Israa Abdel Fattah, * 1981 Ägypten, mehrmals inhaftiert, seit 2019 in Haft

Israa Abdel Fattah, * 1981 Ägypten, mehrmals inhaftiert, seit 2019 in Haft

Die Menschenrechtlerin, Journalistin und Bloggerin Israa Abdel Fattah arbeitete bei der regierungsnahen Zeitung AL-YOUM AL-SABEA und Mitbegründerin der „Jugendbewegung des 6. April (2008)“, die für mehr Arbeitnehmerrechte in Ägypten demonstrierte. Sie gehörte zu den wichtigsten Organisatoren des „Arabischen Frühlings“ und wurde für den Friedensnobelpreis nominiert, welcher ihre Rolle bei der Mobilisierung zu den Protesten in Ägypten und ihr Bekenntnis zur Gewaltlosigkeit hervorhob.

Am 12. Oktober 2019 wurde die 38-Jährige in Kairo in ihrem Auto von Sicherheitsbeamten in Zivil angehalten und an einen unbekannten Ort gebracht. Dort war sie einem mehrstündigen Verhör ausgesetzt, bei dem ihr Shirt ausgezogen wurde, sie gewürgt und geschlagen- und 8 Stunden an ihren Händen über Kopf in Handschellen aufgehängt wurde, während die Beamten sie über ihre Social-Media-Aktivitäten und den Kontakt zu Personen befragten. Später wurde sie von einem Gericht in Kairo wegen der „Verbreitung von Falschnachrichten“ und „Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung“ zu einer 15-tägigen Haftstrafe verurteilt, die bis heute alle zwei Wochen gerichtlich erneuert wird. Sie befindet sich im Frauengefängnis von Qanati und begab sich mehrere Male aus Protest in den Hungerstreik.

Rückblick: Israa Abdel Fattah war mit dem Ingenieur Ahmed Maher 2005 im Wahlkampf der Al-Ghad-Partei bekannt geworden. 2008 gründete sie mit ihm eine Gruppe auf Facebook, um einen für den 6. April geplanten Streik zu unterstützen. Auf der Demonstration am 6. April 2008 wurde sie für 14 Tage inhaftiert und zog sich danach aus dem politischen Geschehen zurück. Die „Jugendbewegung des 6. April“ blieb jedoch bestehen und war mit die Initialzündung der Proteste des „Arabischen Frühlings“ 2011 in Kairo, die durch das tunesische Vorbild den Sturz des Präsidenten forderten. Zehntausende von meist jugendlichen Demonstranten, Gewerkschafter, Beamte und kleine Gewerbetreibende, darunter viele Frauen, protestierten ab dem 25. Januar 2011 auf dem Tahrir Platz, dem zentralen Platz von Kairo, um staatliche Willkür, Polizeigewalt und schlechte Regierungsführung anzuklagen. Sie forderten bessere Lebensverhältnisse, Freiheit und soziale Gerechtigkeit und den Sturz des Regimes von Mubarak, der mit harter Hand und Repression regierte. Die Führung in Ägypten reagierte bei den Demonstrationen härter als in Tunesien: Das Regime entsandte Provokateure und bezahlte Schlägerbanden, die auf die Demonstranten losgingen. Hunderte verloren dabei ihr Leben. Doch die Demonstranten gaben nicht nach. Am 11. Februar 2011 gab Mubarak auf und trat zurück. Im darauffolgenden November fanden neue Wahlen statt, jedoch war das Resultat nicht im Sinne der Demonstranten. Die islamistischen Parteien gingen als Gewinner hervor. Der Kandidat der Muslimbrüder, Mohammed Mursi, gewann durch den Einfluß seiner Partei in den ländlichen Regionen. Doch er bekam weder die Unterstützung des Militärs, noch die der Beamten oder der Justiz. Die wirtschaftliche Lage war desolat, der Tourismus komplett eingebrochen und die Schulden stiegen. Die Muslimbrüder wollten im Eiltempo das Land in einen islamistisches Land umbauen. Am 3. Juli 2013 übernahm der damalige Militär-Oberbefehlshaber el-Sissi in einem Putsch die Macht und Mursi wurde abgesetzt und zum Tode verurteilt. Letzte Demokratische Organisationen und Parteien wurden als „terroristische Vereinigungen“ zerschlagen. Die Medien wurden unter el-Sissis Führung und späterer Präsidentschaft gleichgeschaltet und Grundrechte außer Kraft gesetzt. 

Heute existieren die demokratischen Institutionen in Ägypten nur noch auf dem Papier. Mehr als 4300 Demonstranten sitzen in ägyptischen Gefängnissen. Die Haftbedingungen haben sich seit der Präsidentschaft el-Sissis verschlechtert. Bei einem Besuch in Kairo sprach Außenminister Heiko Maas das Problem der Inhaftierten des „Arabischen Frühlings“ an und bat um deren Freilassung. Menschenrechtler fordern Deutschland und die europäischen Staaten auf, die Waffenexporte und den Export technologischer Produkte nach Ägypten zu stoppen. Ägypten war 2019 Deutschlands zweitgrößter Waffenkunde. Waffen, die in Ägypten gegen die eigene Bevölkerung verwendet werden. (Stand: November 2020)

Quelle:  Deutsche Welle, Welt.de, Middle East Eye, Front Line Defenders, vorwärts.de, Wikipedia

Künstlerin: Christine Krahé