Daphne Caruana Galizia, * 1964 Malta, ermordet 2017

Daphne Caruana Galizia, * 1964 Malta, ermordet 2017

Daphne Caruana Galizia war eine Investigativ-Journalistin und populäre Bloggerin. Seit den 90er-Jahren schrieb sie Kolumnen und war Mitherausgeberin und Autorin des THE MALTA INDEPENDENT und des Magazins TASTE & FLAIR. Darüber hinaus enthüllte sie in dem Blog RUNNING COMMENTARY Ergebnisse investigativer Recherchen. Maltas Regierung und Opposition griff sie darin mit deutlichen Worten an. Ihr Blog war einer der meistgelesenen in Malta. 2016 war die unerschrockene Journalistin die Erste, die die Verwicklung des Energieministers und des Kabinettschefs in den „Panama-Papers-Skandal“ aufdeckte. Sie hatten in Panama Scheinfirmen zum Zwecke der Geldwäsche unterhalten.

Malta ist eigentlich ein armes Land. Es lebt von Tourismus und Schiffsbau – und von „Briefkastenfirmen“: Die Insel ist ein Steuerparadies. Malta verlangt eine Körperschaftssteuer von nur 5 %. Da lohnt es sich für internationale Firmen, ein Tochterunternehmen auf Malta zu gründen: Firmen verlagern ihre Gewinne dorthin, Tochterfirmen berechnet fiktive Kosten, Steuern werden vermieden. Dieser Steuertrick ist sogar legal, Geldwäsche und der Bruch von Sanktionen hingegen ist kriminell. All diese Praktiken enthüllten die „Panama Papers“ des internationalen Recherchenetzwerks ICI.

Das Magazin POLITICO nannte daraufhin die Journalistin „One-Woman-Wikileaks“ und nahm sie in das Ranking „POLITICO 28“ auf, welches die 28 Personen auflistet, die Europa am meisten „formen, aufrütteln und anrühren“.

2017 schrieb Daphne Caruana, dass die Frau des Premierministers ebenfalls eine Briefkastenfirma auf Malta besitze. Diese Anschuldigungen führten dazu, dass Premierminister Muscat im Juni 2017 vorzeitige Parlamentswahlen anordnete mit dem Ergebnis, dass seine Partei an der Regierung blieb.

Caruana Galizia starb am 16. Oktober 2017, kurz nachdem sie von zuhause losgefahren war, durch eine Bombe in ihrem Mietwagen. Sie hatte wegen Morddrohungen mehrfach Strafanzeige erstattet, zuletzt zwei Wochen vor ihrem Tod. Dennoch hatte sie keinen Personenschutz.

Die Journalistin hatte über viele Jahre mit zahlreichen Morddrohungen leben müssen. Zudem liefen zum Zeitpunkt ihres Todes 47 Verleumdungsklagen gegen sie, mit denen sich ihre Familie teilweise bis heute auseinandersetzen muss.

Galizias letzter Blogeintrag endete mit den Worten: „Wo du auch hinschaust, überall sind Ganoven. Die Lage ist verzweifelt.“ Sie hinterlässt drei Söhne und einen Ehemann.

Ihr Sohn sagte nach der Tat: „Meine Mutter wurde getötet, weil sie wie viele starke Journalisten zwischen dem Gesetz und jenen, die es missbrauchen wollen, stand.“

Die Regierung setzte eine Millionen € Belohnung für Hinweise auf die Mörder aus. Der stellvertretende maltesische Polizeichef, Silvio Valetta, musste wegen möglicher Interessenskonflikte von den Ermittlungen abgezogen werden. Das entschied das Verfassungsgericht des EU-Staates 2018.

21 Monate nach dem Mord wurden drei Männer wegen Mordes angeklagt. Ihnen wird vorgeworfen, eine Bombe gebaut, sie an Caruanas vor ihrem Haus geparkten Auto angebracht und schließlich zur Detonation gebracht zu haben.

Vier Jahre später, war die brutale Tat noch lange nicht aufgearbeitet. Einer der Auftragsmörder wurde zu 15 Jahren Haft verurteilt, zwei Brüder zu je 40 Jahren Haft. Ein möglicher Drahtzieher, ein Geschäftsmann aus dem Energiesektor, über den Galizia berichtet hatte, wurde festgenommen.

Der Abschlussbericht einer unabhängigen öffentlichen Untersuchung gab im Juli 2021 dem Staat eine Mitverantwortung an Daphne Galizias Tod: weil er eine allgegenwärtige Atmosphäre der Straflosigkeit geschaffen habe. Auch wenn aufgrund der Mordermittlungen mehrere hochrangige Politiker bis hin zu Premierminister Joseph Muscat zurücktreten mussten, änderte sich nichts an der vergifteten Atmosphäre in Malta: Noch immer leben kritische Journalist:innen in einem Klima des Hasses, der von führenden politischen Kräften des Landes und ihrer Armee von Internet-Trollen geschürt wird.

Erzbischof Sciluna sagte auf dem Trauergottesdienst: „Liebe Journalisten, wir brauchen Sie. Wir brauchen Menschen in Ihrem Beruf, die ungebunden sind, die frei sind, intelligent, wissbegierig, ehrlich, gelassen, sicher und beschützt.“

Die als Netzwerk von Journalisten agierende Internetplattform FORBIDDEN STORIES (Verbotene Geschichten) griff die Recherchen Galizias mit dem „Daphne-Projekt“ auf und führt sie weiter.

Quelle: Wikipedia, Süddeutsche Zeitung, Reporter ohne Grenzen.

Künstlerin: Susanne Köhler