
Mahdi Ansary, * 1997 Afghanistan, seit 2024 in Afghanistan in Haft
Der Journalist Mahdi Ansary arbeitete an einem besonders sensiblen Bericht, der von der AFGHAN NEWS AGENCY (AFKA) zum ersten Jahrestag eines tödlichen Selbstmordanschlags auf die schiitische Minderheit in Kabul im Jahr 2023 veröffentlicht wurde. Ein Jahr später gedachte er dieses Tages mit einem Facebook-Post.
Zuvor war er für verschiedene Medienkanäle wie PANJARA DAILY, HASHT-WSOBH und JAWAN TV tätig. In den letzten drei Jahren berichtete er über aktuelle Entwicklungen und Einschränkungen durch die De-facto-Behörden der Taliban und veröffentlichte seine Berichte in seiner Arbeit sowie über seine persönlichen Facebook- und YouTube-Kanäle.
Medienschaffende und Journalisten in Afghanistan werden durch die Taliban umfassend eingeschränkt und überwacht.
Am 5. Oktober 2024 wurde Ansary vom Geheimdienst willkürlich festgenommen. Er befand sich in der Nähe seines Büros im Stadtteil Dasht-e-Barchi im Westen Kabuls. Bei der Festnahme umzingelten ihn Angehörige des Allgemeinen Geheimdienstes der Taliban (GDI) und brachten ihn ohne Erklärung oder Vorlage eines Haftbefehls zum GDI-Distrikt 40. Die Taliban behaupteten, Mahdi Ansary habe regierungskritisches Material verbreitet und dafür hätten sie „substanzielle Beweise“.
Während seines Verhörs und seiner Inhaftierung wurde er misshandelt und unter anderem in Isolationshaft gehalten. Sein psychischer Gesundheitszustand verschlechterte sich stark. In den ersten beiden Tagen seiner Haft wusste seine Familie nichts über seinen Aufenthaltsort. Erst nach Kontaktaufnahme mit der örtlichen Polizeiwache wurde seine Festnahme durch die GDI bestätigt. Die GDI bestritt dies zunächst und behauptete, keine Kenntnis seines Aufenthaltsorts zu haben, gab aber schließlich bekannt, dass er verhört werde.
Am 1. Januar 2025 fand gegen ihn ein nicht rechtmäßiges Verfahren vor dem Taliban-Gericht in Kabul statt – ohne Zugang zu einem Rechtsbeistand und in Abwesenheit seiner Familie. Der Richter warf dem Journalisten Propaganda gegen die De-facto-Behörden der Taliban vor und bezog sich dabei auf Ansarys frühere Berichterstattung und die friedliche Ausübung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung. Mahdi Ansary wurde zu eineinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Er wird immer noch im GDI-Distrikt 40 festgehalten, wo seine Familienmitglieder, die ihn erst einen Monat nach seiner Inhaftierung sehen durften, ihn jetzt nur einmal pro Woche besuchen dürfen. Lediglich fünf bis sechs Minuten lang können sie über ein Telefon durch eine Glasscheibe mit ihm sprechen.
Die Inhaftierung und Verurteilung von Mahdi Ansary stellt eine eindeutige Verletzung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung und auf ein faires Gerichtsverfahren dar, das im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte garantiert wird. Zu dessen Vertragsstaaten gehört auch Afghanistan.
Reporter ohne Grenzen verurteilte in einer Erklärung Ansarys willkürliche Verhaftung und forderte seine sofortige Freilassung sowie die Einstellung der Journalistenverfolgung durch die Taliban. Auch die Internationale Journalisten-Föderation und die „Afghanistan Independent Journalists’ Union“ forderten seine Freilassung. Das „Afghanistan Journalists Center“verurteilte seine willkürliche Verhaftung und forderte seine bedingungslose Freilassung, genauso wie die „Afghanistan Journalists’ Support Organization“ (AJSO).
Der Fall Ansary sei kein Einzelfall, berichtet KABUL NOW. Seit ihrer Machtübernahme in Afghanistan haben die Taliban die Pressefreiheit stark eingeschränkt und mindestens 21 Anordnungen erlassen, die den Zugang zu Informationen einschränken. So verurteilte ein Taliban-Gericht in der Provinz Daykundi im Jahr 2023 Sultan Ali Jawadi, den Manager von Radio Nasim, wegen ähnlicher Vorwürfe zu einem Jahr Gefängnis. Das Regime hat zahlreiche weitere Journalisten festgenommen, gefoltert und sogar getötet. Das Afghanistan Journalists Center (AFJC) dokumentierte in seinem Jahresbericht 2024 131 Drohungen und 50 Inhaftierungen von Journalisten im Laufe des Jahres. Es stellte fest, dass fünf Journalisten derzeit Haftstrafen zwischen einem und fünf Jahren verbüßen.
(Stand der Recherche: November 2025)
Quellen: amnesty international, Kabul now
Text und Portrait: Bettina-Maria Henze
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