Mohamed Cheikh Ould Mkhaitir, * 1983 Mauretanien, von 2014 – 2019 in Haft
2013 ging der junge Blogger Mkhaitir ein großes Wagnis ein: In seinem Artikel „Religion, Religiosität und Handwerker“ auf der Website AQLAME kritisierte er das Kastensystem in Mauretanien. Begebenheiten aus dem Leben des Propheten Mohammed würden dazu benutzt, die Versklavung von Menschen, die von Handwerkern abstammen, durch die mauretanische Oberschicht zu rechtfertigen. Kleriker erließen eine Fatwa gegen den Blogger und forderten seine Hinrichtung. Ein Geschäftsmann setzte gar eine Belohnung für seinen Tod aus.
Zwei Tage nach Veröffentlichung wurde Herr Mkhaitir am 2. Januar 2014 verhaftet und im Dezember 2014 wegen „Abfall vom Glauben“ zum Tode durch Erschiessen verurteilt. Der Blogger ging in Berufung.
Ende 2016 mussten Mkhaitirs Eltern aus dem Land fliehen und beantragten Asyl in Frankreich, da sie die ständigen Todesdrohungen nicht länger ertragen konnten.
Im November 2017 löste die Polizei in der Hauptstadt Nouakchott eine Demonstration auf und nahm vier Personen wegen Anstiftung zum Mord an Mkhaitir fest. Eine Woche später reduzierte das Berufungsgericht in Nouadhibou sein Todesurteil auf eine zweijährige Haftstrafe, die er bereits mehr als abgesessen hatte.
Jedoch rief diese Entscheidung im konservativen islamischen Staat Mauretanien Proteste hervor. Und Mauretanien befand sich damals im Wahlkampf. Der noch amtierende Staatspräsident Mohammed Ould Abdel Aziz liess verlauten: „Uns ist bewusst, dass er aus rechtlicher Sicht freigelassen werden sollte. Aber aus Sicherheitsgründen können wir nicht das Leben von mehr als vier Millionen Mauretanien aufs Spiel setzen. Millionen von Mauretaniern gingen auf die Straße und forderten seine Hinrichtung. Seine Freilassung würde bedeuten, dass das Chaos im Land andauern würde“. Menschenrechtsgruppen wie Reporter ohne Grenzen (ROG), amnesty internatonal und Human Rights Watch protestierten gegen Mkhaitirs fortbestehende Gefangenschaft und forderten den scheidenden Präsidenten im Juni 2019 dazu auf, in den letzten Wochen seiner Amtszeit die Freilassung Mkhaitirs zu erwirken. Doch anstatt ihn freizulassen verlegten die Behörden ihn in Einzelhaft an einem unbekannten Ort. Präsident Aziz und religiöse Führer begannen schließlich, die streng islamische Nation auf Mkhaitirs Freilassung „vorzubereiten“. Mkhaitir bekundete erneut öffentlichkeitswirksam Reue, ein in der Scharia vorgesehener Ausweg aus dem Dilemma. Seinen Anwälten wurde die Erlaubnis verweigert, ihn zu besuchen. Nach Angaben seiner Familie litt er unter Schmerzen, sei traumatisiert und habe einen Grünen Star. Er könnte erblinden, sollten die Behörden ihm eine angemessene medizinische Versorgung weiterhin verweigern.
Tatsächlich blieb Mkhaitir – über das gerichtlich angeordnete Strafmaß hinaus – insgesamt vier Jahre im Gewahrsam. Schließlich durfte der inzwischen 36-Jährige sein Gefängnis verlassen und konnte aus seinem Heimatland Mauretanien ausreisen. Aus Sorge um seine Sicherheit lebt er heute im Exil in Bordeaux / Frankreich. Seinen Aktivismus setzt er dort fort – während seiner Zeit im Gefängnis hatte er Französisch gelernt.
Er ist der am längsten festgehaltene Bürgerjournalist im frankophonen Afrika.
Quelle: Reporter ohne Grenzen, Deutsche Welle, wikipedia
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