Wiktorija Roschtschyna, * 1996 Ukraine, getötet 2024 Russland

Viktoria Roschtschyna war eine ukrainische Journalistin. Sie starb 2024 in russischer Gefangenschaft.

Wiktorija Roschtschyna, * 1996 Ukraine, getötet 2024 Russland

Wiktoria Roschtschyna wuchs im ukrainischen Saporischschja auf. Bereits als Teenager fing sie an, als Journalistin zu arbeiten. Sie interessierte sich besonders für Themen wie organisiertes Verbrechen, Verfolgung von Aktivist:innen sowie Gerichtsreportagen.

Als freie Reporterin berichtete sie für Medien wie UKRAJINSKA PRAWDA, INTERNATIONAL WOMEN´S MEDIA FOUNDATION (IWMF) und RADIO FREE EUROPE/RADIO LIBERTY, z. B. aus dem belagerten Mariupol und später aus Saporischschja.

Nachdem sie 2022 über die Situation in Enerhodar berichtet hatte, einer Stadt in der Nähe des Atomkraftwerks, wurde sie vom russischen FSB verhaftet und verbrachte zehn Tage in Gefangenschaft. Man verhörte sie unter dem Verdacht der Spionage. Nach ihrer Freilassung erhielt sie den IWMF-Preis für Mut im Journalismus.

Im Juli 2023 reiste Wiktorija Roschtschyna in die besetzte Ostukraine. Ihr Ziel war es, über die Lebensumstände der Bevölkerung unter russischer Herrschaft zu berichten. Insbesonders interessierte sie der Hintergrund der illegalen Wahlen, die Zerstörung des Kachowka-Staudamms und die Bedrohung durch das von russischen Truppen besetzte und verminte Atomkraftwerk Saporischschja. Um die umkämpfte Front zu umgehen, plante sie ihre Reise über die baltischen Staaten nach Russland. Am 3. August 2023 teilte sie ihrer Familie mit, sie habe alle Grenzkontrollen passiert. Das war ihre letzte Nachricht an die Familie.

Ihre Familie wartete eine Woche lang vergeblich auf ein Lebenszeichen. Am 12. August meldete sie ihre Tochter als vermisst und erstattete am 21. September Anzeige. Die Sorge um ihr Schicksal wurde öffentlich, als THE DAILY BEAST und UKRAJINSKA PRAWDA über ihr Verschwinden berichteten. Erst ein halbes Jahr später erhielt ihr Vater einen Brief der russischen Regierung mit Datum 17. April 2024, in welchem die Inhaftierung seiner Tochter bestätigt wurde. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz bestätigte im Mai 2024 ihre Inhaftierung in Russland, ohne jedoch Details zu ihrem Aufenthaltsort zu nennen.

Am 10. Oktober 2024 bestätigte Russland, dass die 28-jährige Journalistin in Gefangenschaft gestorben sei.

Über ihren Tod wurden die Angehörigen in einem Brief des russischen Verteidigungsministeriums informiert, datiert auf den 2. Oktober. Roschtschyna sei am 19. September verstorben und ihr Leichnam werde „im Rahmen des Austauschs von Leichen von Gefangenen an die ukrainische Seite übergeben“.

Am 8. November 2024 übergab Russland die Leichname von 563 ukrainischen Soldaten zurück an die Ukraine. Und schon zum zweiten Mal fehlte bei einem solchen Austausch der Leichnam von Wiktorija Roschtschyna. Die Charkiwer Gruppe zum Schutz der Menschenrechte (KHPG) wirft Russland vor, ihren Leichnam zu „verstecken“.

Die bisherige Verweigerung, ihren Leichnam zu übergeben, wirft schwerwiegende Fragen über ihre Behandlung in Gefangenschaft auf. Laut Tetyana Katrychenko von der ukrainischen Medieninitiative für Menschenrechte wurde Roschtschyna in Gefangenenlagern im ukrainischen Berdjansk und später im russischen Taganrog festgehalten.

Beide Orte seien sehr berüchtigt für die brutale Behandlung von ukrainischen Inhaftierten, schreibt Katrychenko in einem Beitrag auf Facebook.

„Es wird als Hölle auf Erden bezeichnet. In Taganrog werden insbesondere Verteidiger des umkämpften Stahlwerks Asowstal in Mariupol festgehalten. Die Freigelassenen berichten von schrecklichen Folterungen.“, so Katrychenko.

Von Mai bis zu ihrem Tod im September 2024 befand sich Roschtschyna Berichten zufolge in Isolationshaft. Es gab Berichte, dass sie aus Protest gegen ihre Haftbedingungen in einen Hungerstreik getreten sei. Doch Menschenrechtsaktivist:innen äußerten Zweifel daran und vermuteten einen Versuch, Russland von Verantwortung freizusprechen.

„Wir fordern von der russischen Regierung, dass sie die Umstände ihrer Inhaftierung und ihres Todes endlich aufklärt“, sagte Geschäftsführerin Anja Osterhaus von „Reporter ohne Grenzen“ kurz nach Bekanntgabe von Roschtschynas Tod im Oktober.

Sie ist die 13. Journalistin, die seit der russischen Invasion im Zusammenhang mit ihrer Arbeit ums Leben kam.

Nach Informationen der Organisation seien mindestens 19 weitere ukrainische Medienschaffende in Russland inhaftiert. „In mehreren Fällen weigern sich die Behörden auch hier, Informationen herauszugeben“, erklärt Osterhaus.

Am 11. Oktober 2024 erklärte die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft, sie habe im Fall Wiktorija Roschtschyna ein Strafverfahren wegen Mord und möglicher Kriegsverbrechen eröffnet.

Quellen: taz.de, wikipedia.org

Stand der Recherche: November 2024

Text: Gerhard Keller

Künstlerin: Susanne Köhler