Katsiaryna Andreyeva Bachwalowa, * 1993 Belarus, in Haft seit November 2020
Andreyeva ist Journalistin beim oppositionellen Fernsehkanal BELSAT TV. Die 27-Jährige wurde am 15. November 2020 zusammen mit ihrer Kollegin Daria Tschulzowa festgenommen.
Im Februar 2021wurden beide jungen Journalistinnen verurteilt, weil sie während eines friedlichen Protests in Minsk das gewalttätige Vorgehen der Polizei dokumentiert hatten. Sie berichteten über Proteste nach dem Tod des Aktivisten Roman Bondarenko (siehe unten). Die Polizei nahm dabei Dutzende Menschen fest – auch das filmten die Reporterinnen.
Während des Prozesses warf Staatsanwaltschaft den beiden Journalistinnen vor, die Proteste positiv in ihren Livestreams bewertet zu haben. Damit hätten sie die Menschen zu „illegalen Handlungen” veranlasst.
Andreyeva sagt, dass die Verhaftung und der Prozess nichts anderes sind als die Rache der Sicherheitsdienste für ihre journalistische Tätigkeit. Im Auto “versprachen” die Polizist*innen, die sie festnahmen, dass sie nach 10 Jahren Haft Polizeiuniformen in der Strafkolonie nähen würde.
Die Journalistinnen gabeen vor Gericht außerdem an, dass sie während des Livestreams keine Menschen kontrolliert oder koordiniert hätten. Da an dem Tag das Internet in der belarusischen Hauptstadt ausgeschaltet war, konnten viele Menschen den Livestream gar nicht verfolgen.
Die zwei Journalistinnen wurden schließlich für schuldig befunden, die „öffentliche Ordnung“ verletzt zu haben und zu zwei Jahren Straflager verurteilt. Während Daria Tschulzowa im September 2022 freigelassen wurde, wurde Katsiaryna Andreyeva Bachwalowa 2022 unter dem Vorwurf des „Staatsverrats“, den Amnesty International als falsch bezeichnete, zu weiteren acht Jahren Haft verurteilt.
Die Situation: Der getötete Aktivist Roman Bondarenko wurde im November 2020 in Minsk überfallen. Ihm wurden so schwere Verletzungen zugefügt, dass er daran starb. Danach kursierten Aufnahmen abgehörter Telefonate von Funktionären, die auf eine Verwicklung staatlicher Strukturen in den Fall hindeuten könnten. Lange weigerten sich die Behörden, Ermittlungen aufzunehmen. Nun habe die Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren eingeleitet, berichtete das unabhängige Portal TUT.BY.
Seit der weithin als gefälscht geltenden Präsidentenwahl am 9. August 2020 steckt Belarus in einer innenpolitischen Krise. Die Abstimmung löste Massenproteste aus, an denen sich zu Spitzenzeiten Hunderttausende Menschen beteiligten. Sicherheitskräfte gingen oft gewaltsam gegen die Menschen vor. Es gab mehr als 30 000 Festnahmen. Hunderte Menschen wurden verletzt, mehrere getötet. Zuletzt gab es noch kleinere Proteste, zumeist in Wohnvierteln in Minsk.
Lukaschenko hatte sich bei der Wahl nach 26 Jahren an der Macht mit 80,1 Prozent der Stimmen für eine sechste Amtszeit bestätigen lassen. Die EU erkennt ihn nicht mehr als Präsidenten an. Die Demokratiebewegung sieht die Bürgerrechtlerin Swetlana Tichanowskaja als Siegerin der Wahl. Die autoritäre Führung ging zuletzt verstärkt gegen Journalisten und Menschenrechtler vor.
Stand der Recherche: November 2024
Quelle: DPA, https://www.tagesspiegel.de/politik/sie-berichteten-ueber-proteste-gegen-lukaschenko-zwei-journalistinnen-in-belarus-zu-haftstrafe-verurteilt/26928228.html
Küntlerin Huriye Genc
Text: Gerhard Keller
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