Kunchok Jinpa, * 1970 China / Tibet, seit 2013 in Haft und 2021 an den Folgen gestorben

 

Kunchok Jinpa, *1970 China / Tibet, seit 2013 in Haft und 2021 an den Folgen gestorben

Kunchok Jinpa wurde bereits in sehr jungen Jahren im Kloster Chokhor Jampa Ling in Tibet zur klösterlichen Ausbildung eingeschrieben. Im Oktober 1989 floh er nach Indien und setzte seine Ausbildung als Mönch fort. Später entkleidete er sich und wurde 1991 in der „Suja Tibetan Children Village School“ in Bir eingeschrieben. Im Jahr 1996 trat er in das „Zentralinstitut für Höhere Tibetische Studien“ in Sarnath, Varanasi, ein. 1998 kehrte er nach Tibet zurück, wo er seitdem als Reiseleiter arbeitete. Sein letzter Besuch in Indien war im Jahr 2012, als er an einer Unterweisung des Dalai Lama teilnahm.

Herr Jinpa sprach Tibetisch, Englisch, Hindi und Chinesisch und war bei den Menschen in seiner Region hoch angesehen.

Seit Tibet durch eine Eisenbahnverbindung besser erschlossen wird, werden die riesigen Vorkommen von Rohstoffen rücksichtslos gegen Kultur unnd Natur abgebaut. Lokale Heiligtümer werden dabei nicht verschont. Nicht nur die chinesische Zentralregierung profitiert von der Besetzung Tibets.

Investoren auf der ganzen Welt sind Nutznießer dieses Raubbaus.

Die Verhaftung von Kunchok Jinpa geht auf Proteste gegen ein Bergbauprojekt am Berg Naghla Dzambha in Driru im Jahr 2013 zurück. Dabei versuchten die lokalen Behörden im Oktober 2013 mit Bergbauaktivitäten am „Naghla Dzambha Berg“ zu beginnen. Der Berg gilt als heilige Stätte und die Pläne, dort Bergbau zu betreiben, veranlassten Tausende von Tibetern zu Protesten. Die Demonstrationen wurden gewaltsam niedergeschlagen, Tausende wurden verhaftet. Kunchok Jinpa teilte Informationen über diese gewaltlosen Proteste mit der tibetischen Gemeinschaft in Indien. Er forderte auch Umweltschutz und ein Verbot des Bergbaus in der Region. In der Zwischenzeit wurden im Landkreis Driru weitere harte Maßnahmen ergriffen, darunter weitere Massenverhaftungen, intensivere Überwachungsmaßnahmen und zahlreiche Propagandakampagnen. Alle Kommunikationskanäle wurden eingeschränkt und das Internet wurde abgeschaltet. Dorfbewohner wurden gezwungen, die rote chinesische Flagge außerhalb ihres Hauses zu hissen und diejenigen Tibeter, die sich weigerten, wurden verhaftet. Die Proteste weiteten sich auf andere Teile der Region aus. Aufgrund der strengen Restriktionen und der Blockade der Kommunikation ist der Aufenthaltsort und der Zustand von Tausenden von Menschen, die bei diesen Protesten verhaftet wurden, bis heute unbekannt.

Der Touristenführer und Blogger Jinpa verschwand, seine letzte Nachricht an Freunde im April 2013 lautete:

 „Ich bin jetzt am Ufer eines Flusses. Es sind viele Leute hinter mir, die mich beobachten, und ich bin sicher, dass ich verhaftet werde. Selbst wenn sie mich verhaften, habe ich keine Angst, selbst wenn sie mich töten, bereue ich es nicht. Aber von jetzt an werde ich keine Berichte mehr geben können. Wenn es keine Nachricht von mir gibt, bedeutet das, dass ich verhaftet worden bin.“

Am 8. November 2013 wurde er zu einer 21-jährigen Haftstrafe verurteilt.

Offiziell wurde er angeklagt, weil er „Staatsgeheimnisse“ über Umweltproteste und andere Protestaktionen in seiner Heimatregion an ausländische Medien weitergeleitet habe. Seitdem gab es keine Berichterstattung mehr zu den vorausgegangenen Ereignissen.

Außerhalb der Volksrepublik China war bis zuletzt nichts weiter über seine Gerichtsverhandlung oder seine Verurteilung bekannt geworden.

Seine Familie wusste jahrelang nichts über seinen Verbleib.

Traurigerweise erlag der 51-jährige Kunchok Jinpa am 6. Februar 2021 in einem Krankenhaus in Lhasa seinen Verletzungen, nachdem er weniger als drei Monate zuvor ohne Wissen seiner Familie aus der Haft dorthin verlegt worden war. Lokalen Quellen zufolge sei der 51-Jährige nach einer Gehirnblutung gelähmt gewesen.  Er starb an den Folgen von Folter und Misshandlungen, die er in der chinesischen Haft erleiden musste.

Zwei Todesfälle von im Gefängnis misshandelter Mönchen

Im Zusammenhang mit dem Tod von Kunchok Jinpa im Jahr 2021 weist ICT (International Campaign for Tibet) abermals auf die Vielzahl dokumentierter Fälle hin, in denen Tibeter im Gefängnis Folter und Misshandlungen ausgesetzt waren. Wie Herr Jinpa starben unter anderem die Mönche Tenzin Nyima und Choekyi, die dreifache Mutter Lhamo sowie viele weitere Tibeter, nachdem sie in Haft misshandelt worden waren oder weil sie nach ihrer Haftentlassung eine mangelhafte medizinische Behandlung erhielten.

Der 19-jährige tibetische Mönch Tenzin Nyima starb kurz nach seiner Haftentlassung an schweren Verletzungen, die ihm durch Schläge im Gefängnis zugefügt wurden. Zuvor war Tenzin Nyima am 9. November 2019 festgenommen worden, zwei Tage nachdem er zusammen mit drei weiteren Mönchen eines tibetischen Klosters im osttibetischen Wonpo (Provinz Sichuan) bei einer Protestaktion Flugblätter verteilt und Unabhängigkeit für Tibet gefordert hatte. Anlass für die Proteste waren Zwangsumsiedlungen von tibetischen Nomaden und lokalen Bewohnern im Rahmen einer Kampagne der chinesischen Regierung zur „Armutsbekämpfung“. Sechs weitere junge Tibeter waren bei den Protesten verhaftet und zu Haftstrafen von bis zu fünf Jahren verurteilt worden.

Der tibetische Mönch Choekyi starb am späten Nachmittag des 7. Mai in seinem osttibetischen Heimatdorf Shosang im Bezirk Serthar (chin.: Seda). Choekyi war während mehr als dreieinhalb Jahren in chinesischer Haft schwer gefoltert und misshandelt worden. Sein „Verbrechen“ hatte darin bestanden, ein T-Shirt zu tragen, mit dem er den 80. Geburtstag des Dalai Lama feiern wollte. Zudem hatte er in sozialen Medien Glückwünsche für den Dalai Lama gepostet. Der Mönch war im Jahr 2018 Gegenstand einer Dringlichkeits-Resolution des EU-Parlaments, in der seine Freilassung gefordert wurde. Die Gesundheit des 43-Jährigen hatte im Gefängnis offenbar so ernsten Schaden genommen, dass er am 18. Januar 2019 fünf Monate vor Ende seiner vierjährigen Haftstrafe entlassen wurde. Möglicherweise wollte die Gefängnisleitung damit verhindern, dass er in der Haft stirbt. Dennoch wurde ihm anschließend die nötige medizinische Behandlung verwehrt. Der Mönch starb.

„Die Serie von Folter und Misshandlungen in Tibet reißt nicht ab. Wir fordern erneut eine unabhängige Befassung mit der Menschenrechtslage in der Volksrepublik China und insbesondere in Tibet durch den UN-Menschenrechtsrat, wie bereits von UN-Menschenrechtsexperten im Juni 2020 gefordert. Die Verantwortlichen im chinesischen Staats- und Parteiapparat müssen endlich zur Rechenschaft gezogen werden für das System von Folter und Misshandlung an Tibetern“, sagt Kai Müller, Geschäftsführer der International Campaign for Tibet (ICT).

Quellen: Radio Free Asia, Human Rights Watch, International Campaign for Tibet (ICT), www.freetibet.org/news-media/na/tibetan-dies-hospital-following-treatment-prison

Künstler: Rebel Pepper