Anwar Shah, * 1989 Pakistan, in Pakistan seit 2016 bedroht und nach Deutschland geflohen, 2021 von Abschiebung bedroht
Anwar Shah war Journalist in Pakistan und floh nach Deutschland, weil er und seine Familie In seinem Heimatdistrikt Kurram, einer der gefährlichsten Regionen Pakistans für Medienschaffende, bedroht und eingeschüchtert wurde.
In Deutschland ist er jedoch von Abschiebung in sein Heimatland bedroht. Aktuell (Februar 2021) befindet sich Shah im Klageverfahren beim Verwaltungsgericht Dresden.
Der 31-jährige Shah stammt aus Kurram, einem Distrikt im Nordwesten des Landes an der Grenze zu Afghanistan, früher als „Stammesgebiete“ bekannt. Die Region ist eine der gefährlichsten des Landes für Medienschaffende. Shah arbeitete dort mehrere Jahre als Journalist, unter anderem für die Tageszeitung DAILY NAI BAAT, FRONTIER POST, TRIBAL NEWS NETWORK und war Mitglied im Presseclub der Stadt Sadda.
Der Journalist wurde wegen seiner Berichterstattung immer wieder von verschiedenen Seiten bedroht. Nachdem er über das gewalttätige Vorgehen verschiedener Taliban-Gruppierungen im Distrikt geschrieben hatte, beschuldigten ihn die Taliban im Jahr 2016 des „Abfalls vom Glauben“, was eine Reihe von Bedrohungen nach sich zog. Wenige Monate später nahmen ihn Vertreter des pakistanischen Geheimdienstes kurzzeitig fest, nachdem er über eine gemeinsame Aktion des pakistanischen Militärs mit einer Taliban-Gruppierung in den „Stammesgebieten“ geschrieben hatte.
Als Shah über Korruption im Militär recherchierte, wurde im Mai 2019 seine Familie von Behördenvertretern aus ihrem Haus entführt. Shah flüchtete erst in die Provinzhauptstadt Peshawar und beschloss dann, das Land zu verlassen. Er kam im August 2019 in Deutschland an und stellte einen Asylantrag.
Gegenüber RSF betonte Shah, dass ihm und seiner Familie in seiner Heimat noch immer akute Gefahr droht. Am 7. Juli 2020 attackierten Unbekannte das Haus, in dem seine Angehörigen noch immer leben, mit einer Handgranate. Dabei entstanden Schäden am Haus, verletzt wurde aber niemand. Ein Vertreter des Sadda-Presseclubs sowie lokale Medienschaffende bestätigten gegenüber der dortigen Partnerorganisation von RSF „Freedom Network“ den Vorfall und versicherten, dass der gefährliiche Anschlag in Zusammenhang mit Shahs journalistischer Arbeit stand. Bisher wurde laut diesen Quellen niemand für den Vorfall zur Rechenschaft gezogen.
„Kritisch über Militär, Geheimdienst und die Taliban zu schreiben kann in Pakistan lebensgefährlich sein. Anwar Shah hat am eigenen Leib erfahren müssen, dass unabhängiger Journalismus den lokalen Autoritäten ein Dorn im Auge ist“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Nach allem, was wir an Informationen zusammengetragen haben, würde eine Rückkehr nach Pakistan eine akute Gefahr für Shahs Sicherheit, Gesundheit oder sogar sein Leben bedeuten. Er darf deshalb nicht abgeschoben werden, sondern muss die Chance erhalten, sich in Deutschland ein neues Leben in Sicherheit aufbauen zu können.“
Im Allgemeinen ist Pakistan für Journalistinnen und Journalisten außerordentlich gefährlich. Kritische Reporterinnen und Reporter müssen mit Drohungen, Misshandlungen und gezielten Anschlägen von Militärs, Geheimdienstangehörigen und militanten Gruppen wie den Taliban rechnen. Besonders geahndet werden Berichte über kritische Themen wie Menschenrechtsverletzungen etwa durch den Geheimdienst oder über die Blasphemiegesetze. Im Jahr 2020 wurden in Pakistan vier Journalisten in Zusammenhang mit ihrer Arbeit getötet.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Pakistan auf Platz 145 von 180 Staaten.
Stand: Februar 2021
Quelle: Reporter ohne Grenzen
Künstlerin: Susanne Köhler
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