst, auf Platz 153 von 156 Staaten verzeichnet ist (36, S. 1-4).
Meinungs- und Versammlungsfreiheit: abgeschafft
Anfang des Jahres war die politische Lage im Iran extrem angespannt: Am 3. 1. 2020 wurde General Qasem Suleimani, einer der ranghöchsten Militärs, durch US Drohnen auf Befehl Präsident Trumps in Bagdad umgebracht. Der General war ein aus Sicht Irans erfolgreicher Militär und Stratege und den USA und ihren hegemonialen Bestrebungen in der Region allzu sehr im Wege. Der Mord an Suleimani und seinen Begleitern hatte vorübergehend eine abrupte Unterbrechung der vorangegangenen Proteste zur Folge. Die Trauerfeierlichkeiten für ihn führten zum Schulterschluss zwischen der Regierung des Iran und der Bevölkerung, denn Suleimani war wegen seines Charismas und seiner bescheidenen Lebensführung im Volk äusserst beliebt. Hunderttausende nahmen an den Trauerfeierlichkeiten im ganzen Land teil, mehr als eine Million Menschen folgten in Teheran seinem Sarg (48, S. 197). Das änderte die schwierige Situation allerdings nicht:
Der von Iran unterstützte Krieg in Syrien und im Jemen dauerte an. Die Sanktionen der USA verschlechterten die wirtschaftliche und soziale Lage der Bevölkerung existentiell. Die Corona-Pandemie verschärfte die Probleme nochmals und führte zu einer Überforderung des Gesundheitssystems. So wurden im April 2021 ca. 25 000 Neuinfektionen pro Tag gemeldet. Iran hatte damals nur 700 000 Impfdosen erhalten, mit denen vor allem das Gesundheitspersonal immunisiert worden war (SZ, 30. 4. 2021).
„Journalismus ist die beste Impfung gegen falsche Information“ (19, S. 14).
Es war also im Interesse der Regierung, die Berichterstattung über die wachsenden Probleme massiv einzuschränken bzw-. zu unterdrücken. Meinungs- und Versammlungsfreiheit wurden daher im Verlauf des Jahres 2020 fortwährend weiter ein geschränkt: hunderte Personen wurden inhaftiert: Rechtsanwälte:innen, Menschenrechtsaktivisten:innen, Frauenrechtler:innen, Umweltaktivisten:innen, Gegner:innen der Todesstrafe, Journalisten:innen, Medienschaffende, Oppositionelle, Künstler:innen, Schriftsteller:innen. Die Büros zahlreicher Journalisten:innen, die für Medien im Ausland tätig waren, wurden geschlossen. Desgleichen die Büros von Menschenrechtsverteidigern:innen. Ihre Bankkonten und ggf. ihr Vermögen wurden eingefroren. Friedlich Demonstrierende wurde mittels Luftgewehren, Gummigeschossen, Tränengas und Pfefferspray vertrieben. Oder sie wurden verprügelt und inhaftiert. Im Vorfeld der Parlamentswahlen 2019 verhaftete die Polizei Journalisten, veranstaltete bei ihnen Hausdurchsuchungen, verhörte sie (25, S. 3 f.). Auch wurde die Berichterstattung über die Pandemie nochmals eingeschränkt: nur offizielle Quellen und Statistiken durften nunmehr der Berichterstattung zugrunde gelegt werden. So wurde von Seiten der Regierung die Zahl der Toten mit offiziell 80 000 angegeben, wiewohl bereits 180 000 Menschen gestorben waren (19, S. 14). Die Internetpolizei gründete eine Spezialeinheit, die gegen „Internetgerüchte und fake news“ in Sachen Corona vorgehen sollte. Infolgedessen kam es auch deswegen zu vielen Festnahmen, Verhören, Verwarnungen von Journalisten:innen, Gesundheitsarbeitern:innen und Nutzern:innen Sozialer Medien.
Der Arzt Rahim Yousefpour aus Kurdistanhatte auf Instagram Informationen über Covid 19 veröffentlicht. Gegen ihn wurde Anklage erhoben wegen „Verbreitung von Propaganda gegen das System und Störung der öffentlichen Meinung“ (25, S. 4). „Das Internet ist der Triumph der Technik über Diktaturen, die ihrem Volk das Denken verbieten und Informationen vorenthalten“- so resumiert Bahman Nirumand (1, S. 3).
Der Druck der Regierung und die Einschränkungen ihrer Arbeitsinhalte belasten und gefährden Journalisten:innen im Iran schwerwiegend und permanent. Die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ hat die Regierung aufgefordert, alle inhaftierten Journalisten:innen sofort freizulassen. Im Jahr 2020 waren zu Novruz, dem Fest zu Neujahr, im Iran 10 000 Gefangene begnadigt worden, unter ihnen war kein:e einziger:e Journalist:in (26, S. 1; 28, S. 1).
Im Dezember 2020 wurde berichtet, dass der Regimekritiker und Journalist Sam Ruhollah gehängt worden ist. Grund war seine Führungsrolle in den Protesten um die Jahreswende 2017/2018 und im Jahr 2019. Internationale Proteste gegen die Vollstreckung dieser Todesstrafe blieben wirkungslos. Die Todesstrafe war „wegen der Schwere der Verbrechen“ gegen die Islamische Republik aufrechterhalten und vollzogen worden. Die Anklage hatte Ruhollah „Verbrechen gegen die innere und äußere Sicherheit“, „Spionage für den französischen Geheimdienst“, sowie „Beleidigung des Islam“ vorgeworfen. Er hatte als anerkannter Flüchtling im Exil in Frankreich gelebt und von dort aus lange Zeit den regierungskritischen Kanal Amadnews betrieben(35, S. 1-3).
Mit der weltweit ersten staatlichen Hinrichtung eines Journalisten seit 30 Jahren bestätigt der Iran seine Stellung als einer der schlimmsten Unterdrücker der Pressefreiheit – so urteilt „Reporter ohne Grenzen“ im April 2021 und bestätigt, dass die Einschränkungen für Medienschaffende während der Pandemie nochmals verschärft worden seien, dass sie für ihre unabhängige Berichterstattung über die Coronapandemie im Iran verhört, verhaftet und verurteilt würden (30, S.10).
Neuerdings berichtet dieselbe Organisation von Soheil Arabi, der bereits im Jahr 2013 festgenommen worden war. Er wurde beschuldigt, immer wieder Kritik an der Regierung geübt zu haben. 2014 wurde er schließlich wegen „Beleidigung des Führers“ und „Propaganda gegen den Staat“ zum Tode verurteilt. 2015 wurde die Todesstrafe vom Obersten Gericht aufgehoben.
Sein Bruder Alireeza Alinejad wurde ebefalls wegen Beleidigung des Führers und anderer Vergehen zu 8 Jahren Gefängnis verurteilt (28, S. 1).
Auch die Journalistin Hengameh Shahidi wurde wegen regierungskritischer Berichterstattung immer wieder festgenommen, zuletzt im Jahr 2018. Sie hatte über korrupte Strukturen innerhalb der Regierung berichtet: 12 Jahre und 9 Monate Haft, Verbot politischer Aktivitäten und journalistischer Arbeit lautete dieses Mal das Urteil gegen sie (28, S. 2).
Im Mai 2021 wurde der Journalist Najaf Mehdipur verhaftet. Er ist Chefredakteur eines Politischen Magazins, war zuvor schon einmal 7 Monate lang im Gefängnis. Dieses Mal lautete die Anklage auf „Beleidigung des Obersten Führers und Verbreitung von staatsfeindlicher Propaganda“. Vertreter des Komitees zum Schutz von Journalisten im Iran vermuten, dass die neuerliche Verhaftung mit den bevorstehenden Präsidentschaftswahlen im Juni 2021 im Zusammenhang stand:
Es sei schon mehrfach vorgekommen, dass Berichterstatter vor größeren Wahlveranstaltungen an ihrer Arbeit gehindert wurden (29, S. 1).
Pirus Dawani war Chefredakteur der iranischen Zeitung PIRUS. Damals 38 Jahre alt, verschwand er im Jahr 1998. Er war zuvor wegen Mitgliedschaft in der kommunistischen Tudeh-Partei schon einmal 7 Monate lang inhaftiert. Später erhielt er nochmals eine 8-monatige Gefängnisstrafe, weil er Angehörige Hingerichteter interviewt hatte. Obwohl öffentlich gefordert, wurde sein Verschwinden niemals aufgeklärt. Es kursierten Gerüchte, die besagten, Dawani sei hingerichtet worden.
Akbar Gandschi, Journalist, hatte über den „Fall Dawani“ berichtet und kam deswegen im November 2000 vor Gericht. In seinem Prozess beschuldigte er den geistlichen Sonderermittler Gholam-Hossein Mohseni-Edschehi, in die Ermordung Dawanis verstrickt gewesen zu sein. Dieser Mann ist Vertrauter von Revolutionsführer Ali Chamenei: er war 2005 Geheimdienstminister geworden und stieg im Jahr 2009 zum Justizsprecher und stellvertretenden Justizchef im Iran auf.
„Reporter ohne Grenzen“ hat die Regierung aufgefordert, im Fall Dawani zu ermitteln. Ohne Erfolg. Die Verantwortlichen für sein Verschwinden sind bis heute straffrei (31, S. 2 f.).
Die iranischen Menschenrechtsaktivistin und Autorin Golrokh Ebrahimi Traee wurde inhaftiert, weil sie in einer Kurzgeschichte die Steinigung einer Frau geschildert hatte (FR, 27. 5. 2021).
Diese Fälle von einzelnen Journalisten:innen sind nur ein Ausschnitt aus einer wesentlich größeren Zahl von iranischen Journalisten: innen, die verfolgt und verhaftet worden sind. Reporter ohne Grenzen hat sie aufgelistet. Iran steht in Bezug auf die Pressefreiheit unter 180 Staaten auf Platz 174, so die Organisation im Jahresbericht 2020. Obwohl Iran dem “Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte“ vom Dezember 1966 beigetreten ist. Damit hatte das Land sich verpflichtet, das Recht auf freie Meinungsäußerung und Pressefreiheit zu achten und zu schützen….(SZ, 6. 6. 2020).
Da der Iran seit 2 Jahren keine Mitgliedsbeiträge an die UN gezahlt hat, verlor er automatisch das Stimmrecht in der UN-Vollversammlung (Art. 19 UN-Charta). Die Regierung protestierte dagegen unter Hinweis auf die gegen ihn verhängten Sanktionen, die ihm nicht einmal erlaubten, Nahrungsmittel und Medikamente zu bezahlen, die importiert werden müssten. Aus gleichem Grund könne er die Schulden bei den UN nicht begleichen. Wenn andere Staaten auf der UN-Vollversammlung die Rückgabe des Stimmrechts an den Iran verlangen würden, könnte dieser entsprechend an Abstimmungen teilnehmen – darauf wies der Sprecher des UN-Generalsekretärs, Stéphane Dujarric, hin (49, S. 22).
Neuesten Meldungen in der taz vom 31. 7. / 1.8. 2021 zufolge, gibt es auch derzeit –kurz vor dem 5. 8. 2021, dem Datum des Amtsantritts Ebrahim Raisis, des jüngst gewählten Staatspräsidenten– wieder Protest im Iran. Er begann im Südwesten in der Provinz Chusistan und richtet sich gegen die Wasserknappheit und gegen stundenlange Stromausfälle. Hunderte Dörfer sind dort auf Lastwagen angewiesen, die Trinkwasser herbeischaffen. Plantagen verdorren, Vieh verdurstet. Der Protest dehnte sich nach kurzer Zeit auch auf die Städte Karaj, Kermanshah, Isfahan, Buschehr und Teheran aus und kritisierte das miserable Wassermanagement der Regierung. Sie wurde beschuldigt, das Wasser vorrangig den Revolutionsgarden zuzuleiten, die die wichtigsten Wirtschaftszweige im Iran, nämlich Energie, Bau, Telekommunikation, Medien, Elektronik, Banken und Nuklearindustrie beherrsche. Und dies in einer Zeit der schwersten Dürre seit 15 Jahren. Amnesty international berichtete, dass die Protestierenden unbewaffnet waren, während die Staatskräfte mit scharfer Munition und Schrotflinten auf sie schossen. Inzwischen gibt es 9 Tote, hunderte wurden verhaftet. In der Provinz Chusistan ist das Internet seit Tagen ausgeschaltet oder nicht zu empfangen. Adnan Tabatabai, Geschäftsführer eines Forschungszentrums über Mittelost mit Sitz in Bonn sagt, dass das Ausmass dieser Proteste schwer einzuschätzen sei. Es gebe regelmässig Proteste unterschiedlicher Gruppen in verschiedenen Landesteilen des Iran. Es sei aber unwahrscheinlich, dass diese Proteste zu einem grundsätzlichen Umbruch im Lande führen würden, sie seien eher „ein starker Weckruf“ an die Regierung (SZ, 3. 8. 2021; taz, 31. 7. / 1.8. 2021).
Corona im Iran
Derzeit hat die fünfte Corona Welle den Iran fest im Griff. 30 000 registrierte Neuinfektionen und offiziell 350 Tote am Tag – die Zahlen sind höher als je zuvor. Am Ende seiner Amtszeit sah sich Präsident Rohani gezwungen, für Teheran und andere Regionen einen erneuten Lockdown anzuordnen. Für viele ist es nicht möglich, sich an diese Anordnungen zu halten: sie müssen Geld verdienen, zur Arbeit gehen (SZ, 3.8.2021).
„Jin, Jiyan, Azadi- Frau, Leben, Freiheit“ : Protest oder Umsturz?
Es begann am 13. September 2022, als die 22- jährige Kurdin Mahsa Jina Amini von der iranischen Sittenpolizei, den Basidjis, in Teheran festgenommen wurde. Man warf ihr vor, das Kopftuch nicht vorschriftsmäßig gebunden zu haben. 3 Tage später starb sie im Polizeigewahrsam. Als offizielle Todesursache wurden Vorerkrankungen bzw. Herzversagen angegeben. Die Familie der jungen Frau, Menschenrechtsorganisationen und Medien vermuten dagegen, dass Mahsa Jina Amini brutal misshandelt wurde, dass ihr durch Schläge auf ihren Kopf von Seiten der Sittenwächter Hirnverletzungen zugefügt worden sind, die sichtbar waren und die ihren Tod zur Folge hatten (53, S. 1;FR, 28. 11. 2022).
Ihr Begräbnis in der kurdischen Provinzstadt Saqqa, der Heimatstadt von Mahsa Jina Amini, war begleitet von massiven Wutausbrüchen in der Bevölkerung. Trauernde versammelten sich, protestierten laut und heftig. Mutige Frauen verbrannten öffentlich ihre Kopftücher und tanzten Hand in Hand durch die Menschenmenge. So setzten sie den Kampf von Mahsa Jina Amini fort. Die Polizei schoss auf Menschen, versprühte Tränengas. Aufgrund der überall kursierenden Videos, die diese Vorgänge dokumentierten, wuchs die Wut noch mehr und führte dazu, dass alsbald in vielen Städten überall im Land protestiert wurde: u.a. in Teheran, Isfahan, Yazd, Maschhad, Schiras, Kerman. Der – ursprünglich kurdische – feministische Slogan “Frau, Leben, Freiheit“ verbreitete sich rasch im ganzen Iran. Schon in den ersten 10 Tagen gingen in mindestens 93 Städten Protestierende – diesen Slogan rufend – auf die Straße (SZ, 23. 9. 2022; FR, 28. 11.2022).
Inzwischen wehrten sich die Demonstrierenden nicht mehr nur gegen den Kopftuchzwang, der den Frauen seit 1983 von der Regierung auferlegt worden war. Vielmehr wenden sie sich gegen das islamistische Regime insgesamt. Sie rufen „Wir wollen die Islamische Republik nicht mehr“, rufen „Tod dem Diktator“ – damit gemeint ist der geistliche Führer Ayatollah Ali Chamenei, der mächtigste Mann im Iran. Andere skandieren „Lieber sterben wir, als dass wir weiterhin die Erniedrigung ertragen“; „Dieses Jahr ist das Jahr des Blutes, Ali Chamenei wird stürzen!“. Kurden*Innen rufen „Kurdistan wird der Friedhof der Faschisten sein“ und fordern damit ihre Autonomie ein (SZ, 26. 9. 2022; 54, S. 7). Proteste finden mittlerweile in allen 31 Provinzen des Iran statt. Am heftigsten sind die Zusammenstöße in Kurdistan und Belutschistan. Sie werden meistens angeführt von Frauen, die ohne das Kopftuch demonstrieren, sich in der Öffentlichkeit Haare abschneiden. Es beteiligen sich aber vor allem junge Leute, Schüler*innen, sogar Minderjährige, aber auch Männer und ältere Leute, Angehörige verschiedener Ethnien und Religionsgruppen und Menschen aus verschiedenen Gesellschaftsschichten (53, S. 1; SZ, 7. 10. 2022; SZ 13. 10. 2022; FR, 14. 10. 2022; FR 17. 10. 2022). Arbeiter der Öl- und Gasindustrie solidarisierten sich ebenso wie die Bazaris, die Händler auf dem Großen Bazar von Teheran und prominente Künstler*innen und Sportler (SZ, 29. 9. 2022; SZ 11. 10. 2022; SZ, 13. 10. 2022). Auch der stille Protest der iranischen Nationalelf, die beim Abspielen der iranischen Nationalhymne bei der WM 2022 in Katar schwieg, legt ein mutiges und eindrucksvolles Zeugnis ab (SZ, 25. 11. 2022). Es hatte nicht geholfen, dass die Regierung Trainer und Kapitän vorweg zum Verhör einbestellt hatte. Und es wirkte reichlich aufgesetzt und wenig glaubwürdig, dass sie zum Start der Weltmeisterschaften in Teheran großzügig ein Feuerwerk spendierte (FR 22. 11. 2022).
„Zum ersten Mal steht ein breiter Querschnitt der iranischen Gesellschaft gemeinsam auf der Straße – jenseits von demographischen oder ethnischen Grenzen und dies schichtübergreifend. Obwohl es sich keineswegs um eine homogene Masse handelt, ist eine bemerkenswerte Solidargemeinschaft abseits der üblichen Trennlinien entstanden. Die Proteste sind unweigerlich eine Kampfansage an das System: Ziel ist die Abschaffung der bestehenden Ordnung und damit das Ende der Islamischen Republik“ so beschreibt die Irananalystin Azadeh Zamirirad die augenblickliche Lage im Land (SZ, 16. 11. 2022).
Der Staat reagiert mit brutaler und gesteigerter Gewalt. Nach seiner Rückkehr von der UN-Generalversammlung in New York am 23. September hatte Präsident Raisi die Ordnungskräfte im Iran aufgefordert, „entschlossen gegen alle vorzugehen, die die Sicherheit und den Frieden des Landes und des Volkes gefährden“ (Zitat in 53, S. 4). Dem entsprechend ergreifen Polizisten Demonstranten und Demonstrantinnen, werfen sie zu Boden, führen sie ab, schlagen sie mit Knüppeln, setzen Schlagstöcke und Tränengas ein, verhaften sie, schießen auf sie, töten.
Im ostiranischen Zahedan, der Provinzhauptstadt von Sustan und Belutschistan, haben die Revolutionsgarden am 30. September 2022 sogar von oben aus Hubschraubern auf Menschen geschossen. Anders als die schiitische Regierung ist die dortige Bevölkerung überwiegend sunnitisch, ebenso wie die Kurdinnen und Kurden (FR, 28. 11. 2022). „Es ist ein Krieg gegen die eigene Bevölkerung“ – so urteilt die Tageszeitung (taz, 8. / 9. 10. 2022).
„Kampf der Meinungs- und Pressefreiheit“ !
Internet und Mobilfunk sind landesweit gedrosselt, WhatsApp und Instagram sind gesperrt. Ausländische Journalist:innen werden derzeit nicht ins Land gelassen (SZ, 1./ 2. / 3. 10. 2022; SZ, 29. 9. 2022). Journalist:innen, die über die Umstände des Todes von Mahsa Jina Amini berichten wollten, sind spurlos verschwunden. Manche wurden auf der Straße festgenommen, bei anderen sind die Sicherheitskräfte nachts in ihre Wohnung eingebrochen und haben sie festgenommen oder vorgeladen (SZ, 1./2./3. 10. 2022).
Die Regierung läßt nach dem Tod von Mahsa Jina Amini vor allem Frauen verhaften: fünf mal mehr Frauen als Männer sind derzeit inhaftiert. Vor allem Journalistinnen kommen in Haft. Reporter ohne Grenzen berichtet, dass von den neuerdings verhafteten Journalist*innen die Hälfte Frauen sind. Ihre Stimmen sollen eliminiert werden.
Seit September 2022 wurden insgesamt 42 Medienschaffende festgenommen, von denen acht wieder freigekommen sind. 34 sind noch immer inhaftiert, unter ihnen sind 15 Journalistinnen – so viele wie noch nie.
Anlass zu großer Sorge geben die Journalistinnen Nilufar Hamedi und Elahe Mohammadi, die beide über die Umstände des Todes von Mahsa Jina Amini recherchierten. Beide sind seit Mitte Oktober im Gefängnis: „Propaganda gegen das System“ und „Verschwörung gegen die nationale Sicherheit“ werden ihnen vorgeworfen. Das kann die Todesstrafe zur Folge haben. Ihre mutigen Kolleginnen und Kollegen solidarisierten sich unter großer Gefahr mit ihnen: mehr als 500 Journalisten und Journalistinnen und Medienaktivistinnen und -aktivisten aus dem Iran forderten in einem öffentlichen Aufruf ihre Freilassung.
Die Reporterin Nazila Maroufian publizierte auf der Webseite Mostaghel ein Interview mit dem Vater von Mahsa Jina Amini. Es trug den Titel „Sie lügen!“ Er erklärte, seine Tochter habe keine Vorerkrankungen gehabt, die ihren Tod hätten verursachen können. Der Artikel wurde alsbald entfernt. Nazila Maroufian wurde verhaftet und in das berüchtigte Evin-Gefängnis in Teheran verbracht (taz, 15. 11. 2022).Der Journalist und Aktivist Hossein Ronaghi wurde aus dem Gefängnis entlassen und in ein Krankenhaus verlegt. Er befand sich seit Wochen im Hungerstreik. Die Journalistin Mariam Wahidian, die für die reformorientierte Zeitung Shargh arbeitet, wurde Ende November in ihrer Wohnung festgenommen (taz, 29. 11.2022).
Die Regierung Irans setzte Ende Oktober 2022 die Farsi–Redaktion der Deutschen Welle (DW) auf eine Sanktionsliste. Der öffentlich-rechtliche Auslandssender betreibt ein Nachrichtenprogramm in der iranischen Amtssprache Farsi. Wer auf der Sanktionsliste steht, kann mit Einreisesperren belegt werden, seine Konten im Iran können eingefroren werden. Zuvor schon war DW mit Drohungen und Einschüchterungs- versuchen überzogen worden. Aktive Mitarbeiter*innen der Redaktion reisten nicht mehr in ihr Land, weil sie und ihre Familien dort bei Ein- und Ausreise häufig verhört wurden. Aktuell droht das Regime nunmehr, gegen im Iran lebende Familienangehörige von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vorzugehen, sofern diese ihre kritische Berichterstattung fortsetzen würden. Außerdem haben Vertreter des Regimes „Personen im Iran kontaktiert, die einem DW-Mitarbeiter auf dessen Instagram-Kanal folgen“. Die Personen seien telefonisch oder in Verhören aufgefordert worden, dieses Verhalten zu beenden, wenn sie Konsequenzen für sich und ihre Angehörigen vermeiden wollten. „Die Familien von Journalisten werden für kritische Berichterstattung in Geiselhaft genommen“ urteilt Frank Überall, Bundesvorsitzender des Deutschen Journalistenverbands und fragt: „Was muss noch passieren, damit das Außenministerium dem Mullahregime endlich die rote Karte zeigt?“. Die Leiterin der Farsi-Redaktion der Deutschen Welle, Yalda Zarbakhch, jedenfalls versicherte: „Das wird uns nicht abhalten, weiter unseren wichtigen Job als Journalisten*innen mit iranischem Hintergrund zu erfüllen“ (taz, 28. 10. 2022; taz, 29. 11. 2022 –Zitate s.d.).
„Kampf den Regimegegnern“!
Mehr als 18 000 Personen wurden im Iran bisher festgenommen, so berichtet die Menschenrechtsorganisation „Human Rights Activists in Iran“. Die Vereinten Nationen sprechen von mindestens 14 000 Inhaftierten. Ihnen drohen Folter und u.U. Todesurteile (FR, 28. 11. 2022). Die Regierung plant, Sondergerichte einzurichten für Bürger:innen, die zum Protest auf die Straße gehen. Mit ihnen solle verfahren werden wie mit Vergewaltigern und Schwerverbrechern, so soll der Justizchef der Hauptstadt Teheran, Ali al-Ghassi Mehr angekündigt haben (SZ, 27. 9. 2022).
Die Protestierenden wiederum greifen Polizeistationen an, setzen Autos oder Müllcontainer in Brand, attackieren Polizisten und Angehörige der Basidj-Milizen.
Ende November streikten in vielen Städten die Lkw-Fahrer (taz, 29. 11. 2022).
Ungefähr zur gleichen Zeit begann in den kurdischen Gebieten Irans ein Generalstreik. Zuvor waren Bewaffnete der Revolutionsgarde in iranisch-kurdische Städte, z.B. in Mahabad eingerückt. Auf den Ladeflächen ihrer Pick-ups standen Maschinengewehre, mit denen sie wahllos in die Zivilbevölkerung schossen. Zur gleichen Zeit wurden die Stromverbindungen mit den Kurdengebiete gekappt und wurden Straßensperren aufgestellt, sodass die gesamte kurdische Region in- zwischen von der Außenwelt abgeschnitten ist (SZ, 26. 9. 2022; SZ, 25. 11. 2022).
Die Zahl der auf beiden Seiten im Zusammenhang mit den Protesten im ganzen Land Getöteten beläuft sich inzwischen auf mindestens 300 – dies teilte der Kommandeur der Luftfahrtabteilung der Iranischen Revolutionsgarden, General Amir-Ali Hadschisadeh in einem Video des Onlineportals Tabnak Ende November 2022 mit (FR 30. 11. 2022). Auch vor dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen war von einer solchen Zahl die Rede (SZ 25. 11. 2022). Sie ist nicht überprüfbar.
Allein im Jahr 2021 – das sei hier noch nachgetragen – wurden 314 Personen hingerichtet (taz, 29. 11. 2022).
Wer ist verantwortlich?
Die Regierung des Iran macht externe Kräfte für die jüngste Protestwelle verantwortlich. So behauptete Ajatollah Chamenei, der geistliche Führer, dass die Unruhen „das Werk der USA und des zionistischen Usurpatorenregimes“ seien (Zitat in 53, S.4). Bereits am 20. September verbannte er Personen aus dem Schlichtungsrat, die im Verdacht standen, dem Westen allzu sehr nahezustehen. Hassan Rohani, der vormalige Präsident, gehörte dazu (53, S. 4). Präsident Raisi sprach von „Krawallmachern und vom Ausland bezahlten Söldnern“, die die Sicherheit gefährdeten (SZ, 26. 9. 2022) und warf den USA vor, eine Politik der Destabilisierung des Iran zu betreiben (FR 14. 10. 2022). Der Kommandeur der Revolutionsgarden, General Hossein Salami, bezeichnete Deutschland als Satan, der zusammen mit den USA, Großbritannien, Frankreich sowie Israel und Saudi-Arabien Drahtzieher der Unruhen sei (SZ, 25. 11. 2022).
In iranischen Medien wurde behauptet, dass die Minderheit der Anhänger der Baha’i-Religion die Proteste initiiert hätten (FR, 30. 11. 2022). Angehörige dieser Minderheit wurden festgenommen (53, S.4).
Irans Zukunft: Demokratie?
Zur Zeit ist nicht klar, welches Ergebnis die große Protestbewegung im Iran haben wird. Steht ein baldiges Ende des islamistischen Regimes bevor? Wer wird danach die Führung übernehmen? Wird die nachfolgende Regierung demokratisch sein? Welche Position wird Iran im geopolitischen Kontext einnehmen? Welches Wirtschaftssystem wird etabliert, welche Außenpolitik betrieben werden? Und was wird aus dem Nuklearprogramm werden?
Bahman Nirumand, in Deutschland lebender Iran-Experte, kommentiert: “Die Proteste sind spontan, es gibt noch keinen klaren Plan, keine Organisation, keine Führung. Die Rebellierenden können ihr Ziel nur erreichen, wenn sie landesweit von Werktätigen, staatlichen Angestellten, vom Basar und anderen Bevölkerungsgruppen unterstützt werden und wenn es ihnen gelingt, das Militär, die Revolutionsgarden, ja sogar Teile des Regimes zu spalten….Zudem müssen sie eine für die Mehrheit der Bevölkerung überzeugende Alternative bieten. … Aber der Gottesstaat steht am Abgrund. Seine Tage sind gezählt“ (FR, 22. 10. 2022).
Farhad Payar, Leiter des regimekritischen online-Portals „Iranjournal“ , formuliert, es handle sich derzeit um eine „führerlose Bewegung“, Vorposten einer Revolution. Im Iran gebe es aber genügend politisch bewusste, demokratisch gesinnte Menschen. Auch Studierende zählen dazu, ebenso wie eine kontinuierlich unterdrückte Arbeiterbewegung. Unter all diesen Kräften gebe es viele Persönlichkeiten und Gruppen, die in der Lage seien, einen demokratischen Iran aufzubauen (FR, 23. 10. 2022).
David Ramin Jalilvand, Leiter der Politikberatung „Orient matters“ erklärt, es fehle bisher eine politische Vision, mit der sich die Mehrheit der Iraner*innen identifizieren könnte. Allerdings diskutierten die Menschen inzwischen darüber, wie ein „Danach“ aussehen könnte. Sie erörterten dabei grundsätzliche politische Fragen ebenso wie konkrete Fragen nach sozialer Gerechtigkeit oder nach der Rolle des Staates in der Wirtschaft. Gäbe es einen Putsch aus den Reihen der Revolutionsgarden, könnte eine Militärdiktatur entstehen. Das könnte bedeuten, dass ein paar mehr individuelle Freiheiten gewährt würden, die kommerziellen Interessen der Garden aber – und damit auch die ökonomischen Probleme großer Teile der Bevölkerung – weiterhin bestehen (SZ, 11. 10. 2022).
Die in Deutschland lebende Irananalystin Azadeh Zamirirad schreibt „Ein iranischer Bürgerkrieg ist ebenso wenig auszuschliessen wie ein Putsch durch die paramilitärischen Revolutionsgarden. Anzeichen für einen möglichen Staatsstreich, der in eine Militärdiktatur mündet, gibt es schon lange“ (SZ, 16. 11. 2022).
Die Islamwissenschaftlerin Katajun Amirpur stellt verschiedene Überlegungen an:
„Wenn über die Perspektive eines Umsturzes spekuliert wird, kommt oft das Argument, dass es keine Führungspersönlichkeit gebe. Aber vielleicht ist es ein Zeichen von Reife, dass man eine solche nicht sucht. Seinerzeit haben zu viele allein auf Chomeini vertraut. Heute glauben die Protestierenden an sich selbst. Und sie sind deutlich besser ausgebildet und informiert als die Menschen in den Siebzigern. …Frauen haben die Universitäten erobert. 65 Prozent der Studierenden sind Frauen. Der Anteil der Professorinnen beträgt 30 Prozent. Das birgt Potenzial für eine bessere Zukunft…..Iran hätte Glück, wenn sich eine Person fände, die eine Art von Führung übernehmen könnte, ohne ein Führer wie Chomeini sein zu wollen. Am vertrauenswürdigsten scheint die Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi zu sein, die Menschenrechtsanwältin. Sie ist ein strategisch denkender Mensch, hat sich ihre Integrität bewahrt“ (SZ, 31. 10./ 1. 11. 2022).
In der FR wird aktuell berichtet, dass die Sittenpolizei im Iran, die für die Einhaltung der Kleidungsvorschriften zuständig war, aufgelöst worden sei. „Die Sittenpolizei wurde aufgelöst, aber die Justizbehörde wird sich weiterhin mit dieser gesellschaftlichen Herausforderung auseinandersetzen“, so wird der Generalstaats-anwalt Mohammed-Dschafar Montaseri zitiert. Das bedeutet nicht das Ende des Kopftuchzwangs. Hierüber soll erst in zwei Wochen entschieden werden (FR 5. 12. 2022).
Ist diese Entscheidung der Regierung ein Ablenkungsmanöver oder ist sie ein – kleiner – Etappensieg?
Stand 12 / 2022
Iran: Kunst und Kultur
Es ist unmöglich, einen kurzen Überblick über die jahrhundertealte, außerordentlich vielfältige und hochentwickelte Kultur des Iran zu geben. Seit dem 3. Jh. v.u.Z. bis zum Ende des Safawidenreichs im frühen 18. Jahrhundert war dieses Land Zentrum des Austauschs der persischen mit anderen Kulturen im Bereich des Mittelmeers, Chinas und Indiens. Die vielen unterschiedlichen Kulturen durchdrangen und inspirierten sich gegenseitig. Baukunst,Miniaturmalerei, Fayencen, Teppichweberei, Kalligraphie, Koranschriften, Dichtkunst, Musik legen davon Zeugnis ab. Aber sie sind nur ein Ausschnitt aus den verschiedenen Kunstrichtungen und Kunstwerken im Iran.
Ab 30. Oktober 2021 bis zum 20.Februar 2022 wird im Pergamon Museum in Berlin eine Ausstellung mit dem Titel „Iran. Kunst und Kultur aus fünf Jahr- tausenden“ gezeigt – sie sei all denjenigen empfohlen, die ein diesbezügliches Interesse am Iran haben.
Bei uns leidlich bekannt sind frühe persische Dichter wie Ferdowski (940 – 1020), Djelaladdin Rumi (1207 – 1273), Saadi (1213-1292)und Hafis (1317-1390). Nicht zuletzt hat J.W. Goethe mit seinem Spätwerk „ West-östlicher Diwan“ ihnen ein Denkmal gesetzt: „Die Fruchtbarkeit und Mannigfaltigeit der persischen Dichter entspringt aus einer unübersehbaren Breite der Außenwelt und ihrem unendlichen Reichtum“ ( Goethe, Westöstlicher Divan, Frankfurt am Main 1974, S. 165; Divan ist der Begriff für eine Gedichtsammlung von Poesie und Prosa in der Literatur der islamischen Welt).
An dieser Stelle soll nur mehr über moderne iranische Literatur berichtet werden, denn die Arbeiten vieler iranischer Autoren*innen sind mittlerweile ins Deutsche übersetzt und somit allgemein zugänglich:
ROMANE (Autoren/innen alphabetisch):
Kader Abdolah
wurde 1954 in Teheran geboren, studierte Physik und war in der Studentenbewegung aktiv. 1988 floh er aus politischen Gründen mit seiner Familie nach Holland, wo er noch immer lebt. Sein Name ist ein Pseudonym, das er aus den Namen von zwei ermordeten Freunden gebildet hat. Das „Haus an der Moschee“ war in Holland ein Bestseller.
Die Reise der leeren Flaschen, 1997
Die geheime Schrift, 2000
Dawuds Traum, 2003
Das Haus an der Moschee, Berlin 2007
Monireh Baradaran
Die Autorin wuchs in einer politisch engagierten Familie auf. 1981 –zur Zeit der Schah-Diktatur- wurde sie zum ersten Mal verhaftet. Später erfolgte die zweite Verhaftung: die Regierung der Islamischen Republik Iran schickte sie für 9 Jahre ins Gefängnis. Inzwischen lebt sie im Exil in Deutschland. Im Dezember 1999 wurde ihr die Carl-von-Ossietzky Medaille verliehen. Sie repräsentiere das demokratische Potential in der iranischen Bevölkerung, in dem sie den systematischen jahrelangen Menschenrechtsverletzungen der Regierung mutig das Wort entgegensetze – so würde die Preisverleihung begründet. In ihrem Roman
„Erwachen aus dem Alptraum“ , Zürich 1998 berichtet sie über ihre 9-jährige Gefangenschaft.
Shida Bazyar
Geb. in Deutschland, lebt in Deutschland und schreibt über den Iran
Nachts ist es leise in Teheran, 2016
Amir Hassan Cheheltan
Der Autor wurde 1956 in Teheran geboren. Er studierte Elektrotechnik in England und nahm am Irakkrieg teil. Wegen der Bedrohung seiner Familie lebte er in Italien, Berlin und Los Angeles. Inzwischen lebt er wieder in Teheran. Cheheltan publiziert Romane und Essays. In der „ZEIT“, der FAZ, der SZ, etc. publiziert er Feuilletons.
Teheran, Revolutionsstraße, 2009
Der Kalligraph von Isfahan, 2. Aufl. München 2016
Der Zirkel der Literaturliebhaber, 2020
Eine Liebe in Kairo, 2022
Mohammad-Ali Dschamalsadeh
wurde 1892 in Isfahan geboren. In Frankreich studierte er Rechtswissenschaft,
lebte später in Berlin und arbeitete an der Botschaft des Iran. Von 1931 bis 1958 war er am Internationalen Arbeitsamt in Genf tätig. Er gilt als der erste moderne Schriftsteller Irans und ist einer der wichtigsten Vertreter der persischen Literatur im 20. Jahrhundert.
Im Garten des Hadschis. Persische Erzählungen, Frankfurt 1993
Mahmud Doulatabadi
wurde 1940 im Nordosten Irans geboren und arbeitete zunächst in der Landwirtschaft und im Handwerk. Nachdem er die Theaterakademie in Teheran absolviert hatte, war er eine Zeitlang Schauspieler. Zwei Jahre war er aus politischen Gründen inhaftiert. Heutzutage lebt er in Teheran und zählt zu den wichtigsten zeitgenössischen persischen Romanautoren. Bahman Nirumand hat viele seiner Arbeiten übersetzt.
Kelidar, Zürich 1997
Die Reise, Zürich 1999
Die alte Erde, Zürich 2000
Der Colonel, Zürich 2009
Nilufar, Zürich 2013
Fattaneh Haj Seyed Javadi,
1945 in Shiraz geboren, lebt in Isfahan. Ihr Roman
Der Morgen der Trunkenheit, Frankfurt und Leipzig 2000
wurde nach seiner Veröffentlichung im Jahr 1995 zum Bestseller im Iran.
Huschang Golschiri
wurde 1937 in Isfahan geboren. Er war zunächst Dorfschullehrer, studierte später Literatur. Zur Schah-Zeit wurde er aus politischen Gründen inhaftiert. 1981 verlor er -veranlasst durch die islamistische Politik- seinen Lehrauftrag an der Hochschule der Künste. Danach publizierte er in Teheran als freier Schriftsteller, Kritiker und gab Literaturzeitschriften heraus. Mit 134 anderen Künstlerinnen und Künstlern verfasste er einen Appell für die Meinungsfreiheit und die Gründung eines unabhängigen Schriftstellerverbandes im Iran. Dies trug ihm erneut Verhöre und vorübergehende Festnahmen ein. Im Jahr 2000 starb er im Alter von 63 Jahren.
„Der Kampf um die Freiheit des Wortes war für ihn eine Lebensaufgabe“, Zitat aus: Navid Kermani, Iran. Die Revolution der Kinder, München 2005, S.237
Der Mann mit der roten Krawatte, München 1998
Prinz Ehtedschab, München 2001 mit einem Nachwort von Navid Kermani
Abbas Maroufi
Geb. 1957 in Teheran, im Iran berühmt und verfolgt, Herausgeber und Autor einer literarischen Zeitschrift, lebt seit 1996 im Exil in Deutschland.
Symphonie der Toten, Frankfurt und Leipzig 1996
Im Jahr des Aufruhrs, Frankfurt und Leipzig 2005
Shahriar Mandanipur
1957 in Shiras geboren, ist einer der bekanntesten Autoren im Iran. Er studierte Politikwissenschaft und kämpfte im irakischen Krieg. Über 10 Jahre war er Chefredakteur einer Literaturzeitschrift, die aus politischen Gründen eingestellt wurde. Sein Roman
„Eine iranische Liebesgeschichte zensieren“, Zürich 2011,
konnte im Iran nicht publiziert werden. Für seine Werke hat er zahlreiche Preise bekommen.
Bahiyyih Nakhjavan
im Iran geboren, lebt und arbeitet heutzutage in England und Frankreich
Die Satteltasche, 2001
Scharnusch Parsipur wurde 1946 im Iran geboren. Sie gilt als bedeutende zeitgenössische Autorin des Iran und hat mehrere Romane und Erzählungen veröffentlicht. Auch sie gehört zu den 134 Autoren/innen, die in einem offenen Brief gegen Zensur protestierten. Sie wurde mehrfach verfolgt und schrieb ihren Roman 1983 im Gefängnis:
Tuba, Zürich 1995
Said
So lautete sein Künstlername. Als Mitglied und zeitweiliger Präsident des deutschen PEN-Zentrums sorgte der im Iran geborene Autor Said Mirhadi für die Unterstützung verfolgter Schriftsteller. Er kam 1965 nach Deutschland und kämpfte gegen das Schah-Regime. Nach dessen Sturz kehrte er voller Hoffnung in den Iran zurück. Diese Hoffnung musste er alsbald aufgeben: „Ideologische Diktaturen sind nicht reformierbar“ – so schätzte er später die Revolution der Ayatollahs ein. Sein Werk –Gedichte, Hörspiele, Prosa- verfasste er in deutscher Sprache. Er versuchte, zwischen Orient und Okzident zu vermitteln. Im Mai 2021 starb er in München.
Der lange Arm der Mullahs, München 1995
Landschaften einer fernen Mutter, München 2001
Freidoune Sahebjam
iranischer Journalist, lebt seit langem in Frankreich und wurde 1979 im Iran in Abwesenheit zum Tode verurteilt. 1987 kehrte er heimlich in den Iran zurück, um für sein Buch zu recherchieren, in dem er über die Steinigung einer zu Unrecht beschuldigten Frau bis zu ihrem Tod berichtet.
Die gesteinigte Frau, Hamburg 1992
Tirdad Zolghadr
geb. 1973, lebt heutzutage als Kurator und freier Kunstkritiker in Berlin. In der Besprechung seines Buches heißt es, es sei „…eine hervorragende Möglichkeit, mehr über das Teheran von heute zu erfahren“ (Andrej Kurkow).
Softcare, Köln 2008
SACHBÜCHER (chronologisch)
Mohssen Massarrat (Hrsg.), Mittlerer und Naher Osten. Geschichte und Gegenwart, eine problemorientierte Einführung, Münster 1996
Ryszard Kapuscinski, Schah-in-Schah. Eine Reportage über die Mechanismen der Macht und die Entstehung des iranischen Fundamentalismus, Frankfurt 1997/2007
Bahman Nirumand, Iran. Die drohende Katastrophe, Köln 2006
Bahman Nirumand, Der mühsame Weg in die Freiheit. Iran zwischen Gottesstaat und Republik, Springe 2022
Navid Kermani, Die Revolution der Kinder, 2. Aufl. München 2005
Michael Lüders, Allahs langer Schatten. Warum wir keine Angst vor dem Islam haben müssen, Freiburg 2007
Michael Lüders, Iran: Der falsche Krieg, Wie der Westen seine Zukunft verspielt, München 2012
Michael Lüders, Wer den Wind sät. Was westliche Politik im Orient anrichtet, München 2015
Michael Lüders, Die scheinheilige Supermacht. Warum wir aus dem Schatten der USA heraustreten müssen, München 2021
Charlotte Wiedemann, Der neue Iran. Eine Gesellschaft tritt aus dem Schatten,
München 2017
Ulrike Keding, Die heimliche Freiheit. Eine Reise zu Irans starken Frauen, Freiburg 2020
Ulrich Tilgner, Krieg im Orient. Das Scheitern des Westens, Berlin 2020
Anmerkungen:
- Bahman Nirumand, Iranische Paradoxien. Editorial, in: Edition Le monde diplomatique No. 27, 2020, Iran. Theokratie und Republik, S. 3
2) wikipedia, Politisches System des Iran, abgerufen 18. 5. 2021
3) Süddeutsche Zeitung (SZ), 17. 5. 2021
4) wikipedia, Ali Chamenei; abgerufen am 20. 5. 2021
5) Charlotte Wiedemann, Das Tuch und die Nation, in: Le monde diplomatique
(s.Anm. 1), S. 56 f.
6) Akram Kharief, Bedingt verteidigungsbereit, in: Le monde diplomatique (s. Anm.
1), S. 90 f.
7) Wilfried Buchta, Eine Armee für den Ayatollah, in: Le monde diplomatique
(s. Anm. 1), S. 17 f.
8) Wilfried Buchta, Undurchschaubar und Korrupt, in: Le monde diplomatique
(s. Anm. 1), S. 30 f.
9) Der neue Fischer Weltalmanach 2014, Frankfurt 2013, S. 209 f.
10) Der neue Fischer Weltalmanach 2015, Frankfurt 2014, S. 211 f.
11) Der neue Fischer Weltalmanach 2017, Frankfurt 2016, S. 213 f.
12) Der neue Fischer Weltalmanach 2019, Frankfurt 2018, S.221 f.
13) Deutsche Welle, 10. 4. 2021, Iran-neue-hoffnung-auf-einigung-im-atomstreit,
abgerufen am 6. 5. 2021
14) Deutsche Welle, 11. 4. 2021, irans-parlament-zeigt-präsident-rohani-an,
abgerufen am 6. 5. 2021, S. 1f.
15) Was wann geschah, Iran 1786-2020: eine kurze Chronik, in: Le monde
diplomatique (s. Anm. 1), S. 47
16) wikipedia, iranisches_atomprogramm, abgerufen am 23. 5. 2021, S. 37
17) Trita Parsi, Trumps Iran-Politik und Europa, in: Le monde diplomatique
(s. Anm. 1), S. 86 f.
18) Mohssen Massarrat, Die ökonomische Misere, in: Le monde diplomatique
(s. Anm. 1), S. 34 f.
19) Bahman Nirumand, Iran-Report 06 / 21, Berlin 2021, Heinrich Böll Stiftung, er-
scheint monatlich, abgerufen unter https://www.boell.de/iran-report
20) tageschau.de, Kernpunkte des Atomabkommens, abgerufen unter hintergrund-
atomabkommen-iran-101.html., Stand 8. 5. 2019
21) Charlotte Wiedemann, Iranische Verlassenheit, taz, 4. 12. 2019
22) amnesty international, Report 2017/2018, Frankfurt 2018, S. 213 ff.
23) Klemens Ludwig, Bedrohte Völker, 3. Aufl. München 1994, S. 41 – 44
24) Der neue Fischer Weltalmanach 2018, Frankfurt 2017, S. 215 ff.
25) amnesty international, Iran 2020, Report 7. 4. 2021
26) www.reporter-ohne-grenzen.de/iran, S. 1
28) www.reporter-ohne-grenzen.de/laender/nahost, 29. 3. 2021, S.1
29) s. Anm. 28, 1. 6. 2021, S. 1
30) www.reporter-ohne-grenzen.de/laender/nahost/iran/alle-meldungen, 20. 4. 2021,
S. 10
31) www.reporter-ohne-grenzen.de/themen/kampf-gegen-straflosigkeit/piru., 2021,
abgerufen am 10. 6. 2021
32) Doppelstaatsangehörige im iranischen Gefängnis, in: amnesty journal 3 / 2021,
S. 8
33) Der neue Fischer Weltalmanach 2016, Frankfurt 2015, S. 211 ff.
34) Charlotte Wiedemann, Das Tuch und die Nation, in: Le monde diplomatique,
s. Anm. 1, S. 57 – 59
35) https://taz.de/Todesstrafe-fuer-Journalisten-im-Iran, abgerufen am 12. 6. 2021,
36) Deutsche Welle, 28. 4. 2021, kritik-an-wahl-irans-in-un-gremium
37) Der Spiegel Nr. 22 vom 29. 5. 2021
38) Deutsche Welle, 2. 10. 2019, herbe-niederlage-für-iranische-frauenaktivisten,
2. 10. 2019
39) Nayereh Tohidi, Der Widerstand ist weiblich, in: Le monde diplomatique
(s. Anm. 1), S. 53 ff
40) wikipedia, Iran – Wirtschaftszahlen, Arbeitsmarkt, S. 62;
41) wikipedia, wirtschaft_des Iran, Staudammbau, abgerufen am 17. 6. 2021
42) wikipedia, Verfolgung der Bahai, abgerufen am 16. 6. 2021
43) wikipedia, Iran, Militär, S. 53, abgerufen am 18. 6. 2021
44) Charlotte Wiedemann, Der neue Iran, München 2017, S. 187 f.
45) Madjid Zarbakhsh, Geschichte und Probleme eines Vielvölkerstaats, in:
Le monde diplomatique (s. Anm. 1), S. 64 – 67
46) auswaertiges-amt.de/de/newsroom/, Menschenrechtsbeauftragte Kofler zur
Situation der Derwische des Gonabadi-Ordens im Iran, Pressemitteilung vom
20. 3. 2018, abgerufen am 14. 6. 2021
47) wikipedia, Ahl-e_ Haqq, abgerufen am 14. 6. 2021
48) Michael Lüders, Die scheinheilige Supermacht. Warum wir aus dem Schatten
der USA heraustreten müssen, München 2021
49) Bahman Nirumand, Iran-Report 7/21, Berlin 2021,Heinrich-Böll-Stiftung,
erscheint monatlich
50) Michael Lüders, Wer den Wind sät. Was westliche Politik im Orient anrichtet,
3. Aufl., München 2015
51) wikipedia, Mohammad Rasoulof, Berlinale, Pressemitteilung vom 9.3. 2020,
S. 1 f., abgerufen am 2. 8. 2021
52) Bahman Nirumand, Iran-Report 8/21, Berlin 2021, Heinrich-Böll-Stiftung,
erscheint monatlich
53) Mitra Keyvan, Iran – Die Mauer aus Angst ist gefallen, in: Le monde diplomatique
11/2022, S. 1 und 4
54) Elisa Tossi, Persischer Herbst, in: Archipel, Nr. 319, November 2022, S.6f.
Prof. Dr. Barbara Dietrich
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