Pal Kola, *1962 Albanien, ermordet 2023 in Albanien

Pal Kola war ein Medienmitarbeiter in Albanien. Er wurde 2023 getötet

Pal Kola, *1962 Albanien, ermordet 2023 in Albanien

Erst seit 6 Monaten arbeitete Pal Kola als Wachmann beim privaten Rundfunk- und Fernsehsender TOP CHANNEL in der albanischen Hauptstadt Tirana. Jeden Morgen lief er mehrere Kilometer zu Fuß zu seinem Arbeitsplatz. Er war ein sehr ruhiger Mensch, der keine Konflikte verursachte. Der 61-Jährige  unterstützte mit seinem Gehalt auch seine beiden Töchter und seinen Sohn, der in Italien arbeitete.

Am 27. März 2023, eine Stunde nach Mitternacht, fuhren Unbekannte am Büro von TOP CHANNEL vorbei. Sie gaben etwa 25 Schüsse aus ihrem Fahrzeug ab. Der Wachmann Kola, der dort gerade Dienst tat, war sofort tot. Später am Tag fand die Polizei in Golem einen verlassenen Range Rover mit gestohlenen Nummernschildern, der etwa 25 Meilen vom Ort des Anschlags entfernt in Brand gesetzt worden war. Man fand in dem Fahrzeug verbrauchte Patronen und Munition sowie zwei AK-47-Gewehre.

In einer Erklärung bezeichnete TOP CHANNEL den Vorfall als „beispiellosen terroristischen Akt“, der „durchgeführt wurde, um die Mission der freien Medien und die Macht der freien Rede zu beschädigen und anzugreifen“.

Pressefreiheit in Albanien

Albanien will EU-Mitglied werden, doch nach Einschätzung von Reporter ohne Grenzen gibt es dort kaum Pressefreiheit. In der Rangliste der Pressefreiheit steht das Land weit hinten – auf Platz 103 von 180 Ländern.

Seit dem Sommer 2023 laufen die Beitrittsverhandlungen mit der Europäischen Union, doch beim Thema Pressefreiheit scheint die EU-Kommission nicht so genau hinzusehen, kritisiert Birger Schütz von Reporter ohne Grenzen (RSF) im DEUTSCHLANDFUNK. Zur Eröffnung der Beitrittsgespräche habe EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stattdessen Albanien sogar für eine freie Presse gelobt.

Erst im Sommer 2023 habe Ministerpräsident Edi Rama einen TV-Journalisten bei einer Pressekonferenz vor laufenden Kameras öffentlich abgekanzelt und ihm „Umerziehung“ angedroht, berichtete Schütz. Dazu hätte sich von der Leyen eigentlich kritisch äußern müssen.

Außerdem habe Rama den Fernsehmann dann für drei Monate von weiteren Pressekonferenzen der Regierung ausgeschlossen. Der Journalist hatte kritische Fragen zu den Aktivitäten eines wichtigen Investors im albanischen Tourismus gestellt.  Einige Zeit zuvor sei bereits eine Journalistin für 30 Tage ausgeschlossen worden, weil sie nach Korruption in der Regierungspartei gefragt hatte, so Schütz.

Es gebe in der politischen Klasse Albaniens ein fehlendes Bewusstsein für Pressefreiheit, kritisierte der RSF-Vertreter. „Rama ist hier eine zentrale Figur, aber das betrifft auch viele andere Politiker und Minister aus der Sozialistischen Partei.“

Schon 2017 hätten albanische Journalisten für kurze Zeit Pressekonferenzen des Regierungschefs boykottiert, weil dieser sie zuvor als „Idioten“ beschimpft habe. Rama unterstelle Journalisten, dass sie „Fake News“ und Lügen verbreiteten oder Politiker und Privatpersonen diffamierten. Bei einem Medienforum der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) habe er vergangenes Jahr die Arbeit von Journalisten mit „Nazi-Propaganda“ verglichen.

Die Politiker in Albanien sollten gegenüber Journalisten ganz grundsätzlich einen anderen Ton anschlagen, forderte Schütz. „Dazu gehört Respekt und generell eine Akzeptanz der Rolle des Journalisten.“ Außerdem müssten bestimmte Mediengesetze nochmal kritisch betrachtet werden.

Es gebe in Albanien keine Tradition, Medien als vierte Gewalt zu begreifen, so der RSF-Vertreter. „Das hat mit dem totalitären Erbe der Hodscha-Diktatur zu tun.“

Zudem gebe es eine extreme Polarisierung des Medienmarktes. „Der wird im Prinzip von vier, fünf großen Medienhäusern bestimmt“, so Schütz. Alle ließen sich auf Oligarchen oder Unternehmern zurückführen, die bestimmte politische Interessen hätten. Einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk gebe es auch: Aber der sei regierungsnah und erziele im Vergleich zu den privaten Kanälen keine große Reichweite, betont Schütz.

Quelle: CPJ.org, Politiko.al, Reporter ohne Grenzen, Deutschlandfunkkultur.de

Künstler: Fritz Giersbach