Maria Ressa, * 1963 Philippinen, 2020 bedroht durch Haftstrafen von insgesamt bis zu 100 Jahren
Maria Ressa ist eine der angesehensten Journalistinnen der Philippinen. Sie ist Mitbegründerin der Nachrichtenplattform RAPPLER. Sie wurde mehrfach kurzzeitig verhaftet, dann aber wieder auf Kaution entlassen. Im Jahr 2021 wurde ihr der Friedensnobelpreis zuerkannt. Sie schrieb bisher zwei Bücher über den Aufstieg des Terrorismus in Südostasien.
Maria Ressa wuchs in der philippinischen Hauptstadt Manila auf und zog mit 9 Jahren zusammen mit ihren Eltern in die USA. Sie begann ein Studium der Biologie und Englisch an der renommierten Princeton-Universität, welches sie mit einem Bachelor in Englisch abschloss. Im Anschluss daran kehrte sie mit einem „Fulbright-Stipendium“ für politisches Theater nach Manila zurück und absolvierte ein Masterstudium an der Universität der Philippinen UP.
Sie arbeitete zwei Jahrzehnte als investigative Reporterin, Auslandskorrespondentin und Leiterin des Büros des amerikanischen Nachrichtensenders CNN in Manila und Jakarta. Anschließend leitete sie die Nachrichtenabteilung des größten philippinischen Fernsehnachrichtensenders ABS-CBN. Sie arbeitete darüber hinaus weiterhin für CNNund „The Wall Street Journal. 2010 wechselte sie zum Internationalen Forschungszentrum für Politische Gewalt und Terrorismus (ICPVTR) an der Technischen Universität Nanyang in Singapur als Writer in Residence. Ressa ist Autorin von zwei Büchern über den Aufstieg des Terrorismus in Südostasien.
2012 gründeten sie und drei andere Journalistinnen Rappler, eine eigene Online-Nachrichtenplattform. Mit mehr als 100 Journalisten hat es sich zur viertgrößten Nachrichten-Website auf den Philippinen entwickelt.
Rappler und seine Geschäftsführerin Maria Ressa gerieten aufgrund ihrer Berichterstattung über den philippinischen Präsidenten Rodrigo Duterte unter Druck, insbesondere weil sie kritisch über den „Krieg gegen Drogen“ und Dutertes Aufruf zu Selbstjustiz durch Bürgerwehren und Polizei berichtet hatten. Als Rappler im Jahr 2016 aufdeckte, dass das Duterte-Lager eine regelrechte Online-Armee aus bezahlten Trollen aufgebaut hatte, die falsche Nachrichten in sozialen Medien verbreiteten und politische Gegner attackierten, wurden die Seite und ihre Journalist*innen selbst zu deren Ziel. Ressa berichtet, dass sie in der Folge 90 Hassnachrichten pro Stunde erhielt. Als eines der wenigen nationalen Medien veröffentlichte Rappler investigative Berichte, die das Narrativ der Regierung zu den Tötungen in Frage stellten.
Dass die Regierung selbst gegen Rappler vorgehen würde, deutete Duterte dann im Juli 2017 in seiner Rede zur Lage der Nation an, in der er behauptete, das Unternehmen sei vollständig in ausländischem Besitz, was gegen philippinische Gesetze verstoße. Bereits im Januar desselben Jahres hatte die Securities and Exchange Commission (SEC) Rappler unter diesem Vorwurf die Lizenz entzogen. Der Court of Appeals hat diese Entscheidung aber in der Zwischenzeit als faktisch unbegründet zurück an die SEC verwiesen.
Daraufhin begann 2018 die Regierung wegen angeblicher Steuervergehen gegen RAPPLER vorzugehen, blieb aber erfolglos. Nervenaufreibende fünf Jahre später ,am 18. Januar 2023, sprach das Berufungsgericht für Steuern sie und ihre Online-Nachrichtenwebsite RAPPLER vom Vorwurf der Steuerhinterziehung frei.
Am 15.Juli 2020 wurden Ressa und der frühere Rappler Redakteur Reynaldo Santos Jr. in einem Fall von „Cyber-Verleumdung“ für schuldig befunden. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch kritisierte das Urteil als „Frontalangriff auf die Pressefreiheit“.
Verleumdung ist in den Philippinen eine Straftat, die mit bis zu vier Jahren Gefängnis bestraft werden kann. Besonders problematisch ist dabei, dass nach der Definition des philippinischen Strafgesetzbuchs schon „jede diffamierende Unterstellung als ehrverletzend betrachtet werden muss, selbst wenn sie wahr ist.“ Journalist*innen können also dafür bestraft werden, über tatsächlich stattgefundene Rechtsverletzungen berichtet zu haben.
In dem fraglichen Artikel aus dem Jahr 2012 werden Verstrickungen zwischen einem Richter des Obersten Gerichts und dem philippinischen Geschäftsmann Wilfredo D. Keng beschrieben. Es geht dabei unter anderem um illegalen Drogen- und Menschenhandel. Keng hatte ursprünglich 2017 eine Klage wegen Verleumdung eingereicht, die fallengelassen wurde.
Das Justizministerium erlaubte dem Fall jedoch später, vor Gericht zu gehen, indem es die Haftungsfrist für solche Fälle von einem auf 12 Jahre verlängerte. Das Gericht entschied zudem, dass das Gesetz zur Cyberkriminalität anwendbar sei, obwohl es zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Artikels noch nicht existierte. Erst vier Monate nach Erscheinen des Artikels wurde auf diesem Wege der Straftatbestand der Verleumdung im Internet geschaffen.
Weil im Jahr 2014 ein Rechtschreibfehler im ursprünglichen Artikel korrigiert wurde, beruft sich der Kläger nun auf dieses jüngere Datum, um eine Strafbarkeit unter dem Gesetz zur Cyberkriminalität zu begründen. Mehrere UN-Sonderberichterstatter*innen haben das Vorgehen gegen Rappler als politisch motiviert eingestuft und ein Fallenlassen aller Anklagen gefordert.
„Ich erhalte durchschnittlich 90 Hassbotschaften pro Stunde und bin von meiner Regierung inhaftiert worden. Aber wenn sie mich festhalten, entfesseln sie mich erst recht, denn ich kämpfe für meine Rechte. Was wir als Journalisten tun, ist wichtig, wir können nicht aufhören, die Mächtigen zur Rechenschaft zu ziehen. Also bewegen wir uns in kleinen Schritt voran.“ berichtete sie 2016.
Maria Ressa erhielt zahllose renommierte internationale Preise für ihre mutige Arbeit, hier einige kürzlich verliehene Auszeichnungen:
2021 gemeinsam mit dem russischen Journalisten Dmitri Muratow wurde ihr der Friedensnobelpreis zuerkannt. Beide erhielten die Auszeichnung „für ihre Bemühungen um die Wahrung der Meinungsfreiheit, die eine Voraussetzung für Demokratie und dauerhaften Frieden ist“. Der philippinische Generalstaatsanwalt José Calida versuchte im Vorfeld, Ressas Reise nach Oslo zur persönlichen Entgegennahme des Preises zu verhindern. In ihrer Dankesrede zur Verleihung des Preises griff Maria Ressa FACEBOOK an und nannte es eine „Flut von Giftschlamm“ in den sozialen Medien. Die Technologiegiganten hätten „zugelassen, dass ein Virus der Lüge jeden von uns infiziert“, um vom Hass zu profitieren.
Im selben Jahr wurde sie mit dem „Guillermo Cano World Press Freedom Prize“ ausgezeichnet, der von der UNESCO verliehen wird und mit 25 000 Dollar dotiert ist.
2020 wurde sie für ihren „Widerstand gegen Beschränkungen des freien Wortes“ von der schwedischen Sektion von P.E.N. mit dem „Tucholsky-Preis“ geehrt.
Im Juni 2018 erhielt Ressa auch den Golden Pen of Freedom Award des Weltverbandes der Zeitungen für ihre Arbeit mit Rappler.
2018 wurde ihr außerdem vom CPJ, dem Komitee zum Schutz von Journalisten, der „Gwen-Ifill-Preis für Pressefreiheit“ verliehen, außerdem wurde sie vom US-Magazin TIME als „Person des Jahres 2018“ und Wächter im „Krieg gegen die Wahrheit“ geehrt.
„„Hold the line“ – die Stellung halten, nicht klein beigeben: Diesen Ausdruck nutzte die preisgekrönte philippinische Journalistin Maria Ressa, um deutlich zu machen, dass sie sich von Präsident Rodrigo Duterte nicht einschüchtern lässt. Gegen Ressa laufen derzeit mindestens neun Verfahren auf den Philippinen. In weniger als zwei Jahren wurden zehn Haftbefehle gegen sie ausgestellt. Die Behörden werfen ihr unter anderem Verleumdung und Steuerhinterziehung vor. Sollte sie in allen Anklagepunkten für schuldig befunden werden, droht ihr eine lebenslange Haftstrafe.“ schreibt Reporter ohne Grenzen am Welttag der Pressefreiheit 2021 über Maria Ressa.
Ressa ist Autorin von zwei Büchern über den Aufstieg des Terrorismus in Südostasien. Bislang erschienen 2003 „Seeds of Terror: An Eyewitness Account of Al-Qaeda’s Newest Center“ und 2013 „From Bin Laden to Facebook 10 Days of Abduction, 10 Years of Terrorism“ nur in Englisch.
Quelle: Wikipedia, Reporter ohne Grenzen
Künstlerin: Susanne Köhler
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