Fatima Hassouna, * 1999 Paläsina / Gaza, getötet 2025
Sie ist zu „meinen Augen in Gaza (geworden) … feurig und voller Leben. Ich habe ihr Lachen, ihre Tränen, ihre Hoffnungen und ihre Depressionen gefilmt.“ , so die iranische Filmregisseurin Sepideh Farsi über Fatima Hassouna.
Die palästinensische Fotojournalisin Fatima Hassouna schloss ihr Studium der Multimediawissenschaften an der Fachhochschule Gaza ab und arbeitete als Fotografin im Bereich Journalismus sowie auch für Veranstaltungen wie beispielsweise Hochzeiten.
Nach dem israelischen Einreiseverbot für ausländische Reporter während des Israel-Gaza-Krieges gehörte Fatima zu den einzigen lokalen Journalist:innen, die über die Situation der Menschen in Gaza berichten konnte. Sie ging mit ihrer Kamera durch die Straßen und dokumentierte zerstörte Häuser, zivile Opfer, trauernde Familien und Bestattungsrituale. Sie zeigte mit ihren Aufnahmen die sich zunehmend verschärfenden täglichen Bemühungen um Nahrungsmittel und Medikamente sowie insbesondere die Situation der vielen Kinder, die keinen normalen Alltag mehr leben können. Ihre Bilder postete sie auf Facebook und Instagram. Während des Israel-Gaza-Kriegs dokumentierte sie mit unzähligen Fotos die Herausforderungen des täglichen Lebens im Gazastreifen. So erlangte sie internationale Anerkennung für ihre eindringliche Dokumentation der Kriegsauswirkungen.
Sie arbeitete mit zahlreichen lokalen und internationalen Medien zusammen, darunter UNTOLD PALESTINE, dem TAMER INSTITUTE FOR COMMUNITY EDUCATION und der US-Plattform MONDOWEISS. Ihre Arbeiten wurden in der britischen Tageszeitung THE GUARDIAN veröffentlicht und in internationalen Ausstellungen wie „Gaza, My Beloved und SAFE“ gezeigt.
Fatima arbeitete auch mit der Hilfsorganisation „Plan International“ zusammen und engagierte sich in vielfacher Weise für Kinder und Jugendliche. So setzte sie sich für Kinder und deren Traumabewältigung ein. In einer Schule im Norden des Gazastreifens, die zu einem Zufluchtsort für Flüchtlinge geworden war, organisierte sie Schreibwerkstätten für Kinder. Dort lernte sie den jungen Informatiker Moutaz kennen und verlobte sich mit ihm. Das Paar plante im letzten Drittel des April 2025, zu heiraten.
Die im Exil lebende iranische Regisseurin Sepideh Farsi drehte eine Dokumentation über Fatima Hassouna. „Put Your Soul on Your Hand and Walk“ beinhaltet viele Fotos und zeigt Videogespräche zwischen Hassouna und der Regisseurin. Der Film wurde für die ACID-Parallelsektion bei den Filmfestspielen in Cannes 2025 ausgewählt, ein unabhängiges Filmprogramm, das während der offiziellen Filmfestspiele durchgeführt wird.
Bei einem gezielten israelischen Luftangriff auf ihr Haus in Gaza-Stadt wurden die 26-jährige Fatima und zehn ihrer Familienmitglieder am 16. April 2025 getötet, darunter ihre schwangere Schwester. Allein ihre Mutter überlebte schwer verletzt.
Hassounas Tod erregte international in den Medien Aufmerksamkeit. Aufgegriffen wurde insbesondere einer von Hassounas Instagram-Beiträgen vom August 2024, in dem sie über den Krieg in Gaza sprach und erklärte:
„Wenn ich sterbe, möchte ich einen lauten Tod. Ich möchte weder in den Eilmeldungen auftauchen, noch eine Nummer in einer Gruppe sein. Ich wünsche mir einen Tod, von dem die Welt hören wird, eine Wirkung, die für immer anhält, und unsterbliche Bilder, die weder Zeit noch Ort begraben können.“
Aufgegriffen wurde der Post etwa vom SPIEGEL, CNN, GUARDIAN, den israelischen Medien TIMES OF ISRAEL und HAARETZ, SBS WORLD NEWS und INDIA TODAY.
Am 15. April 2025, einen Tag vor Hassounas Tod, informierte die Regisseurin Farsi ihre Protagonistin darüber, dass der Film in der „ACID“-Sektion bei den Filmfestspielen in Cannes im Mai 2025 gezeigt werden würde. Die beiden sprachen über eine Reise Hassounas zu den Filmfestspielen. Laut Farsi stand Hassouna der Idee, an der Vorführung teilzunehmen, offen gegenüber, solange sie danach nach Gaza zurückkehren könne: „Sie sagte: „Ich komme, aber ich muss zurück nach Gaza. Ich möchte den Gazastreifen nicht verlassen.“
Farsi war bereits mit der französischen Botschaft in Kontakt getreten: „Wir hatten gerade mit dem Verfahren begonnen. Ich machte mir Sorgen, wie ich sie sicher aus dem Land heraus- und wieder hineinbringen könnte. Ich wollte nicht dafür verantwortlich sein, sie von ihrer Familie zu trennen.“
Nun ist fast die ganze Familie tot.
Bei der Eröffnungszeremonie des Festivals von Cannes wurde an Hassounas Tod erinnert.
Seit Kriegsbeginn hat die israelische Armee nach Angaben des Zentrums zum Schutz palästinensischer Journalisten mehr als 200 Journalistinnen und Journalisten getötet. Wiederholt kam es zu gezielten Luftangriffen in zivilen Wohngegenden, mit welchen laut israelischen Angaben versteckte Hamaskämpfer getroffen werden sollten.
Eine Untersuchung der britischen Forschungsgruppe „Forensic Architecture“ kam zu dem Schluss, dass Hassounas Tod das Ergebnis eines gezielten Angriffs war – die vom israelischen Militär abgeworfenen Raketen zielten vorsätzlich auf die Wohnung der Familie Hassouna im zweiten Stock.
Quellen: newarab.com, Wikipedia, wikipedia.org/wiki/Put_Your_Soul_on_Your_Hand_and_Walk
Eine empfehlenswerte Dokumentation vom Politmagazin Monitor vom 22.5.25: „Tod in Gaza: Ausgehungert und vertrieben“ – MONITOR:
www.youtube.com/watch?v=caAut2xIL7U
Text: Brigitte Zeller-Jäpel und Gerhard Keller, August 2025
Künstler: Achim Ripperger
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