Narcisse Orédjé, * 1992 Tschad, ermordet 2022 Tschad
Narcisse Orédjé arbeitete als Produzent und Regisseur für die private audiovisuelle Agentur SAI PRODUCTION und die Nachrichten-Website TSCHADINFOS.COM sowie für REUTERS. Im August 2022 war Orédjé Narcisse schließlich zum Radiosender RADIO CEFOD in der tschadischen Hauptstadt N’Djamena gewechselt. Seine Vorliebe war es, von Ereignissen vor Ort zu berichten.
Am 20. Oktober 2022 wurde der 31-jährige Reporter vor seinem Haus erschossen. Was war passiert?
Der Chefredakteur von RADIO CEFOD, Dieudonné Péchené, teilte mit, dass die Leitung des Senders seine Journalisten am 19. Oktober 2022 angewiesen habe, nicht ins Büro zu gehen oder die Situation auf der Straße erst zu beurteilen, bevor sie hinausgingen. Denn es waren Demonstrationen im Gange.
Das Ehepaar Orédjé stand vor seinem Haus und sah zu, wie Demonstranten Steine warfen und Reifen auf der Straße verbrannten. Ein Nachbar schlug ihnen vor, lieber ins Haus zu gehen, da die Demonstration immer gewalttätiger wurde: Demonstranten gerieten mit Mitgliedern des tschadischen Militärs aneinander.
Linda Orédjé zufolge forderte ihr Mann sie auf, wieder ins Haus zu gehen, während er draußen blieb, um die Proteste zu filmen. Einige Minuten später hörte sie Lärm, und als sie hinausging, um nachzusehen, was los war, sah sie, dass ihr Mann ins Haus zurückgekehrt war und mit einer Schusswunde in der Brust im Innenhof lag. Linda Orédjé erklärte gegenüber dem CPJ, sie wisse nicht, wer auf ihren Mann geschossen habe, da sie im Haus war, als er erschossen wurde. Nach Angaben von Leubnoudji Tah Nathan, dem Vorsitzenden des Netzwerks tschadischer Journalisten und Reporter (RJRT), der kurz nach der Ermordung des Journalisten mit dem CPJ telefonierte und seine Gespräche mit Augenzeugen und Mitarbeitern von RADIO CEFOD zitierte, wurde Orédjé vor seinem Haus von Personen in tschadischen Militäruniformen erschossen.
Ein Nachbar versuchte noch, den Journalisten auf einem Motorrad ins Krankenhaus zu bringen, doch der 31-jährige Narcisse Oredje starb unterwegs.
Nachrichtenberichten und einer Erklärung der Internationalen Föderation für Menschenrechte und ihrer Partner im Tschad zufolge wurden in diesen Tagen viele Menschen getötet, nachdem die Sicherheitskräfte die Proteste gewaltsam unterdrückt und dabei auch scharfe Munition eingesetzt hatten.
Das CPJ kontaktierte den Kommunikationsminister und Regierungssprecher Aziz Mahamat Saleh und bat um einen Kommentar zu Orédjés Tod, erhielt aber keine Antwort.
„Reporter ohne Grenzen“ fasst zusammen: „Die Medien im Tschad sind starkem politischem Einfluss und zum Teil offener Feinseligkeit von Regierung und Justiz ausgesetzt. Der gesetzliche Rahmen ist äußerst restriktiv. Die privaten Printmedien haben niedrige Auflagen und sind außerhalb der Hauptstadt kaum erhältlich. Unabhängige Journalisten müssen mit willkürlichen Festnahmen und mit Haftstrafen für konstruierte Vorwürfe rechnen, ihre Zeitungen können monatelang verboten werden. Drohungen und Entführungsversuche sind häufig, Mordversuche kommen vor. Einige Journalisten sind ins Exil getrieben, andere kooptiert worden.“ Auf der Rangliste der Pressefreiheit belegt der Tschad Platz 104 von 180.
Quellen: Committee to Protect Journalists (CPJ), Reporter ohne Grenzen
Künstlerin: Maria von Stülpnagel
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