Pelin Ünker, * 1983 Türkei, 2019 vorübergehend von Haft bedroht

Pelin Ünker, * 1983/84 Türkei, 2019 vorübergehend von Haft bedroht

Pelin Ünker ist eine türkische Investigativ-Journalistin. Als studierte Wirtschaftswissenschaftlerin arbeitet sie als Wirtschaftsredakteurin bei der Tageszeitung Cumhuriyet und unter anderem für die Deutsche Welle in Berlin.

  Sie deckte 2017 als Mitglied einer internationalen Gruppe von Journalisten Steuerhinterziehungen in großem Stil auf. Die Veröffentlichungen der „PANANMA PAPERS“ und „Paradise Papers“ sorgten für weltweite Skandale.

Bei ihrer Recherche über Briefkastenfirmen und Steueroasen stieß sie auf türkische Firmen mit Sitz in Malta. Sie fand einen Bezug zu dem Parlamentschef und ehemaligen Ministerpräsidenten Binali Yildirim und seinen Söhnen. Zur Steuervermeidung hatten sie in Malta fünf Offshore-Unternehmen gegründet. Diese wurden vom türkischen Staat mit Millionensummen bevorteilt. Ähnliche Verstrickungen hatte sie auch für die Familie Erdoğans aufzeigen können: Finanzminister Berat Albayrak, Präsidet Erdogans Schwiegersohn, hatte ebenfalls Verbindungen nach Malta. Nach der Veröffentlichung ihrer Artikel in Cumhuriyet zeigten Yıldırım und seine Söhne Ünker wegen übler Nachrede an. Auch der präsidentennahe Finanzminister erstattet wegen der Veröffentlichungen Anzeige gegen sie. Man eröffnete zwei Verfahren gegen die 34-Jährige. Wegen Diffamierung und Beleidigung eines hochrangigen Politikers wurde sie in Istanbul im Januar 2019 zu 13 Monaten Haft und einer Geldstrafe von 8 600 Türkischen Lira (etwa 1.360 €) verurteilt. Man geht davon aus, daß Ministerpräsident Yildirim ein schnelles Urteil für die Angeklagte erreichen wollte, da er als Bürgermeister von Istanbul für die Wahl zwei Monate später kandidierte und auf diese Weise den Eindruck erreichen wollte, unschuldig zu sein. Ende März 2019, nach den Bürgermeisterwahlen, wurden beide Verfahren bzgl. Haftstrafe fallen gelassen: wegen Ablauf der Frist für die Einreichung der Anklageschrift. Die Geldstrafe wurde jedoch bestätigt.

In den Paradise Papers hatten internationale Medien 2017 insgesamt 13,4 Millionen Dokumente veröffentlicht, in denen die Finanzgeschäfte von Politikern, Prominenten und Konzernen über Briefkastenfirmen offengelegt wurden. 

Die Paradise Papers wurden in der ganzen Welt verbreitet. In Malta wurde eine Journalistein – Daphne Galizia Caruana – vermutlich deswegen 2017ermordet, nur in der Türkei wurde eine Journalistin dafür vor Gericht gestellt. Mit solchen Entscheidungen möchte die Türkei kritische JournalistInnen zum Schweigen bringen. Die Entwicklung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Türkei ist schon lange weit mehr als bedenklich. Mit jedem ungerechtfertigten Urteil gegen JournalistInnen verschärft die türkische Regierung erneut die Einschränkung der Pressefreiheit. Bei der liberalen Zeitung Cumhuriyet zogen stramme Nationalisten in die Geschäftsführung ein, angesehene Journalisten verlassen die Zeitung oder werden gekündigt. Seit 2016 sind etwa 200 Medien per Notstandsdekret in der Türkei geschlossen worden. Ihnen wird die vermeintliche Nähe zu dem islamischen Prediger Fethullah Gülen oder zur PKK vorgeworfen, der laut türkischer Regierung Drahtzieher des Putschversuch im Sommer 2016 gewesen sein soll. Mittlerweile sind etwas 90 Prozent der türkischen Medien personell oder finanziell mit der türkischen Regierungspartei AKP verbunden. In einem Bericht des Auswärtigen Amts in Berlin in 2018 wird auf knapp 40 Seiten berichtet, daß Reporter für kritische Artikel festgenommen werden und ihnen Misshandlungen im Polizeigewahrsam drohen. Viele sitzen aufgrund konstruierter Anschuldigungen in Haft. Laut einem Bericht der Deutschen Welle sind es momentan ca. 160 Journalisten. Dazu kommen noch 100 Journalistinnen, gegen die ermittelt wird und welche monatelang im Gefängnis auf ein Urteil warten. (Stand 10. August 2019)

Quelle: Süddeutsche Zeitung, Deutsche Welle, Wikipedia

Künstlerin: Christine Krahè