Mostafa Abdi, * 1985 Iran, wiederholt in Haft seit 2011
Seit Jahren werden Sufis, vor allem die sogenannten Gonabadi-Derwische, immer wieder verhaftet und verschwinden in den Gefängnissen der Geheimpolizei. Mostafa Abdi ist einer von ihnen.
Der Journalist Mostafa Abdi wurde das erste Mal im Jahr 2011 inhaftiert.
Auch 15 seiner Kollegen, Mitarbeiter der Website MAIZOOBAN NOOR wurden ebenfalls inhaftiert, hart verhört und in Einzelhaft gehalten, bevor sie gegen Kaution freigelassen wurden. Abdis Prozess begann im Mai 2012.
In zwei Gerichtssitzungen weigerte er sich, sich zu verteidigen, weil das Verfahren rechtswidrig war und seine Anwälte nicht anwesend sein durften. Am 13. Juli 2013 verurteilte ihn Richter Salavati dann wegen „Verschwörung gegen die nationale Sicherheit“ zu drei Jahren Gefängnis für seine Arbeit bei MAIZOOBAN NOOR. Nach seiner Verurteilung schrieb Abdi einen Brief an den Staatsanwalt des Disziplinargerichts, in dem er sich über das rechtswidrige Verhalten des Richters beschwerte.2015 wäre er während eines Hungerstreiks im Gefängnis fast gestorben.
In diesem Jahr traten neun Gonabadi-Derwische, darunter Mostafa Abdi, in einen Hungerstreik, um gegen ihre Behandlung zu protestieren: Sie waren in eine Abteilung für gewöhnliche Kriminelle verlegt worden, bei Familienbesuchen mussten sie Gefängnisuniformen tragen und waren von anderen Gefangenen isoliert worden. Viele Menschen sympathisierten mit den Hungerstreikenden – innerhalb und außerhalb des Irans. Das gipfelte in einer Demonstration in Teheran.
„Hunderte von Unterstützern der neun Hungerstreikenden versammelten sich am 21. und 22. September 2015 vor dem Büro des Teheraner Staatsanwalts, um ihre Forderung zu unterstützen, dass die Behörden die Bürgerrechte der Gonabadi-Derwische als gleichberechtigte Mitglieder der Gesellschaft respektieren“, berichtete Amnesty International. „Anwesende berichteten, dass die Bereitschaftspolizei eingesetzt wurde, um die Menge zu zerstreuen. Dabei wurden mehr als 800 Personen festgenommen und mindestens 60 verletzt, darunter mehrere Kinder, die mit Schlagstöcken, Elektrokabeln, Schüssen und Tränengas angegriffen wurden.“
„Die Gonabadi-Derwische im Iran betrachten sich als schiitische Muslime“, erklärte Amnesty International. „Sie sind Sufis, die den Sufismus weder als Religion noch als Sekte bezeichnen, sondern vielmehr als eine Lebensweise, durch die Menschen – gleich welcher Religion – zu Gott finden können. Gonabadi-Derwische und Angehörige anderer religiöser Minderheiten im Iran leiden unter Diskriminierung, Schikanen, willkürlichen Verhaftungen und Angriffen auf ihre Gebetshäuser. Der Sonderberater von Präsident Rouhani für Angelegenheiten ethnischer und religiöser Minderheiten, Ali Younesi, erklärte im Februar 2014, dass „muslimische Sekten wie die Derwische“ bei der Ausübung ihres Glaubens nicht willkürlich eingeschränkt und misshandelt werden dürfen und von der Polizei geschützt werden müssen. Die Verfolgung der Derwische, die nach einer Rede des Obersten Führers in der religiösen Stadt Qom im Oktober 2010, in der er ’neu entstandene Kreise des falschen Mystizismus‘ anprangerte, zunahm, geht jedoch unvermindert weiter.“
Reporter ohne Grenzen erklärte: „Wir sind sehr besorgt über die vielen Journalisten und Internetnutzer, die weiterhin inhaftiert sind, obwohl sie schwer erkrankt sind, und verurteilen das Fehlen einer angemessenen medizinischen Behandlung in den Gefängnissen, in denen sie festgehalten werden. Große Sorge bereitet derzeit der Gesundheitszustand einer Gruppe inhaftierter Mitarbeiter der Sufi-Nachrichten-Website MAJZOOBAN NOOR, die in den Hungerstreik getreten sind“.
Am 3. Oktober2014 beendeten die Derwische ihren Hungerstreik mit der Begründung, dass sie ihre Anhänger nicht noch mehr Druck und Sorgen aussetzen wollten. Mostafa Abdi verbüßt weiterhin seine dreijährige Haftstrafe im Evin-Gefängnis.
Seit Jahren schon hatte er über die Diskriminierung und die Attacken gegen die Sufi berichtet. Er arbeitete für die in der Türkei ansässige Sufi-Nachrichtenwebseite MAJZOOBAN NOOR.
Am 19. Februar 2018 berichtete er über eine Demonstration in Teheran. Die Polizei griff in die zunächst friedliche Veranstaltung ein, es kam zu Ausbrüchen von Gewalt. Fünf Sicherheitsbeamte und mindestens drei Derwische wurden getötet, Dutzende Demonstranten verletzt und etwa 600 verhaftet, darunter 70 Frauen. Auch Abdi und einige seiner Kollegen kamen ins Gefängnis. Er wurde zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt und sitzt derzeit im Evrin-Gefängnis.
Quelle: Freethemall (WELT)
https://journalismisnotacrime.com/en/wall/mostafa_abdi/
Künstlerin: Maria von Stülpnagel
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