Mandana Sadeghi, * Iran, in Haft seit 2022

Madana Sadeghi, Journalistin, 2022, in Haft, Iran

Mandana Sadeghi, * Iran, in Haft seit 2022

Mandana Sadeghi ist eine Schriftstellerin und Journalistin aus Abadan im äußersten Südwesten Irans. Abadan ist das Zentrum der iranischen Erdölindustrie mit einer der größten Raffinerien der Erde. Die Freihandelszone Ahvaz nahe der irakischen Grenze lockt ausländische Investoren an.

Die Journalistin Sadeghi betrieb mit Kollegen in Abadan eine Webseite und gaben eine Zeitschrift heraus.

Dort erschien ein Bericht über die Proteste in Abadan im Jahr 2000 wegen der Wasserknappheit, verursacht durch falsche Politik. Eine Reihe von Demonstranten sei getötet worden und man forderte Khamenei als damaligen Führer auf, sich zu entschuldigen. Die Veröffentlichung dieses Artikels führte zu einer Anklage wegen Beleidigung des Führers.

Mandana Sadeghi berichtete auch über den Streik und die Proteste der Arbeitenden im großen Zuckerrohr-Unternehmen in Haft „Tappeh Sugar Cane Company“. Hintergrund: Nach der Privatisierung des Haft Tappeh Sugarcane Agro-industrial Complex und der Privatisierung im Jahr 2015 haben sich die Bedingungen für die Beschäftigten zunehmend verschlechtert. Seitdem streikten die Arbeiter für bessere Arbeitsbedingungen, höhere Löhne und Renten. In den Jahren 2017, 2018, 2019 und 2020 wurde regelmäßig gestreikt, um gegen nicht eingehaltene Versprechen der Behörden zu protestieren.

Mandana Sadeghi berichtete auch über die Finanzkorruption in der Freihandelszone „Ahvaz“ und über einen Gebäudeeinsturz, verursacht vermutlich durch Korruption :

Am  23. Mai 2022 stürzte der Metropol-Turm, ein zehnstöckiges Geschäftsgebäude in der Stadt Abadan ein. Dabei kamen nach umstrittenen offiziellen Angaben mindestens 43 Menschen ums Leben und Dutzende weitere wurden unter den Trümmern des Hochhauses begraben. Danach kam es mehrere Nächte lang zu Protesten, auch in anderen Städten. Die Polizei setzte dagegen Tränengas und Warnschüsse ein. Der Bürgermeister von Abadan, seine zwei Vorgänger, insgesamt 13 Personen wurden verhaftet. Dazu schreibt die Webseite QANTARA: „Der Einsturz von Gebäuden wie dem Metropol-Tower ist der Höhepunkt einer seit vier Jahrzehnten andauernden sozialen, politischen und ökologischen Vernachlässigung, deren Ursachen in grassierender institutionalisierter Korruption liegen. Von Anfang an hat das Regime mit der Unterscheidung zwischen „Insidern“ (khodi) und „Outsidern“ (gheyr-e khodi) gearbeitet, um den Zugang nicht nur zur politischen Macht, sondern auch zu wirtschaftlichen Ressourcen und Privilegien zu verteilen. Die Clique der „Insider“ in der politischen Arena konnte auf diese Weise einen sagenhaften Reichtum anhäufen.“

Mandana Sadeghi berichtete auch über die erzwungenen Geständnisse von Mädchen aus Abadan, die während der landesweiten Proteste als Reaktion auf die Ermordung von Mahsa Amini verhaftet worden waren.

Durch ihre kritischen Berichte war Mandana Sadeghi  wie viele ihrer Kolleg*innen staatlicher Schikane ausgesetzt. Sie wurde zum Beispiel 2019 vorgeladen und verhaftet. Sie wurde angeklagt und später gegen Kaution wieder freigelassen. Mit ihr wurden fünf lokale Journalisten und Schriftstellern inhaftiert und wegen „staatsfeindlicher Propaganda“angeklagt, einer von ihnen auch wegen „Beleidigung des Führers, Erregung öffentlichen Ärgernisses und Gotteslästerung“. Nach dem Verhör wurden alle gegen Kaution freigelassen.

Im Februar 2022 begann dann der Prozess gegen Mandana Sadeghi und ihre Kollegen wegen der Berichterstattung über die Wasser-Proteste im Jahr 2000, der aber im Juni mit Freisprüchen endete.

Am 19. Oktober 2022 durchsuchten Sicherheitskräfte die Wohnung von Mandana Sadeghi, beschlagnahmten ihre elektronischen Geräte, nahmen sie und ihren Ehemann, Reza Mohammadi fest und brachten sie nach Ahvaz. 

Einen Monat später war der Aufenthaltsort der beiden noch immer unbekannt.

Quellen zufolge war bei Frau Sadeghi während des früheren Prozesses ein gefährliches Hirn-Aneurysma aufgetreten und sie musste ein spezielles Medikament einnehmen. Dieses wurde ihr jedoch nach der Verhaftung verweigert. Die Quelle sagte auch, dass Frau Sadeghi aktuell nur zwei kurze Telefonate mit ihrer Familie führen konnte. Trotz der Bemühungen ihrer Familie wurde ihr der Zugang zu einem Anwalt verweigert.

Hintergrund der Wasserproteste in Abadan/Ahwaz:

„In der Provinz Khusestan leben überwiegend schiitische Araber, die sich als Minderheit seit Langem von der Zentralregierung diskriminiert fühlen. Es gibt dort starke Unabhängigkeitsbestrebungen und separatistische Gruppen, die Teheran teilweise als Terroristen einstuft. Zugleich liegen in der Provinz das mit Abstand größte Ölfeld des Landes und 60 Prozent der Erdgasreserven – die wichtigsten Einnahme- und Devisenquellen des Staates.

Iran leidet an der schlimmsten Dürre seit mehr als fünf Jahrzehnten. Allein im Jahr 2020 lagen die Niederschläge um die Hälfte unter dem langjährigen Mittel. Dazu trägt der Klimawandel ebenso bei wie zur extremen Hitze: In der Provinzhauptstadt Ahwaz übersteigen die Temperaturen 50 Grad, selbst nachts sinken sie nicht unter 35 Grad.

Projekte der Regierung verschärfen die Krise: Den Karun, wichtigster Fluss der Region und wasserreichster des ganzen Landes, der zur Trinkwassergewinnung und zur Bewässerung der Felder und Plantagen dient, hat sie in mehreren Talsperren aufstauen lassen. Einen guten Teil des Wassers leitet der Staat um für Industrieprojekte weiter im Norden und in die ebenfalls unter Wasserknappheit leidende zentraliranische Provinz Isfahan.In Khusestan befeuerte das die Wahrnehmung, dass die Stau-Projekte gegen die arabischsprachige Minderheit gerichtet sind und andere Provinzen mit persischsprachiger Bevölkerung auf ihre Kosten bessergestellt würden. Eigentlich ist Khusestan die wasserreichste Provinz Irans. Die Bewohner hatten 2013 schon gegen die Umleitung des Karun protestiert, weil sie um ihr Trinkwasser fürchteten und um ihren Lebensunterhalt: Khusestan ist bekannt für die größten Dattelplantagen in Iran, es werden Zitrusfrüchte, Getreide und Zuckerrohr angebaut. Viehzucht und Landwirtschaft bieten vielen Menschen in der stark von Armut und Arbeitslosigkeit betroffenen Provinz ein Einkommen. (…) Die Wasserknappheit verschärft auch die Stromausfälle in weiten Teilen des Landes, weil Kraftwerke nicht oder nur mit verminderter Leistung laufen können. Auch das hatte zu Protesten geführt.“ schreibt die Süddeutsche Zeitung 2021.

Quelle: HRANA,

LabourNet Germany: Die „Nicht Unterdrückbaren“ wieder im Kampf: Neuer Streik in iranischer Zuckerfabrik Haft Tappeh

https://de.qantara.de/inhalt/iran-wie-der-einsturz-eines-hochhauses-zum-politikum-wird

https://www.sueddeutsche.de/politik/iran-proteste-wasserknappheit-tote-1.5359317

Wikipedia

Künstler: Achim Ripperger