Nazan Sala, * Türkei, in Haft seit Oktober 2020
Nazan Sala stammt aus der Stadt Van in der kurdischen Region Ostanatolien nahe der iranisch-türkischen Grenze. Sie studierte an der „Van Yüzüncü Yıl University School of Radio and Television Programming“ und begann s bei der DICLE NEWS AGENCY als Journalistin zu arbeiten. Nazan arbeitete viele Jahre lang als Korrespondentin und Redakteurin bei der DICLE NEWS AGENCY und DIHABER. Sie wurde mit dem „Apê Musa Journalism Awards“ ausgezeichnet, weil sie auf Kinderehen in der Türkei aufmerksam gemacht hatte.
Nazan wurde am 9. Oktober 2020 im Rahmen einer Razzia bei der pro-kurdischen Nachrichtenagentur MEZOPOTAMY in Van verhaftet, zusammen mit 3 kurdischen Kolleg:innen Adnan Bilen, Cemil Uğur und Şehriban Abi, eine Reporterin für die pro-kurdische JIN NEWS AGENCY.
Die Polizei beschlagnahmte wertvolle Kameras und die technische Ausrüstung der Journalisten.
Die 4 Journalisten hatten alle über einen brisanten Vorgang berichtet:
Türkische Militärangehörige hätten zwei Zivilisten aus Van festgehalten, verhört und gefoltert. Später hätten sie die Beiden aus einem Hubschrauber geworfen; einer der Zivilisten starb später.
Der Mitangeklagte Journalist Cemil Uğur sagte, die vier Reporter würden inhaftiert, auch weil sie über die Behandlung der kurdischen Bevölkerung in der Region durch die türkischen Streitkräfte geschrieben hätten.
Das Büro des Gouverneurs von Van hatte zuvor am 21. September 2020 erklärt, dass die beiden Zivilisten verdächtigt worden seien, die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu unterstützen. Sie seien von Sicherheitskräften im Rahmen eines Verfahrens festgenommen worden und hätten sich verletzt, als sie sich der Verhaftung widersetzten.
Nun stand Nazan Sala wegen ihrer journalistischen Tätigkeit aufgrund angeblicher „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ vor Gericht und war mit der Anklage konfrontiert, „Nachrichten über soziale Vorfälle gegen den Staat zu machen“.
Die Media and Law Studies Association (MLSA), eine juristische Nichtregierungsorganisation berichtete: „Während ihres polizeilichen Verhörs, der staatsanwaltschaftlichen Befragung und der Anklageerhebung wurden ihnen Fragen zu ihrer Reportage über die gefolterten Dorfbewohner, zu anderen Reportagen und dazu gestellt, warum sie in der Einrichtung arbeiten, in der sie arbeiten. Es wird auch behauptet, dass sie keine Journalisten seien, weil sie keine offiziell ausgestellten Presseausweise haben.“
Am 20. November 2020 stellte MLSA einen Antrag an das türkische Verfassungsgericht, in dem sie eine Verletzung von Artikel 19 der türkischen Verfassung und Artikel 5 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), dem Recht auf Freiheit und Sicherheit der Person aufzeigen.
MLSA berichtete am 26. Oktober 2020, dass seine Vertreter die Journalisten im Van-Gefängnis besuchten und dass Sala und Abi – die andere Journalistin – sagten, dass sie während der Zeit, in der sie aufgrund der COVID-19-Pandemie-Vorsorge in Quarantäne waren, unter ungesunden Bedingungen gehalten wurden und ihnen keine Handtücher, Hausschuhe oder Kleidung gegeben wurden.
Den Journalistinnen drohen im Falle einer Verurteilung bis zu 15 Jahre Gefängnis.
Quelle: www.cpj.org/data/people/nazan-sala, www.womeninjournalism.org
Künstlerin: Susanne Köhler
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