Alexander Walterowitsch Litwinenko, *1962 Sowjetunion, ermordet 2006 Grossbritannien

Alexander Walterowitsch Litwinenko, *1962 Sowjetunion, ermordet 2004 Grossbritannien

Alexander Litwinenko war Offizier des sowjetischen Geheimdienstes KGB/ FSB. Er war Kritiker des russischen Präsidenten Wladimir Putin und musste aus Russland fliehen. In Grossbritannien arbeitete er als investigativer Buchautor und enthüllte Machenschaften der russichen Mafia und des Präsidenten Putin auch vor seiner Regentschaft. Litwinenko starb qualvoll in Folge eines Mordanschlags an einer Vergiftung mit 210Polonium in London.

Ab 1988 arbeitete Litwinenko in der Abteilung für militärische Spionageabwehr des sowjetischen Geheimdienstes KGB. In verschiedenen Konfliktherden der zerfallenden Sowjetunion und später Russlands war er an Kampfeinsätzen beteiligt. Beim FSB, der Nachfolgeorganisation des sowjetischen KGB in Russland, war Litwinenko im Kampf gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität eingesetzt.

1998 trat Litwinenko erstmals als Kritiker des russischen Machtapparates an die Öffentlichkeit: Auf einer Pressekonferenz in Moskau beschuldigte er zusammen mit Kollegen die Führung des Geheimdienstes FSB der Anstiftung zum Mord. Sie hätten von dieser den Auftrag bekommen, den damaligen Sekretär des Staatssicherheitsrats, Boris Beresowski, zu töten. Nach mehreren Inhaftierungen und Freisprüchen, bedroht vom Geheimdienst, floh Litwinenko mit seiner Familie zwei Jahre später nach Grossbritannien. Dort betätigte er sich als Journalist und Buchautor, finanziert vom ebenfalls in London lebenden Boris Beresowski und erhielt die britische Staatsbürgerschaft.

Litwinenko machte eine Reihe von Anschuldigungen öffentlich, die seine früheren Geheimdienstkollegen von KGB und FSB und den früheren FSB-Chef Wladimir Putin belasten oder diskreditieren:

  • Die Sprengstoffanschläge von 1999 auf Wohnhäuser in Moskau und anderen russischen Städten, bei denen rund 300 Menschen den Tod fanden, sei entgegen offizieller Behauptungen nicht von tschetschenischen Terroristen verübt worden. Vielmehr gingen die Anschläge auf das Konto des russischen Geheimdienstes FSB und dienten als Vorwand für die Entfesselung des Zweiten Tschetschenienkriegs.
  • 2003 behauptete Litwinenko, dass mindestens zwei der Tschetschenen, die das Moskauer Musical-Theater erstürmt hatten, in Wahrheit für den FSB gearbeitet hatten und vom FSB zur Geiselnahme angestiftet worden waren.
  • 2005 warf er dem von Putin geführten FSB vor, im Jahr 1998 einige al-Qaida-Führer in der an Tschetschenien angrenzenden Teilrepublik Dagestan trainiert zu haben.
  • 2006 sorgten Anschuldigungen gegen den italienischen Ministerpräsidenten Romano Prodi für Aufmerksamkeit. Litwinenko habe vor seiner Ausreise im Jahr 2000 vom ehemaligen stellvertretenden Direktor des FSB, Anatoli Trofimow erfahren, dass Prodi mit dem KGB zusammenarbeitete. 
  • Litwinenko beschuldigte 2006 Wladimir Putin der Veranlagung zur Pädophilie. 
  • Vor seinem Tod soll Litwinenko brisantes Material über die Zerschlagung des russischen Ölkonzerns Jukos gesammelt haben. Dies berichtete die britische Tageszeitung THE TIMES. Litwinenko habe Unterlagen besessen, die bewiesen, dass mehrere Mitarbeiter des Unternehmens verschwunden oder gestorben seien und dass die russische Regierung an diesen Verbrechen direkt beteiligt gewesen sei.
  • Diese Behauptungen konnten bislang von unabhängigen Medien weder bestätigt noch widerlegt werden

In der Nacht vom 1. zum 2. November 2006 zeigten sich bei Litwinenko starke Vergiftungssymptome wie häufiges, heftiges Erbrechen, Übelkeit, starke Bauchschmerzen und Atemnot. Am 3. November wurde er in ein Krankenhaus eingewiesen. In den folgenden Tagen verschlechterte sich sein Zustand rasant. Erst wenige Stunden vor dem Ableben fand man große Mengen des radioaktiven Polonium-Isotops 210 im Urin des 42-Jährigen.

Litwinenko starb am 23. November 2006 an den Folgen der durch Polonium verursachten Strahlenkrankheit. Nur wenige Stunden, bevor er das Bewusstsein verlor, erklärte Litwinenko in einem Interview mit der TIMES, dass er vom Kreml zum Schweigen gebracht worden sei.

Er hinterließ seine Frau Marina und einen zehnjährigen Sohn.

Aus seinem Abschiedsbrief:

„Während ich hier liege, höre ich in aller Deutlichkeit die Flügel des Todesengels. Möglicherweise kann ich ihm noch einmal entkommen, aber ich muss sagen, meine Beine sind nicht so schnell, wie ich es gerne hätte. Ich denke deshalb, dass es an der Zeit ist, ein oder zwei Dinge dem Menschen zu sagen, der für meinen jetzigen Zustand verantwortlich ist. Sie [Putin] werden es vielleicht schaffen, mich zum Schweigen zu bringen, aber dieses Schweigen hat einen Preis. Sie haben sich als so barbarisch und rücksichtslos erwiesen, wie Ihre ärgsten Feinde es behauptet haben. Sie haben gezeigt, dass Sie keine Achtung vor dem Leben, vor der Freiheit oder irgendeinem Wert der Zivilisation haben. Sie haben sich als Ihres Amtes unwürdig erwiesen, als unwürdig des Vertrauens der zivilisierten Männer und Frauen. Sie werden es vielleicht schaffen, einen Mann zum Schweigen zu bringen. Aber der Protest aus aller Welt, Herr Putin, wird für den Rest des Lebens in Ihren Ohren nachhallen. Möge Gott Ihnen vergeben, was Sie getan haben, nicht nur mir angetan haben, sondern dem geliebten Russland und seinem Volk.“

Der britische Abschlussbericht zur Untersuchung der Umstände seines Todes wurde am 21. Januar 2016 durch Sir Robert Owen offiziell vorgestellt. Der Bericht kommt zu dem Ergebnis, dass der russische Geheimdienst den Mord in Auftrag gegeben habe und die Operation „wahrscheinlich“ von Präsident Putin gebilligt wurde. Die mutmaßliche Täter, ebenfalls ein ehemaliger KGB/FSB-Kollege Litwinenkos hatten sich in Russland in Sicherheit gebracht und ist heute Geschäftsmann und Abgeordneter des Parlaments.

Der Filmautor Andrei Nekrassow hat unter dem Titel „Rebellion: die Affäre Litwinenko“ einen Dokumentarfilm zum Fall Litwinenko erstellt. Nekrassow begleitete Litwinenko in den letzten beiden Jahren vor dessen Tod. Der Film wurde auf den Filmfestspielen von Cannes 2007 im Hauptprogramm außer Konkurrenz gezeigt.

Quelle: Wikipedia

Künstlerin: Susanne Köhler