Ismail al-Ghoul, * 1997 Palästina / Gaza, ermordet 2024
Ismail Al Ghoul arbeitete für den von Katar finanzierten arabischen Fernsehsender AL JAZEERA. Al Ghoul war einer der wenigen Reporter, die im nördlichen Gazastreifen während des Angriffs Israels verblieben waren. Er hatte mehr als 620.000 Instagram-Follower und war durch seine Auftritte bei AL JAZEERA bekannt.
Am 18. März 2024 war Ismail Al Ghoul fast 12 Stunden lang von den israelischen Streitkräften festgehalten worden. In einem Interview mit seinem Sender erzählte Al Ghoul, wie er und mehrere andere Journalisten von IDF-Soldaten angegriffen wurden. Sie hätten das Zelt der Journalisten zerstörten und ihre Ausrüstung und Pressefahrzeuge beschädigt. Al Ghoul sagte, die Journalisten seien angewiesen worden, sich bei der Kälte auszuziehen, und wurden mit verbundenen Augen und in Handschellen in einem Raum des Al-Shifa-Krankenhauses festgehalten. Obwohl Al Ghoul erklärte, dass der größte Teil des AL JAZEERA-Teams freigelassen wurde, konnte er die Freilassung aller Mitglieder nicht bestätigen, da ihre Mobiltelefone, Laptops und Ausrüstung von den israelischen Streitkräften zerstört worden waren. Der Freilassung der Journalisten vorausgegangen waren Anfragen des US-Außenministeriums zu seiner Inhaftierung und Aufrufe von Organisationen wie CPJ und AL JAZEERA.
„Das CPJ begrüßt die Freilassung des Al Jazeera-Journalisten Ismail Al Ghoul und einiger anderer Journalisten, die am Montag von Israel angegriffen und inhaftiert wurden. Wir sind jedoch nach wie vor äußerst besorgt darüber, dass sie daran gehindert wurden, über eine größere Militäroperation zu berichten, wodurch ihnen ihre Rechte auf Pressefreiheit verweigert wurden“, sagte ein Sprecher von CPJ. „Darüber hinaus sind seit Beginn des israelischen Gaza-Krieges im Oktober noch zahlreiche andere Journalisten inhaftiert. Auch sie sollten freigelassen werden, und ihre Stimmen sollten nicht zum Schweigen gebracht werden.“
Israel beschloss im Mai 2024, die Arbeit von AL JAZEERA-Journalisten auf israelischem Staatsgebiet zu unterbinden. Die Webseite ist seitdem blockiert. Nach Ansicht der israelischen Regierung unterstütze AL JAZEERA den Terror der Hamas, berichtete die TAZ. Die arabische Version von AL JAZEERA gelte in der arabischen Welt als Katar-freundlich und Sprachrohr der Bewegung der Muslimbrüder.
Seit dem 7. Oktober 2023 ist es vor allem den Teams von AL JAZEERA zu verdanken, dass die Bilder der Zerstörungen im Gazastreifen durch die israelische Armee auf den Mobiltelefonen in aller Welt landen.
Am 31. Juli 2024 hatte sich Ismail al-Ghoul und sein Kollege, der Kamermann Rami al-Refee auf den Weg zum Wohnhaus des zuvor getöteten Hamas-Anführer Ismail Hanija gemacht. Ihr Auto war mit der Aufschrift „PRESS“ versehen, als sie in den Bezirk Aidia von Gaza-Stadt fuhren. Beide trugen bei den Aufnahmen vor dem von Bomben zerstörten Gebäude blaue Helme und Westen, ebenfalls mit der Aufschrift „PRESS“versehen, um eindeutig als Journalisten erkennbar und vor Angriffen geschützt zu sein. Nach Überzeugung der weiterhin in Gaza arbeitenden Journalisten wurden sie in dem Moment von der israelischen Armee nur aus einem Grund ins Visier genommen: „Sie sollten nicht über Ismail Hanija berichten“, so Mohamed, ein Mitarbeiter des in Israel verbotenen TV-Senders, schreibt die TAZ.
Nachdem der 27-Jährige nur wenige Minuten vor dem Haus Aufnahmen und vor der Kamera einen „Aufsager“ gemacht hatte, kreiste eine Drohne am Himmel. Die beiden Journalisten brachen die Aufnahmen ab und stiegen in ihren Wagen. Da es in der Gegend keinerlei Kämpfe gab, fühlten sie sich offenbar trotz der Drohne nicht in akuter Gefahr. Die Journalisten verließen das Gebiet in zwei Fahrzeugen. Etwa fünf Minuten später, als sie langsam in das Zentrum von Gaza fuhren, schlug eine Rakete in den Wagen von Al Ghoul und Al Refee ein. Ein Jugendlicher in der Nähe wurde dabei tötete sowie die beiden Insassen. Das Video von dem schwer beschädigten Fahrzeug mit der Leiche von al-Ghoul macht überall in der arabischen Welt die Runde. AL JAZEERA geht davon aus, dass ihre Journalisten absichtlich angegriffen wurden.
Nach diesem Attentat trafen sich in Gaza viele der noch verbliebenen Journalist:innen, um gegen dieses Vorgehen zu protestieren. Sie stapelten ihre blauen Westen, die sie vor Splittern schützen sollen, und ihre Helme vor sich auf den Boden und schwiegen.
Die TAZ schreibt am 9.1.2025 über die die Tötung von al-Ghoul und wie schwierig es sei, die Unterscheidung von Journalisten und Terroristen zu verifizieren:
„… Im vergangenen Juli tötete die IDF den Al-Jazeera-Korrespondenten Ismail al-Ghoul – ein Hamas-Mitglied, sagt die IDF. Belegen soll das laut der Armee der Screenshot einer Excel-Tabelle, die al-Ghoul als Mitglied der Al-Qassam-Brigaden listet. Die Echtheit der Tabelle konnte die taz ebenfalls nicht verifizieren.
Eine IDF-Sprecherin sagt, al-Ghoul habe Anschläge gegen israelische Soldaten aufgezeichnet und veröffentlicht, was „ein wesentlicher Bestandteil der militärischen Aktivitäten der Hamas“ sei. Er habe zudem am 7. Oktober teilgenommen. Reporter ohne Grenzen sagt, dass es begründete Zweifel an dieser Argumentation gebe – und forderte zu diesem und weiteren Fällen eine Untersuchung durch den Internationalen Strafgerichtshof, der dazu noch ermittelt.“
(Stand der Recherche: Januar 2025)
Quelle: TAZ
Künstler: Achim Ripperger
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