Igor Lednik, *1961 Belarus, gestorben 2024 in Haft in Belarus
Igor (Ihar) Lednik war ein Autor und Aktivist aus dem belarussischen Borisow. Er hatte sich für das Ende der Belarussischen und Russischen Sowjetrepubliken eingesetzt.
1994 verzichteten mit dem „Budapester Memorandum“ die ehemaligen Sowjetrepubliken Ukraine, Kasastan und Belarus auf ihre Atomwaffen aus Sowjet-Beständen, verbunden mit deren Beitritt zum Atomwaffensperrvertrag. Als Gegenleistung für die Beseitigung aller Nuklearwaffen auf ihrem Territorium wurde den drei ehemaligen Sowjet-Republiken von den USA, Großbritannien und Russland zugesichert, ihre Souveränität und ihre bestehenden Grenzen zu achten. Eine Vereinbarung, die Wladimir Putin dann 2014 mit der Annexion der Krim erstmals gebrochen hat.
Lednik war der Meinung, dass die Verletzung des „Budapester Memorandums“ zur Errichtung einer Diktatur in Belarus geführt habe und zur Annäherung des Landes an Russland geführt habe. Damit sei die europäische Sicherheit in der Region untergraben worden.
Am 28. Dezember 2020 war in der Zeitschrift POSIZIJA (Parteiorgan der belarussischen Sozialdemokratischen Partei) sein Artikel mit der Überschrift „Die international anerkannte Neutralität von Belarus – Garantie für die die Sicherheit in der OSZE-Region“ erschienen.
Igor Lednik wurde am 12. April 2022 festgenommen und zu drei Jahren Strafkolonie verurteilt worden – wegen Verleumdung des Präsidenten der Republik Belarus (Artikel 367, Absatz 2 Strafgesetzbuch).
Ein Gericht urteilte, dass in seinem o.g. Zeitschriften-Artikel „vorverurteilende, unzuverlässige Informationen (enthalten seien), die Alexander Lukaschenkos Ehre und Würde verunglimpften und ihn besonders schwerer Verbrechen, einschließlich Verbrechen gegen die Sicherheit der Menschheit, beschuldigten.“
Im Gefängnis verschlechterte sich Igor Ledniks Gesundheitszustand. Er hatte sowieso schon Herzproblem, wurde auch am Magen-Darm-Trakt operiert und hatte einen künstlichen Darmausgang. Nach Aussagen von Ales Golowniks, einem ehemaligen politischen Gefangenen, hätten sich die Gefängniswärter über den kranken Igor Lednik lustig gemacht. Sie hätten ihm nicht erlaubt zu duschen und im Gefängniskiosk einzukaufen. „Er hat mir gesagt, dass er in dem Straflager wohl bald sterben werde. Sein Gesundheitszustand verschlechtere sich ständig, und wenn er keine qualifizierte, moderne medizinische Behandlung erhielte, würde er schon allein körperlich nicht mehr bis zu seiner Freilassung durchhalten.“
Diese wäre erst 2025 gewesen.
Ein anderer Mitgefangener berichtete später: „Ich traf Igor in der medizinischen Abteilung (des Gefängnisses der Strafkolonie Nr. 2) (…) Wir wurden Freunde. Er war ein wunderbarer Mensch, sehr klug, interessant. Sein Gesundheitszustand war zu diesem Zeitpunkt bereits sehr schlecht. Aus diesem Grund wurde Igor nicht einmal der Abteilung zugeteilt. Igor wartete und hoffte, dass man ihn in die Stadt bringen würde, in ein ziviles Krankenhaus, und dass er dort wenigstens einigermaßen behandelt werden würde. „
Doch Igor Lednik starb am 21. Februar 2024 im Gefängnis.
Nach dem Tod des 63-Jährigen sprach die belarussische Menschenrechtsgemeinschaft der Familie, den Angehörigen und Freunden von Igor Lednik ihr tiefes Beileid zu seinem Tod aus. Auf der Webseite von WJASNA/VIASNA schreiben sie:
„Wir möchten betonen, dass die Verweigerung der medizinischen Versorgung von den Behörden häufig als Druckmittel gegen politische Gefangene eingesetzt wird, was inakzeptabel ist und als Folter bzw. grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung oder Strafe angesehen werden kann.
Darüber hinaus liegt es auf der Hand, dass der fünfte Tod eines politischen Gefangenen in einer Haftanstalt in so kurzer Zeit aufgrund der Unterlassung einer angemessenen medizinischen Versorgung die Folge einer systematischen staatlichen Politik der unmenschlichen Behandlung von Menschen aus politischen Motiven ist.“ Sie forderten von den belarussischen Behörden von der Generalstaatsanwaltschaft der Republik Belarus und dem Untersuchungskomitee der Republik Belarus – ein Strafverfahren zum Tod von Ihar Lednik einzuleiten und eine objektive und umfassende Untersuchung durchzuführen, um die Ursachen dieser Tragödie zu ermitteln, und die Öffentlichkeit über die Ergebnisse dieser Untersuchung zu informieren.
Igor Lednik war ein weiterer politischer Gefangener, der in belarussischer Haft aus gesundheitlichen Gründen ums Leben gekommen ist. Nur weil er eine unbequeme Wahrheit öffentlich bekundet hatte.
Quelle: TAZ, Wikipedia, Charter97.org, Viasna
Künstlerin: Susanne Köhler
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