Alieh Motallebzadeh, * Iran, wiederholt in Haft, zuletzt von 2020 bis 2023
Alieh Motallebzadeh ist Fotografin, Journalistin und Aktivistin für Frauenrechte im Iran. Sie ist Vorstandsmitglied der „IranischenVereinigung der Pressefotografen“, Vizepräsidentin der „Iranischen Vereinigung zur Verteidigung der Pressefreiheit“ sowie Chefredakteurin der Magazine IRAN FARDA und NAMEH. Des Weiteren ist sie Mitglied des „Gründungsausschusses der Kampagnezur Unterstützung von Säureopfern“ und Mitglied der Kampagne „Eine Million Unterschriften zur Änderung diskriminierender Gesetze“. Mit ihren Artikeln, Porträts und Fotografien nimmt Motallebzadeh Stellung zu wichtigen gesellschaftspolitischen Ereignissen im Iran. Darüber hinaus hat Motallebzadeh mehrere Dokumentarfilme gedreht, unter anderem über Säureangriffe auf Frauen im Iran. Wegen ihres sozialen Engagements wurde die Journalistin und Regisseurin im Laufe ihrer Karriere immer wieder verhaftet.
In den 80er-Jahren verbrachte Motallebzadeh drei Jahre im Gefängnis (1983 bis 1986) und auch 2000, 2009 und 2010 wurde sie immer wieder für kurze Zeit inhaftiert.
Am 18. Oktober 2016 durchsuchten Agenten des Geheimdienstes das Haus ihrer Familie. Motallebzadeh war erst einen Tag zuvor von einer Reise aus Georgien zurückgekehrt, bei der sie an einem Workshop zur Stärkung von Frauenrechten teilgenommen hatte. Während der vierstündigen Durchsuchung wurden persönliche und geschäftliche Dokumente Motallebzadehs und ihres Ehemannes beschlagnahmt, darunter auch Motallebzadehs 25 Jahre altes, umfangreiches Fotoarchiv, das sie bisher nicht zurückerhalten hat. Ihre Fotos – einschließlich denen von Nasrin Sotoudeh, die sie vor dem Islamischen Revolutionsgericht in Teheran zeigen – sind in der iranischen Presse berühmt.
Wie ihr Anwalt damals mitteilte, wurde Motallebzadeh vier Tage später, am 22. Oktober 2016, vom Geheimdienstministerium vorgeladen und verhört, ehe sie am 26. November 2016 erneut festgenommen wurde. Nach einem Monat Verhör wurde sie vorübergehend gegen Kaution freigelassen. Ihre Aktivitäten im Rahmen eines Befähigungsprogramms für Frauen sollen der Grund für die Inhaftierung gewesen sein, berichteten damals die Medien.
2017 wurde sie schließlich wegen „illegaler Versammlung zur Störung der nationalen Sicherheit“ und „Propaganda gegen das Regime“ zu drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.
Nach zeitweiser Haftverschonung trat sie am 11. Oktober 2020 ihre Haftstrafe im berüchtigten Evin-Gefängnis von Teheran an. Im Januar 2022 wurde sie in das Qarchak-Gefängnis in der Wüste östlich von Teheran verlegt.
Motallebzadeh wurden schon in Evin jeder Besuch und sonstige Kontakt zu ihrer Familie verboten, nachdem sie die Corona-Verseuchung des Gefängnisses bekanntgemacht hatte. Die Verlegung nach Qarchak erfolgte offensichtlich als Strafe dafür, dass sie ein Gedenken an den durch Covid und fehlende ärztliche Behandlung verstorbenen Mitgefangenen Baktash Abtin (ebenfalls Journalist) organisiert hatte. (siehe unser Portrait von ihm)
Qarchak gilt als eine der schlimmsten Haftanstalten des Iran wegen seiner verdreckten und ungelüfteten Zellen, des unzureichenden Essens und der grassierenden Krankheiten. Das Gefängnis ist auch dafür bekannt, dass politische Gefangene gemeinsam mit Frauen inhaftiert werden, die wegen Gewaltverbrechen verurteilt wurden. Immer wieder kommt es vor, dass das Gefängnispersonal Insassinnen dazu anstachelt, politische Gefangene gezielt zu verletzen und einzuschüchtern.
Der Iran steht derzeit auf Platz 178 von 180 in der Rangliste der Pressefreiheit von „Reporter ohne Grenzen“. Er gehört seit der Islamischen Revolution von 1979 zu den repressivsten Ländern weltweit für Journalist*innen. Hunderte wurden dort seitdem strafverfolgt, inhaftiert oder hingerichtet. Medien unterliegen systematischer staatlicher Kontrolle, das Internet wird umfassend zensiert, überwacht und, etwa während regierungskritischer Demonstrationen, immer wieder für längere Zeit abgeschaltet. Kritische Medienschaffende, soweit es sie noch gibt, werden ständig drangsaliert, immer wieder willkürlich inhaftiert oder in unfairen Verfahren zu langen Haftstrafen verurteilt. Ihre Haftbedingungen sind oft lebensgefährlich. (Stand Dezember 2022)
Am 8. Februar 2023 wurde Alieh Mottaleb Zadeh aus dem Evin-Gefängnis entlassen. Seit dem 4. Februar 2023 wurden im Rahmen einer Generalamnestie, die die iranische Justiz anlässlich des 44. Jahrestags der Islamischen Revolution im Iran angekündigt hatte, Hunderte von Gefangenen, darunter auch Menschenrechtsverteidiger, aus der Haft entlassen.
Künstler: Thomas Ormond
Quellen: IranJournal / CFWIJ / Reporter ohne Grenzen, Internationale Gesellschaft für Menschenrechte IGFM /www.frontlinedefenders.org
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