Natalja Chussainowna Estemirowa, *1958 Russland, 2009 in Russland/Tschetschenien ermordet

Natalja Chussainowna Estemirowa, *1958 Russland, 2009 in Russland/Tschetschenien ermordet

Natalja Chussainowna Estemirowa war eine russische Historikerin, Journalistin und Menschenrechtsaktivistin im früheren Kriegsgebiet Tschetschenien. Sie war Tochter einer Russin und eines Tschetschenen. Sie studierte an der historischen Fakultät der Universität in der tschetschenischen Hauptstadt Grosny sowie Journalistik an der Moskauer Lomonossow-Universität. Bis zum Jahr 1998 arbeitete sie als Lehrerin.

Estemirowa arbeitete auch für die im Menschenrechtsbereich tätige Nichtregierungsorganisation „Memorial“,  die sich für Menschenrechte einsetzte. Sie war eine Freundin der 2006 ermordeten Journalistin Anna Politkowskaja und mit dem 2009 ebenfalls ermordeten Juristen Stanislaw Markelow bekannt, der sich für Bürgerrechte in Russland einsetzte. Sie half Familien in Tschetschenien bei der Suche nach verschollenen Angehörigen und informierte die Öffentlichkeit über Entführungen, die teilweise mit staatlicher Duldung begangen wurden. Außerdem berichtete sie über die Folterung von Zivilisten.

Mit ihren kritischen Berichten zog sie sich wiederholt den Zorn des tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow zu.

2005 wurde der Menschenrechtlerin von der EVP-ED-Fraktion des Europäischen Parlaments die Robert-Schuman-Medaille verliehen. Für ihren Menschenrechtseinsatz wurde sie 2007 zudem mit dem Anna-Politkowskaja-Preis ausgezeichnet. Auf die Frage, ob sie Angst um ihr Leben habe, antwortete Estemirowa in einem Interview mit dem britischen Sender BBC:

„Ab und zu vergesse ich die Angst, weil ich andere viel stärkere Gefühle empfinde.“

Im Februar 2008 wurde Estemirowa zur Vorsitzenden des „Öffentlichen Rats zur Einhaltung der Menschenrechte und Grundfreiheiten“ der Stadtverwaltung von Grosny ernannt. Am 31.März 2008 wurde sie nach ihrem Auftritt im Programm „Islamische Evolution“ des russischen Fernsehsenders REN-TV allerdings wieder entlassen. In der Sendung sprach sich Estemirowa gegen die Schleierpflicht für Frauen in Büros und Bildungseinrichtungen aus, was den tschetschenischen Präsidenten Ramsan Achmatowitsch Kadyrow empört haben soll.

Am Morgen des 15. Juli 2009 wurde Natalja Estemirowa vor ihrem Wohnhaus in Grosny entführt und am Nachmittag desselben Tages in einem Waldstreifen in der Nachbarrepublik Inguschetien mit mehreren Kopf- und Brustschüssen tot aufgefunden.

Die Ermordung der 51-jährigen Journalistin löste weltweite Bestürzung aus.

Estemirowa war verwitwet und hinterließ eine Tochter im Alter von 15 Jahren. Von der Tochter erschien im Jahr 2019 das Erinnerungsbuch „Bitte leb“.

Ole Orlow, der Vorsitzende des Rats von „Memorial“, machte Kadyrow für den Mord verantwortlich.

Ein Jahr nach dem Mord, als die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel den tschetschenischen Präsidenten Kadyrow daran erinnerte, dass er eine gründliche Untersuchung versprochen habe, erklärte der damalige Präsident Russlands, Dmitri Medwedew, dass der Täter nun ermittelt sei und nach ihm gefahndet werde. Darüber hinaus werde alles unternommen, um auch die Hintermänner zu fassen. Nach zehn Jahren war die Untersuchung keinen Schritt weiter. (Stand: Juli 2019)

Quellen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Natalja_Chussainowna_Estemirowa#/media/Datei:Natalia_Estemirova.jpg

https://timenote.info/de/Natalja-Estemirowa

Künstlerin: Asia Oumarova