Giorgos Karaivaz, * 1968 Griechenland, ermordet 2021 Griechenland

Giorgos Karaivaz, * 1968 Griechenland, ermordet 2021 Griechenland

Giorgos Karaivaz war ein erfahrener Journalist, Polizeireporter und Blogger. Er arbeitete seit Jahrzehnten für diverse renommierte Zeitungen und Rundfunkmedien und betrieb zudem den Nachrichtenblog BLOKO.GR. Er war einer der wenigen Investigativjournalisten in seinem Metier, galt als freundlicher, zuversichtlicher Kollege und ruhiger Mensch.

In letzter Zeit berichtete Giorgos Karaivaz häufig über dunkle Geschäfte zwischen korrupter Beamter und der Unterwelt. Karaivaz galt aufgrund seiner Arbeit als bestens über die Unterwelt informiert. Er hatte mehrfach betont, dass kriminelle Banden in Griechenland mittlerweile so mächtig seien, dass sie sogar auf die Besetzung von Posten innerhalb der Polizei Einfluss nähmen. In griechischen Medien wird eine Recherche von Karaivaz vom November 2018 als «prophetische Reportage über die griechische Mafia» bezeichnet. Darin hatte er nachgezeichnet, wie mehrere Fälle ermordeter Personen miteinander zusammenhängen könnten.

In einem Blog-Beitrag 2020 beschrieb Karaivaz Korruption innerhalb der Polizei. Die Kreise, die in das zwielichtige bis kriminelle Nachtleben verstrickt seien, bestünden aus «Ministern, Regierenden, Unternehmern, Offizieren im aktiven Dienst und im Ruhestand, aus Richtern und Geistlichen».

Doch nicht nur in der kriminellen Unterwelt hatte sich Giorgos Karaivaz Feinde gemacht. In seinen Reportagen ließ er immer wieder Migranten, die Opfer von Polizeigewalt geworden waren, zu Wort kommen. Die NGO „Keerfa“, eine antirassistische und antifaschistische Menschenrechts-Organisation, die sich für Migranten einsetzt, schreibt: Karaivaz verklagte mehrmals Minister und Polizeibehörden wegen der Vertuschung von Polizeigewalt gegen Migranten.

Am 9. April 2021 kehrte Karaivaz von der Arbeit an einer Sendung auf STAR TV nach Hause zurück. Er parkte sein Auto neben einem kleinen Park in der Nähe seines Hauses im Athener Stadtteil Alimos, als ihm Unbekannte auflauerten. Zwei vermummte Männer flohen anschließend auf einem Motorrad. Der 52-Jährige wurde tot neben seinem Auto gefunden. Am Tatort lagen 13 Projektile. Nachbarn hatten nichts gehört, weshalb die Polizei davon ausging, dass es sich bei der Tatwaffe um eine Pistole mit Schalldämpfer gehandelt haben musste. 

Der stellvertretende Minister für den Zivilschutz, Economu, erklärte, es dürfte sich wohl um den Auftragsmord einer Mafia-Bande handeln. Die vermummten Täter auf dem Motorrad seien erkennbar Profi-Killer gewesen, erklärte auch die griechische Polizei. Zurzeit herrsche ein Bandenkrieg im organisierten Verbrechen. Innerhalb der letzten drei Jahre seien mehrere solcher sogenannter „hit-and run-Morde“ geschehen. 

Trotz des Versprechens der griechischen Regierung, schnell zu handeln, sind die Ermittlungen bis heute nicht vorangekommen. (Stand Juli 2021)

Die französische Zeitung LIBÉRATION stellte einen Zusammenhang zum „Fall Lignadis“ her. Der ehemalige Star-Regisseur soll in zahlreiche Missbrauchsskandale verwickelt gewesen sein. Viele Beobachter behaupten, dass Lignadis politischen Schutz genossen habe. Einen Tag bevor Karaivaz ermordet wurde, habe er im TV gesagt, dass Lignadis Zeit verschafft worden sei, um Beweismittel zu vernichten.

Ein ähnlicher Mord an einem kritischen Journalisten in Griechenland hatte sich 2010 ereignet. Damals war der Reporter Sokratis Giolias erschossen worden. Das Verbrechen ist bis heute unaufgeklärt.

 

Die Polizeigewerkschaft Deka nennt Giorgos Karaivaz einen Demokraten und Antifaschisten, der Investigativjournalismus betrieben habe. Diese Sorte Journalismus habe es in Griechenland in den letzten Jahren nicht leicht gehabt. Wie nur wenige habe Karaivaz an die Notwendigkeit von Polizeigewerkschaften geglaubt und deren Arbeit für eine Demokratisierung und mehr Transparenz unterstützt.

Morde dieser Art sind sehr selten in Griechenland. Dementsprechend geschockt sind Öffentlichkeit und Medienschaffende. „Willkommen in Mexiko“, titelte die Tageszeitung DIMOKRATIA. „Wir sind das Kolumbien des Balkans geworden“, stand auf der Titelseite der  KOTRA NEWS.

„Wer glaubt, auf diese Weise Journalisten zum Schweigen zu bringen, täuscht sich“, betonte die Präsidentin des Athener Journalistenverbands ESIEA, Maria Antoniadou, in einer viel zitierten Presseerklärung. Sie war kurz nach dem Mord am Tatort. Allein in ihrem Verband seien weitere 6099 Journalisten organisiert, „die weiter recherchieren werden. Niemand wird die journalistische Arbeit in Griechenland aufhalten“.

Giorgos Karaivaz hinterlässt eine Frau und ein Kind.

Quellen: https://www.dw.com/de/toter-journalist-in-griechenland-polizei-geht-von-auftragsmord-aus/a-57156058

https://www.spiegel.de/panorama/justiz/athen-griechischer-journalist-auf-offener-strasse-erschossen-a-f17da89d-4c1b-4f6d-b19f-c85edf05317f

https://www.sueddeutsche.de/medien/griechenland-organisiertes-verbrechen-polizeireporter-mord-1.5261263

https://www.msn.com/de-ch/nachrichten/other/der-mord-am-journalisten-giorgos-karaivaz-r%C3%BCckt-die-untaten-der-griechischen-mafia-ins-scheinwerferlicht/ar-BB1fFrJQ

Wikipedia

Künstlerin: Susanne  Köhler