Charmarke Said Darar, * Dschibuti, 2020 mehrmals inhaftiert und eingeschüchtert

Charmarke Said Darar, * Dschibuti, 2020 mehrmals inhaftiert und eingeschüchtert

Charmarke Said Darar arbeitet als Reporter für den aus Belgien sendenden privaten Exil-Radio- und Online-TV-Sender LA VOIX DE DJIBOUTI (LVD). Der Sender stellt die einzige Möglichkeit dar, sich unabhängig zu informieren, denn Dschibuti, ein kleines Land am Horn von Afrika, ist ein autoritär regiertes Land. Ausländische Journalisten werden nicht ins Land gelassen.

Am 3. Mai 2020, dem internationalen Tag der Pressefreiheit, verhaftete die dschibutische Polizei den Journalisten Darar. Er hatte über ein Feuer in einem Arbeiterviertel in der Hauptstadt Dschibuti-Stadt berichtet. Während der Rest der Welt die Pressefreiheit feierte und der Präsident des Nachbarlandes Somalia ankündigte, dass dort Pressedelikte entkriminalisiert werden sollen, behindert die Regierung von Präsident Ismaïl Omar Guelleh weiterhin die unabhängige Berichterstattung in Dschibuti.

Trotz Corona-Pandemie wurde er in einer kleinen Zelle mit anderen Gefangenen untergebracht, ohne Schutz vor Ansteckung, obwohl Dschibuti damals stärker von Covid-19 betroffen war als die meisten anderen afrikanischen Länder. Kein Arzt, kein Anwalt. Man ließ den Journalisten am 8. Mai 2020 – ohne Anklage erhoben zu haben – wieder frei.

Zwei Monate später, am 7. Juli, überfiel die Polizei ein Geschäft von Darars Familie. Die Beamten verhafteten den Bruder des Journalisten, Djimaleh Said Darar sowie einen Ladenangestellten, Mohamed Mohamed Moussa. Beide Verhafteten wurden zwei Tage später wieder freigelassen. Diese Verhaftungen muss man als einenVersuch sehen, Darars unliebsame Berichterstattung zum Schweigen zu bringen.

Am 15. Juli verhaftete die Polizei Charmarke Said Darar erneut und hielt ihn ohne Zugang zu einem Anwalt fest. Nach fast drei Wochen Untersuchungshaft wurde er am 4. August – wieder ohne Anklage – freigelassen.

Während seiner Haft wurde er misshandelt. Die Beamten traten und kratzten Darar, fesselte ihm lange Zeit die Hände hinter dem Rücken, gaben ihm kein Essens und Trinken und verhörte ihn wegen seiner Arbeit, berichtete er später  gegenüber der Journalistenvereinigung CPJ.

 Der Sender LA VOIX DE DJIBOUTI und seine Reporter werden oft von den dschibutischen Behörden ins Visier genommen. Der Zugang zu ihrer Website Lavoixdedjibouti.info in Dschibuti wurde wiederholt blockiert. Daher nahm RSF sie in die Liste der „Operation Collateral Freedom“-Websites aufgenommen. Diese Webseite „entsperrt“, indem sie Spiegelungen der Websites an Orten erstellt, an denen sie schwer zu blockieren sind. Erst im Oktober 2019 war der LVD-Reporter Osman Yonis Borogeh zweimal festgenommen worden. Dieser hatte kurz zuvor einen Beitrag veröffentlicht, in dem es um die mutmaßliche Vergewaltigung mehrerer Frauen durch Polizeibeamte ging.  Er wurde von der Polizei schwer geschlagen und über seine Verbindungen zur MRD, der wichtigsten Oppositionspartei Dschibutis, sowie über die Identität der anderen Korrespondenten von LA VOIX DE DJIBOUTI befragt.

Die Korrespondenten von LA VOIX DE DJIBOUTI arbeiten oft anonym und im Verborgenen. So versuchen sie, den Repressalien zu entgehen, denen Journalisten ausgesetzt sind, die nicht für die staatlichen Medien arbeiten. Journalisten, die für die staatlichen Medien Dschibutis arbeiten, sind darauf beschränkt, staatliche Propaganda zu liefern.

Dschibuti liegt im World Press Freedom Index 2020 der RSF auf Platz 176 von 180 Ländern, drei Plätze niedriger als 2019.

Situation im Land:

Dschibuti ist ein hochgradig unterentwickeltes Land. Die Arbeitslosenquote wird 2017 mit ca. 40 % angegeben und zählt damit zu den höchsten der Welt. Knapp 29,5 % der Kinder unter 5 Jahren waren 2016 unterernährt. Das autokratisch regierte Land gilt dennoch als politisch „stabil“, so dass mehrere Staaten Militärpräsenzen aufbauten, die wiederum die wichtigste Einnahmequellen des Staates sind: präsent sind die Vereinigten Staaten, Frankreich, Italien, Spanien, Japan und die Türkei. Auch bundesdeutsche Soldaten sind im Rahmen der Anti-Piraterie-Mission Atalanta zeitweise in Dschibuti stationiert, um vom südlichen Roten Meer über den Golf von Aden bis in den Golf von Oman den Schiffsverkehr zu überwachen. Die Seestreitkräfte des Marineverbandes sichern gemeinsam mit den Koalitionspartnern die Seeverbindungslinien durch Kontrolle von verdächtigen Schiffen. Ziel ist es, den Nachschub und die Fluchtwege von vermuteten Piraten bzw. Terrorgruppen abzuschneiden. 

Neben Saudi-Arabien baut zuletzt auch China eine Militärbasis auf. China investiert Milliarden in die Infrastruktur Dschibutis, etwa in die Bahnstrecke Addis Abeba–Dschibuti von Äthiopien nach Dschibuti.

Dschibutis politische Führung erlaubt keinerlei Medienvielfalt. Die wenigen zugelassenen Medien werden vom Kommunikationsministerium oder von der Regierungspartei kontrolliert, die Zeitungen der Opposition wurden über die Jahre von Gerichten geschlossen oder finanziell ausgetrocknet. Ausländische Journalisten werden nicht ins Land gelassen. Ein Gesetz von 1992 stellt Mediendelikte unter Gefängnisstrafen. Wer ein Medium gründen will, muss in der Regel die dschibutische Staatsbürgerschaft besitzen und mindestens 40 Jahre alt sein.

Quellen: RSF Reporter ohne Grenzen, CPJ New York, Wikipedia

Künstler: Fritz Giersbach